# taz.de -- Neuer Feiertag in Belarus: Nationale Einheit | |
> Nach russischem Vorbild ist in Belarus ein neuer „roter Tag im Kalender“ | |
> aufgetaucht. Olga Deksnis erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge | |
> 61. | |
Bild: Präsident Alexander Lukaschenko (mitte) während dem Allbelarusischen Vo… | |
Beim neuen staatlichen Feiertag, er wird [1][„Feiertag der nationalen | |
Einheit“] heißen, hat man sich am Vorbild des Nachbarlandes orientiert, wo | |
er schon seit 15 Jahren begangen wird. Außerdem hat die Regierung eine | |
Reihe neuer Maßnahmen geschaffen: ein [2][„Gesetz gegen die Verherrlichung | |
des Nationalsozialismus“] (das bezieht sich auch auf die weiß-rot-weiße | |
Symbolik, die sich die Machthaber mit Geld- und Haftstrafen vom Leibe | |
halten), eine „regierungsfreundliche“ Autorallye, verschiedene Wettbewerbe | |
und ein spezieller Telegram-Kanal. Alle diese Maßnahmen dienen der Stärkung | |
der aktuellen Machthaber. | |
Übrigens, neulich hat die Initiative By_Pol, die Vereinigung pensionierter | |
belarussischer Silowiki (Einsatzkräfte aus Armee und Geheimdienst, | |
Anmerkung d. Redaktion), die für den Staat bei den Repressionen „hilft“, | |
ein Dokument mit der Unterschrift des Innenministers Iwan Kubrakow | |
veröffentlicht, adressiert an den Staatssekretär des Sicherheitsrates. | |
In dem Dokument wird mitgeteilt, dass die Minsker Gerichte nach Paragraph | |
23.34 („Verletzung der Organisation oder Durchführung von | |
Massenveranstaltungen“) am häufigsten Verwaltungsstrafen verhängen, und die | |
Gerichte des Minsker Gebietes Geldstrafen. „Diese Praxis führt bei den | |
Menschen dazu, [3][dass sie die Strafen nicht ernst genug nehmen] und ist | |
nicht dazu geeignet, die aktiven Proteste zu verringern.“ | |
Im allgemeinen bittet der Minister bei Betrachtung von Fällen unter dem | |
angegebenem Artikel um die Gewährleistung der „Verhältnismäßigkeit der | |
Strafen. Das Innenministerium konzentriert nun schon ein halbes Jahr fast | |
alle Kräfte auf die Unterdrückung der Proteste in Belarus.“ | |
Im Dezember hatte Alexander Lukaschenko vorgeschlagen, eine | |
Allbelarussische Volksversammlung zu bilden. „Ich denke mir das so (und | |
weiß nicht, ob Sie mich unterstützen oder nicht): Eine Allbelarussische | |
Volksversammlung muss man zu einem Verfassungsorgan machen. Damit es ein | |
Organ gibt, das die Hauptrichtungen unserer Entwicklung kontrolliert“, wird | |
der Präsident von der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zitiert. | |
Zunächst waren die Verfassungsänderung und die Allbelarussische | |
Volksversammlung Antworten auf die Proteste und wurden den Menschen als | |
Alternative und Dialog mit dem Volk dargestellt. Im Programm der | |
Versammlung wird die sozio-ökonomische Entwicklung in Belarus von 2021-2025 | |
vorgestellt und es wird auch die gesellschaftspolitische Entwicklung des | |
Landes diskutiert. So hatte Lukaschenko es zunächst erklärt. | |
„Wenn wir dem Präsidenten einige Verpflichtungen abnehmen, muss man sie ja | |
irgendwo hingeben. Für Regierung und im Parlament sind diese Befugnisse | |
ungeeignet. Wem soll man sie also geben? | |
Man muss so ein Organ finden. Und da haben wir die Allbelarussische | |
Volksversammlung. Daher müssen einige Befugnisse übertragen werden“, meint | |
Alexander Lukaschenko. „Wenn Sie die Befugnisse des Präsidenten auflösen, | |
die dem Parlament, der Regierung, den Ministern, den Gouverneuren | |
übermittelt werden, gibt es ein komplettes Chaos, wie wir es in der Mitte | |
der 1990er Jahre erlebt haben.“ | |
Die Allbelarussische Volksversammlung tritt vom 11. bis 12. Februar 2021 | |
zusammen. Und leider wird die Opposition nicht dazu gerufen. Der | |
Telegram-Kanal des Pressedienstes von Lukaschenko zitiert seine Aussagen zu | |
diesem Thema diese Woche: „Hier gibt es einige Ausreißer und andere, so | |
genannte Oppositionelle, die heulen und schluchzen, dass sie nicht in die | |
Allbelarussische Volksversammlung kommen. Das bedeutet, sie (ihrer Meinung | |
nach also auch ich) sei illegitim. | |
Nun ja, zunächst mal wählen wir Menschen, die in unserem Land leben, aber | |
[4][die Ausreißer werden in Polen und Litauen] gewählt. Ja, einige wohl | |
auch in der Ukraine, andere vielleicht in Russland, obwohl das eher wenige | |
sind. Aber bei uns gibt es das nicht, dass wir jemanden aus dem Ausland | |
wählen. Ist es nicht so? (damit wendet er sich an seine Untergebenen). Wir | |
laden nur Gäste ein. Darum sollen sich die Ausreißer und die, die bei ihnen | |
sind, beruhigen. Zum zweiten, sie haben einen Boykott erklärt. Dann | |
boykottiert! | |
Außerdem, einige Zeit nach der Ankündigung des Boykotts haben sie | |
beschlossen, ein „Forum im Ausland“ (die Video-Konferenz „Solidarity with | |
Belarus“ unter der Leitung von Swetlana Tichanowskaja mit belarussischen | |
Politiker*innen im Exil und westlichen Politiker*innen; Anm. d | |
Redaktion). zu gründen. Sollen sie machen. Niemand hindert sie daran. | |
Versammelt euch in Polen und Litauen, macht weiter.“ | |
Im Land findet ein Dialog nur mit denen statt, die für Lukaschenko gestimmt | |
haben. Das ist so ähnlich wie „ein Büfett nur für unsere Leute“. Und | |
diejenigen, die gegen ihn protestieren, werden, wie früher, nur Zaungäste | |
einer fremden Feier im eigenen Land sein, und für ihre Position zu Haft und | |
Geldstrafen verurteilt. Und, was noch schlimmer ist, als Kriminelle | |
betrachtet. | |
Aus dem Russischen [5][Gaby Coldewey] | |
12 Feb 2021 | |
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[3] /Politische-Willkuer-in-Belarus/!5748145 | |
[4] /Swetlana-Tichanowskaja-ueber-Belarus/!5733819 | |
[5] /Gaby-Coldewey/!a23976/ | |
## AUTOREN | |
Olga Deksnis | |
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