# taz.de -- Nach den Wahlen in der DR Kongo: Tshisekedi verspricht „Fortschri… | |
> Kongos wiedergewählter Präsident wird in Kinshasa feierlich auf seine | |
> zweite Amtszeit eingeschworen. Er will nun mehr für die Bevölkerung tun. | |
Bild: „Ära der Reife“: Félix Tshisekedi schreitet bei seiner Amtseinführ… | |
BERLIN taz | Aller politischer Streit schien wie weggeblasen, als am | |
Samstag, genau einen Monat nach den Wahlen in der Demokratischen Republik | |
Kongo, der wiedergewählte Präsident Félix Tshisekedi den Eid für seine | |
zweite Amtszeit ablegte. Begleitet von Jubel im zentralen „Stadion der | |
Märtyrer“ in der Hauptstadt Kinshasa, einer Militärparade mit Kavallerie, | |
17 afrikanischen Staatschefs und zahlreichen Diplomaten aus aller Welt rief | |
Tshisekedi in [1][seiner Antrittsrede] „eine neue Ära“ aus, „eine Ära d… | |
Reife“ und „eine Ära des Fortschritts“. | |
Mit ihm habe das kongolesische Volk die „Konsolidierung“ gewählt, sagte der | |
Präsident und erklärte Armut und Unsicherheit zu den größten Feinden seines | |
Landes, von dessen über 100 Millionen Menschen 60 bis 70 Prozent in | |
absoluter Armut leben, ein Viertel Hunger leiden und sieben Millionen vor | |
Gewalt auf der Flucht sind. | |
Erst am Freitag hatte Kongos katholische Bischofskonferenz CENCO, die am | |
20. Dezember die größte unabhängige Wahlbeobachtung organisiert hatte, | |
Wahlablauf und Wahlergebnis [2][als „Katastrophe“ kritisiert]. Die Bischöfe | |
sprachen unter anderem von „Fälschung, Korruption in großem Maßstab, | |
Zerstörung von Wahlmaterialien, Aufstachelung zur Gewalt, illegale | |
Inbesitznahme von Wahlmaschinen“. | |
So seien 3.706 Wahlbüros mehrfach eingerichtet und damit über 2,4 Millionen | |
fiktive Wähler geschaffen worden – bei rund 15 Millionen gezählten Stimmen. | |
„Unser Land ist in Gefahr“, schlussfolgerten die Bischöfe, sicherten | |
Tshisekedi allerdings Zusammenarbeit zu. | |
## Katumbi erkennt die Wahl nicht an | |
Die Wahlkommission CENI [3][wies die Kritik scharf zurück], denn nicht sie | |
sei an den Unregelmäßigkeiten schuld, sondern Politiker, die man nun zur | |
Rechenschaft ziehe. „Die CENI ruft die Bischöfe der CENCO dazu auf, sich | |
auf ihre oberste Pflicht der Moralisierung der Bevölkerung im Allgemeinen | |
und der Politiker im Besonderen zu konzentrieren“, so die am Samstag | |
veröffentlichte Antwort, die allerdings der Frage auswich, wieso die | |
Wahlergebnisse trotzdem stimmen sollen. | |
Laut Endergebnis hat Tshisekedi die Präsidentschaftswahl mit 73,3 Prozent | |
der Stimmen gewonnen, gefolgt von Oppositionsführer Moïse Katumbi mit 18,1 | |
Prozent. Die Parlamentswahlergebnisse stehen noch nicht fest; Projektionen | |
erwarten mindestens 430 der 500 Sitze für Tshisekedis Parteienbündnis. 82 | |
siegreiche Parlamentskandidaten wurden wegen Fälschung disqualifiziert. | |
[4][Moïse Katumbi erkennt die Wahl nicht an] und rief für Samstag gemeinsam | |
mit anderen Oppositionellen zu Protesten auf. Doch Kinshasa blieb ruhig. In | |
den Millionenstädten Goma und Lubumbashi errichteten Jugendliche vereinzelt | |
Straßensperren aus brennenden Autoreifen. In Bunia, Hauptstadt der | |
nordöstlichen Bürgerkriegsprovinz Ituri, wurde der Jugendorganisator von | |
Katumbis Parteienbündnis am Samstagmorgen ermordet aufgefunden. | |
All das konnte die Zuversicht von Tshisekedi und seinen Ministern in | |
Kinshasa nicht trüben. Der alte und neue Präsident will jetzt seine | |
Wiederaufbaupolitik vorantreiben, die in seiner ersten Amtszeit mehr auf | |
dem Papier stehengeblieben war: das [5][Programm „145 Territorien“], das | |
alle Regierungsbezirke des Landes mit einer Mindestpräsenz staatlicher | |
Dienste ausstatten soll; dazu kostenlose Grundschulbildung und eine | |
allgemeine Gesundheitsversorgung. Außerdem nannte Tshisekedi als | |
Prioritäten Arbeitsplätze für die Jugend, Kampf gegen die derzeit mit 23 | |
Prozent hohe Inflation, mehr Sicherheit sowie Diversifizierung der | |
Wirtschaft. | |
Durch die laufende Neuverhandlung der bestehenden Bergbauverträge mit China | |
will Tshisekedi sieben Milliarden US-Dollar zusätzlich ins Land holen – | |
knapp die Hälfte des Staatshaushalts. Dies nannte er als eines von drei | |
unmittelbaren persönlichen Vorhaben. | |
Die anderen sind „Reinigung“ der Städte – es häufen sich | |
klimawandelbedingte Überschwemmungen, wie gerade in den letzten Wochen in | |
Kinshasa am Kongo-Fluss, und jede Flut spült Unmengen Dreck und Müll durch | |
die Straßen – und Aufbau von Wertschöpfungsketten in der Landwirtschaft: | |
von ihr leben 70 Prozent der Kongolesen, aber bei ihnen kommt bisher vom | |
Exportreichtum des Landes aus dem Bergbau nichts an. | |
Alle Nachbarländer waren mit Staatschefs vertreten, außer Uganda, das seine | |
Vizepräsidentin schickte, und Ruanda, das der Feier völlig fernblieb. Im | |
Wahlkampf hatte Tshisekedi versprochen, nach einem Wahlsieg das Parlament | |
um eine Kriegserklärung gegen Ruanda zu bitten, sollten die von Ruanda | |
unterstützten M23-Rebellen (Bewegung des 23. März) im Osten des Landes | |
weiterkämpfen. Davon sagte er jetzt nichts. | |
Aber gleich zu Beginn seiner Rede, noch vor allen politischen | |
Ankündigungen, rief der Präsident zu einer Schweigeminute für „alle Opfer | |
der Barbarei unserer Aggressoren“ auf. Jeder wusste, was damit gemeint war. | |
Am Sonntag brachen erneut schwere Kämpfe zwischen Armee und M23 aus. | |
21 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://presidence.cd/actualiteune-detail/actualite/le_president_felix_tshi… | |
[2] https://twitter.com/CENCO__RDC/status/1747973752158085263 | |
[3] https://twitter.com/cenirdc/status/1748361938256482606 | |
[4] /Wahlchaos-in-der-DR-Kongo/!5979955 | |
[5] https://pdl145.gouv.cd/ | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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