# taz.de -- Neues EU-Klimapaket: Nicht fit für 55 | |
> Das groß angekündigte EU-Klimapaket ist wenig ambitioniert. Selbst | |
> CSU-Generalsekretär Markus Söder forderte in der Vergangenheit schon | |
> mehr. | |
Bild: Lindner und Wissing wollen dafür sorgen, dass der Auspuff weiter qualmt | |
Ist das wirklich passiert? Der CSU-Generalsekretär forderte ein | |
gesetzliches Verbot von Autos mit Verbrennungsmotoren. Es klingt | |
unwahrscheinlich, selbst im Jahr 2022. Tatsächlich stammt die Forderung | |
schon aus dem Jahr 2007, kam von Bayerns heutigem Ministerpräsidenten | |
Markus Söder – und bezog sich auf 2020. | |
Manchmal hilft der Blick in die Geschichte, um die Perspektive auf die | |
Gegenwart geradezurücken: Dass das Europaparlament nun im Rahmen des großen | |
EU-Klimapakets „Fit for 55“ das Verbrenner-Aus für das Jahr 2035 festlegen | |
will, ist keine politische Revolution. Dass sich viele jetzt trotzdem | |
darüber freuen, ist ein Symptom dafür, dass es bei der Debatte um | |
Klimaschutz eben nicht immer nur nach vorne gegangen ist, sondern teilweise | |
rückwärts. | |
Das beweisen einmal mehr Bundesfinanzminister Christian Lindner und | |
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (beide FDP), die der Meinung sind, | |
dass Deutschland dem Verbrenner-Aus nicht zustimmen könne. Dabei stellt | |
auch der Ampel-Koalitionsvertrag schon in Aussicht, dass „wir“ in | |
Deutschland „die Technologie des Verbrennungsmotors hinter uns lassen“. | |
Dort gibt es zwar auch einen Passus über Autos, deren Verbrennungsmotor | |
nachweislich nur mit synthetischen Kraftstoffen läuft, allerdings soll das | |
außerhalb der sogenannten Flottengrenzwerte, [1][die CO2-Vorgaben] für | |
Autos festlegen, geregelt werden – und um die geht es gerade auf EU-Ebene. | |
Da zündeln also mal wieder klimapolitische Nebelkerzen. | |
Das wirft auch ein erhellendes Licht auf den Eklat im EU-Parlament diese | |
Woche: Den gab es nämlich nicht wegen des wenig inspirierten | |
Auto-Beschlusses, sondern wegen der geplanten Reform des Europäischen | |
Emissionshandels und dessen Ausweitung auf mehr Wirtschaftsbereiche. | |
Während Rechtsextremen [2][zu viel Klimaschutz] auf dem Tisch lag, | |
[3][warfen Grüne und Sozialdemokrat:innen den Konservativen eine | |
Verwässerung zugunsten von Lobby-Interessen vor]. | |
Die Beschlussvorlage scheiterte und muss neu verhandelt werden. Verzögert | |
das den Prozess jetzt unnötig? Aussagen wie die von Lindner und Wissing | |
zeigen: Eher nicht, sofern es zu einer Einigung kommt. Das EU-Parlament | |
darf ja nicht allein über das Klimapaket entscheiden – und sollte bei den | |
Verhandlungen mit den EU-Regierungen hoch einsteigen. Für das | |
Runterverhandeln werden etliche von diesen sorgen. Der eigentliche Showdown | |
kommt noch. | |
Das Klimapaket heißt „Fit for 55“, weil die Europäische Union ihre | |
CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 senken will, um die | |
Klimaneutralität 2050 zu schaffen. Das gilt zwar international schon als | |
Mindesttempo beim Klimaschutz für Industrieländer – aber auch dafür braucht | |
es große Anstrengungen. | |
11 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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