# taz.de -- Nordirland nach dem Brexit: Eingebaute Zwangslage | |
> Die nordirischen Unionisten blockieren das Nordirland-Abkommen. Aus | |
> historischen Gründen sind sie regierungsentscheidend. Das ist ein | |
> Problem. | |
Bild: Proteste in Nordirland | |
Nordirlands [1][Democratic Unionist Party (DUP)] hat gegen den | |
Windsor-Rahmenplan gestimmt, auf den sich die britische Regierung und die | |
EU Ende Februar geeinigt hatten. Es ging am Mittwoch im Unterhaus vorerst | |
lediglich um den Teil des Plans, der vorsieht, dass das nordirische | |
Regionalparlament mit Hilfe Londons ein Veto gegen künftige | |
EU-Lebensmittelrichtlinien einlegen kann, sofern diese Nordirland | |
betreffen. | |
Der DUP reicht das nicht, weil die EU das Veto zurückweisen kann. Zwar | |
haben auch mehr als 20 Tory-Abgeordnete gegen den Rahmenplan gestimmt, | |
darunter die Ex-Premiers Boris Johnson und Liz Truss, aber mit 515 zu 29 | |
war das Votum für den Plan deutlich, weil auch sämtliche Labour-Vertreter | |
dafür waren. Die EU-Kommission hatte den Plan bereits am Vortag abgesegnet. | |
Eine Rückkehr der DUP in die nordirische Regierung, die sie seit gut einem | |
Jahr boykottiert, wird es vorerst nicht geben, auch weil die DUP | |
Stimmverluste an radikalere unionistische Parteien befürchtet. Ohne die DUP | |
aber gibt es in [2][Nordirland] keine Regierung. Im Belfaster Abkommen vom | |
Karfreitag 1998 ist eine Zwangskoalition der beiden stärksten Parteien auf | |
protestantisch-unionistischer und katholisch-republikanischer Seite | |
festgelegt. | |
Die Probleme sind in das [3][Belfaster Abkommen] eingebaut. Damals war es | |
notwendig, eine Lösung zu finden, mit der beide Seiten leben konnten. Man | |
wollte verhindern, dass eine Partei uneingeschränkt herrschen konnte, wie | |
es die Unionisten ein Dreivierteljahrhundert rücksichtslos getan hatten. | |
Aber 25 Jahre später ist es langsam Zeit, das Abkommen zu modifizieren. | |
Zwar sind die Fronten zwischen beiden Seiten noch immer verhärtet, aber | |
viele junge Leute machen beim „Them and Us“ nicht mehr mit, wie der | |
Aufstieg der neutralen Alliance Party bei den Wahlen im vorigen Jahr zeigt. | |
Sie verzeichnete 13,5 Prozent und ist seitdem drittstärkste Kraft. Doch | |
selbst wenn sie alle anderen Parteien überflügelte, könnte sie nicht den | |
Regierungschef oder den Vize stellen, denn sie gehört keiner der beiden | |
Seiten an. Von normalen politischen Verhältnissen ist Nordirland noch weit | |
entfernt. | |
23 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Irische-Partei-lehnt-EU-Plan-ab/!5920063 | |
[2] /Abkommen-fuer-Nordirland/!5917222 | |
[3] /Nachruf-auf-David-Trimble/!5870147 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
## TAGS | |
Nordirland | |
Karfreitag | |
Belfast | |
Nordirland | |
Irland | |
Irland | |
Schwerpunkt Brexit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ergebnis der Kommunalwahl in Nordirland: Boykott-Partei boykottiert | |
Erstmals hat die Partei Sinn Féin Kommunalwahlen gewonnen. Für die bisher | |
stärkste DUP könnte das die Quittung für ihren Regierungsboykott sein. | |
Irische Partei lehnt EU-Plan ab: Laborversuch in Irland | |
Der nordirischen Wirtschaft geht es schlechter als der Republik Irland. | |
Helfen kann, dass Nordirland im EU-Markt bleibt – doch eine Partei | |
blockiert. | |
Abkommen für Nordirland: Endlich wieder Bangers braten | |
Großbritannien und die EU haben eine neue Regelung für den Handel mit | |
Nordirland gefunden. Wie funktioniert die? Und warum geht's auch um die | |
Wurst? | |
Einigung um Nordirland-Protokoll: Rote Spur und grüne Spur | |
Im Streit um das sogenannte Nordirland-Protokoll zum Brexit gibt es eine | |
Einigung. Jetzt sind Nordirlands Unionisten am Zug. |