# taz.de -- Neue Werbung für die Hauptstadt: Einfach Berlin | |
> „Be Berlin“ ist vorbei. Das neue Markendesign beschränkt sich auf den | |
> Namen und den Bären. Es soll das Wir-Gefühl stärken und sich selbst | |
> erklären. | |
Bild: So kommt er daher, der neue Berliner Bär | |
BERLIN taz | Der Berliner Stadtbär ist zurück. Zum Glück nicht jene zu | |
bemitleidenden Exemplare, die jahrzehntelang im Zwinger vor dem Märkischen | |
Museum ihr tristes Dasein fristen mussten. Sondern auf dem Papier, im Netz, | |
auf Schautafeln, auf T-Shirts, etc.: als Markenbotschafter der Stadt. | |
Ein Bär ohne Zunge, aber mit Zähnen, ein bisschen glatter, frischer und | |
„digitaler“, sprich auch in sozialen Medien und im Internet grafisch gut | |
nutzbar, wie Uwe Hecker, Geschäftsführer der Agentur Jung von Matt bei der | |
Vorstellung erklärt. Neben dem Bären steht schlicht und einfach das Wort | |
„Berlin“ in rot, ergänzend kommt bisweilen der Satz #WirSindEinBerlin | |
hinzu. | |
Jung von Matt hat die Marke im Auftrag der Senatskanzlei des Regierenden | |
Bürgermeisters seit vergangenem Herbst entwickelt. Die Vorstellung für die | |
Presse fand bereits am Dienstag statt; öffentlich sind die Entwürfe aber | |
erst seit Donnerstagmittag. | |
Den ersten richtigen Auftritt soll die neue Marke beim Festival of Lights | |
haben, bei dem verschiedene Orte und Gebäude der Stadt farbig erleuchtet | |
werden. Das Festival beginnt am 12. September. | |
Seit 2008 hat die Stadt mit dem Slogan [1][„be Berlin“] für sich geworben: | |
zum Beispiel auf den Briefköpfen der Verwaltung und mit internationalen | |
Tourismuskampagnen, auf Trams, U-Bahnen und Bussen der BVG und auf | |
Werbeplakaten in der Stadt selbst. Sei Berlin – komm her und fühl' dich | |
frei –, das war die Botschaft der vergangenen zwölf Jahre. Anfangs wurde | |
der Slogan mitunter belächelt; er wurde aber [2][schnell allgemein | |
akzeptiert] als flott, klar und dynamisch. Als Zeichen für eine Stadt, in | |
der „viel geht“. | |
Doch Berlin hat sich seit 2008 weiterentwickelt, betont Melanie Reinsch, | |
die Sprecherin des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD), bei der | |
Vorstellung. Be Berlin stelle das Individuum in den Mittelpunkt. In | |
Befragungen der BerlinerInnen habe man aber festgestellt, dass sich viele | |
ein gestärktes Wir-Gefühl wünschen. Die Frage nach der Gemeinschaft | |
innerhalb der Stadt und des Kiezes, nach Solidarität gewinne an Bedeutung. | |
„Das hat auch die Corona-Pandemie gezeigt“, sagt Reinsch. Daher auch der | |
Zusatz: „Wir sind ein Berlin.“ | |
„Es ist enger geworden in Berlin, das führt zu mehr Konflikten, etwa | |
zwischen verschiedenen Kulturen oder zwischen Familien und Partywilligen“, | |
ergänzt Jan Harbeck, Kreativchef der Agentur Jung von Matt. Man wolle daher | |
das Verständnis füreinander stärken. | |
Dafür wurde auch der Berliner Bär, das Wappentier der Stadt, „aus dem | |
Kellerverlies befreit, wo er seit vielen Jahren vor sich hin vegetierte“, | |
wie es auf der Vorstellung hieß. Das Aussehen des Bärs wurde ein bisschen | |
verändert: aus rechtlichen Gründen, schließlich ist der Bär offizielles | |
Hoheitszeichen; aber auch, um ihn für die Kampagne besser nutzen zu können. | |
Er lächelt ein bisschen, wirkt nicht mehr so aggressiv, sei gleichzeitig | |
kuschelig und stolz, so Uwe Hecker. | |
Und er ist nicht immer schwarz. Vielmehr soll das Logo immer wieder mit | |
anderen Bildern gefüllt werden: der Bär in Regenbogenstreifen, mit einem | |
Foto des Fernsehturms, mit verschiedenen Farben und vieles weitere ist | |
möglich. Ähnlich wie bei den Buddy-Bären, diesen etwas pummelig geratenen, | |
bisweilen leicht zugedröhnt wirkenden und auf den Kopf stehenden | |
Werbefiguren vor Geschäften oder Botschaften anderer Länder. | |
Durch den einfachen Schriftzug „Berlin“ – in dafür extra entworfener Typ… | |
in „fast bauhausartiger Klarheit“ sei sichergestellt, dass der | |
Markenauftritt der Stadt sofort verstanden und wiedererkannt werde, | |
befindet Berlins oberster Touristenwerber Burkhard Kieker von Visit Berlin, | |
das den Prozess begleitet hat. Der Verzicht auf die durch das „be“ | |
ausdrückte Aufforderung sei dringend nötig gewesen: „Nur wer eine schwache | |
Marke hat, muss sie durch einen Spruch erklären.“ Der neue Auftritt sorge | |
hingegen dafür, dass schon beim Lesen von „Berlin“ das „Kopfkino losgeht… | |
Die Senatskanzlei grübelte schon länger über einen neuen Markenauftritt. Im | |
September 2019 hat sie ihn schließlich ausgeschrieben. Das Budget dafür und | |
sämtliche Ausspielungen in diesem Jahr betragen laut Senatskanzlei rund 1,5 | |
Millionen Euro. Das wirkt wenig angesichts der geplanten Auftritte von Bär | |
und Slogan. | |
Denn zusätzlich zum neuntägigen Festival of Lights sollen sie klein auf | |
Trikots von Bundesligateams wie Alba (Basketball), den Füchsen (Handball) | |
und den Volleys prangen. Es ist ein Internetauftritt geplant, bei dem | |
jede/r selbst den Bär nach seinen Wunsch füllen kann – dass dabei auch | |
Kritik und Verballhornungen entstehen, ist eingepreist und durchaus | |
beabsichtigt. Auch sollen InfluencerInnen limitierte T-Shirts für einen | |
guten Zweck verkaufen. Und zum Auftakt wird es eine ergänzende Kampagne | |
geben, die explizit das Wir-Gefühl in Berlin zum Thema hat. | |
Dennoch wird auch „be Berlin“ der Stadt und den BerlinerInnen noch ein | |
gutes Weilchen erhalten bleiben. Bis überall die alten Logos und | |
Schriftzüge ersetzt sind, dürfte es laut Senatssprecherin Reinsch nach den | |
Erfahrungen aus anderen Städten sicher ein bis zwei Jahre dauern. | |
27 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Imagekampagne/!5185266 | |
[2] /Kommentar-zu-Berlins-Suche-nach-einem-neuen-Slogan/!5585465 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
## TAGS | |
Marketing | |
Hauptstadt | |
Tourismus | |
Tourismus | |
Wochenkommentar | |
Tourismus | |
Berlin Werbefrei | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Mehr Gäste und Airbnb-Steuerschuldner: Tourismus bringt wieder Geld | |
Nach zwei Jahren Pandemie steigen die Touristenzahlen wieder deutlich. | |
Berlin treibt nicht gezahlte Steuern von Airbnb-Vermietern ein. | |
Berlins neuer Markenauftritt: Schluss mit lustig | |
Berlin wirbt künftig wieder mit einem Bären: Das neue Markendesign steht | |
auch für das Ende einer Epoche, in der alles möglich schien. | |
Kommentar zu Berlins Suche nach einem neuen Slogan: Sei Laber. Sei Rhabarber. S… | |
Ein neuer Slogan für Berlin? Den braucht kein Mensch. Statt dessen eine | |
Politik, die nicht Anwohner*innen verdrängt. | |
Werbeslogan „Be Berlin“ hat ausgedient: Berlin FIRST! | |
Bis Ende des Jahres soll die Hauptstadt einen neuen Slogan bekommen. Na | |
endlich. Die taz-Redaktion macht schon mal Vorschläge fürs neue Motto. | |
Imagekampagne: Wir sind Rütli, wir sind Berlin | |
Zehn Millionen Euro für zwei Worte: Klaus Wowereit stellt die neue | |
Imagekampagne des Senats "be Berlin" vor. Zur gleichen Zeit kapern | |
Tempelhofbefürworter die Internetplattform www.berlin.de. | |
Kommentar: Wir-Gefühl gegen soziale Spaltung | |
Mit dem Fokus auf das Wir-Gefühl der Berliner hat der rot-rote Senat mit | |
der Kampagne "be berlin" eingeräumt, wie groß die Probleme sind. |