# taz.de -- Nach Mord an George Floyd: Gouverneur militarisiert Minneapolis | |
> Die Proteste gegen Polizeigewalt in zahlreichen US-Städten gehen auch in | |
> der Nacht zum Samstag weiter. Die Anwälte von Floyds Familie zweifeln das | |
> Obduktionsergebnis an. | |
Bild: Nationalgardisten am Samstag in der Innenstadt von Minneapolis | |
MINNEAPOLIS dpa | Der US-Bundesstaat Minnesota hat wegen der anhaltenden | |
und teils gewaltsamen Proteste nach dem Tod von George Floyd zusätzlich | |
mehr als 1000 Nationalgardisten als Verstärkung einberufen. Sie würden die | |
700 Soldaten unterstützen, [1][die wegen der Proteste] bereits im Einsatz | |
seien, erklärte die Nationalgarde von Minnesota [2][am Samstag über | |
Twitter]. Es handle sich um den größten Einsatz der Einheit in ihrer | |
164-jährigen Geschichte, hieß es weiter. | |
Im Laufe des Samstags sollten schließlich bis zu 2500 Soldaten | |
einsatzbereit sein, verlautbarte der Leiter der Nationalgarde, Generalmajor | |
Jon Jensen. Gouverneur Walz sagte am Samstag, dem Bundesstaat drohe trotz | |
der bislang größten Mobilisierung der Sicherheitskräfte in Friedenszeiten | |
erneut eine Nacht der Gewalt: „Das wird es nur schwieriger machen heute | |
Abend.“ Er habe daher auch die Gouverneure der Nachbarstaaten um weitere | |
Unterstützung aus deren Nationalgarden gebeten. | |
Zudem habe er mit Verteidigungsminister Mark Esper und Generalstabschef | |
Mark Milley gesprochen, sagte Walz. Es gab zunächst unbestätigte Berichte, | |
wonach die Streitkräfte Hunderte Soldaten der Militärpolizei für einen | |
möglichen Einsatz mobilisierten. Walz machte keine Angaben zur | |
angeforderten Unterstützung. „Die Militarisierung einer Zivilbevölkerung | |
ist besorgniserregend“, räumte er ein. | |
Der Auslöser für die Proteste war der Tod des Afroamerikaner George Floyd | |
infolge eines brutalen Polizeieinsatzes in Minneapolis gewesen. Der | |
mutmaßlich Hauptverantwortliche für die Gewaltat [3][ist erst vier Tage | |
nach dem Vorfall festgenommen worden]. | |
Örtliche Reporter berichteten in der Nacht zu Samstag, weder Soldaten noch | |
Polizisten seien in Minneapolis zu sehen gewesen. Walz räumte ein, die | |
Sicherheitskräfte seien angesichts des Ausmaßes der gewaltsamen Proteste | |
überfordert gewesen. Walz, Frey und der Bürgermeister von St. Paul, Melvin | |
Carter, erklärten übereinstimmend, die meisten der Demonstranten, die jetzt | |
wichtige Infrastruktur zerstörten, seien Unruhestifter von außerhalb der | |
Region. | |
An den Protesten in Minneapolis und dem angrenzenden St. Paul beteiligten | |
sich schwarze und weiße Demonstranten. Sie trugen Schilder mit Aufschriften | |
wie „Bin ich der nächste?“ und „Ohne Gerechtigkeit kein Frieden“. Auch… | |
anderen Städten wie Atlanta, New York, Detroit, Washington, Louisville, | |
Portland und Oakland kam es nach Floyds Tod in der Nacht zu Samstag zu | |
Protesten. | |
## CNN-Zentrale in Atlanta angegriffen | |
In Atlanta im Bundesstaat Georgia griffen Demonstranten die Zentrale von | |
CNN an. Der Sender zeigte Live-Bilder aus der eigenen Zentrale, auf denen | |
zu sehen war, wie Demonstranten von außerhalb Objekte auf Polizisten im | |
Eingangsbereich des Senders warfen. Der Gouverneur von Georgia, Brian Kemp, | |
verhängte über Atlanta sowie über weitere Städte im Umland den | |
Ausnahmezustand. Etwa 500 Mitglieder der Nationalgarde von Georgia sollten | |
eingesetzt werden, um Menschen und Eigentum zu schützen, schrieb Kemp am | |
Samstag auf Twitter. | |
Auch in New York gingen erneut mehrere Tausend Menschen gegen Rassismus auf | |
die Straße. In der Nacht kam es dabei in den Stadtteilen Manhattan und | |
Brooklyn zu Ausschreitungen. Dem Sender CNN zufolge nahm die Polizei | |
mindestens 72 Menschen fest. Auf beiden Seiten soll es Verletzte gegeben | |
haben. Viele Demonstranten trugen Plakate mit der Aufschrift „I can't | |
breathe“ („Ich kann nicht atmen“), was Floyd gesagt hatte, kurz bevor er | |
das Bewusstsein verlor. Bürgermeister Bill de Blasio schrieb auf Twitter: | |
„Wir wollen nie wieder eine solche Nacht erleben.“ | |
In der Großstadt Portland im Bundesstaat Oregon wurde am Samstag der | |
Notstand und ein nächtliches Ausgangsverbot verhängt. Im kalifornischen Los | |
Angeles erklärte die Polizei infolge gewaltsamer Proteste ein | |
Demonstrationsverbot für das Stadtzentrum. | |
Nach einem Protest vor dem Weißen Haus drohte US-Präsident Donald Trump | |
Demonstranten – indirekt, aber dafür erneut mit sehr deutlichen Worten: | |
Falls die Demonstranten am Freitag über den Zaun des Regierungssitzes | |
gelangt wären, wären sie von „boshaften Hunden und den bedrohlichsten | |
Waffen“ begrüßt worden, [4][schrieb Trump am Samstag auf Twitter]. Dann | |
wären sie „wirklich mindestens schwer verletzt“ worden. Viele Beamte des | |
Secret Service warteten nur auf „Action“. Der Protest vor dem Weißen Haus | |
war vergleichsweise klein und harmlos: Demonstranten warfen einige | |
Behelfszäune aus Metall um, die rund 30 Meter vor dem Zaun des Weißen | |
Hauses Passanten zurückhalten. | |
Führende Demokraten hatten Trump bereits am Freitag vorgeworfen, mit seinen | |
martialischen Äußerungen zu den Ausschreitungen am Rande der Proteste nur | |
weiteres Öl ins Feuer zu gießen. | |
Joe Biden, der Trump bei der Wahl im November ablösen will, forderte einen | |
entschlossenen Kampf gegen „systematischen Rassismus“ in den USA. „Durch | |
unser Schweigen, durch unsere Selbstgefälligkeit sind wir Komplizen der | |
Fortsetzung des Kreislaufs der Gewalt“, sagte der designierte | |
Präsidentschaftskandidat der Demokraten. „Leute: Wir müssen aufstehen. Wir | |
müssen uns bewegen. Wir müssen uns ändern.“ | |
## „Alles ist in Ordnung – bis die Polizei sie anspricht“ | |
Unterdessen haben die Anwälte der Familie von George Floyd Zweifel an den | |
Ergebnissen einer Obduktion angemeldet. Zugleich kündigten sie nach einem | |
Bericht des Fernsehsenders ABC am Freitag an, bei einem bekannten | |
Gerichtsmediziner eine eigene Untersuchung in Auftrag zu geben. | |
Die beiden Anwälte, Benjamin Crump und S. Lee Merritt, sagte zum | |
Obduktionsergebnis, man habe bereits in anderen Fällen gesehen, dass | |
Menschen, die mit den Behörden zusammenarbeiteten, Dinge präsentierten, die | |
eine „Illusion“ seien. „All diese Dinge wie Asthma oder Herzprobleme | |
spielen keine Rolle, solange sie (die Opfer) leben, atmen, gehen, reden. | |
Alles ist in Ordnung – bis die Polizei sie anspricht.“ | |
Einer der Polizisten hatte bei dem Einsatz [5][am Montag dem Haftbefehl | |
zufolge sein Knie insgesamt acht Minuten und 46 Sekunden auf den Nacken | |
Floyds gedrückt]. Im Haftbefehl heißt es, der Gerichtsmediziner gehe nicht | |
von Ersticken aus. Der 46-Jährige habe an Gesundheitsproblemen gelitten, | |
die gemeinsam mit der Festsetzung und möglichen Rauschmitteln im Blut | |
vermutlich zum Tod geführt hätten. In den letzten zwei Minuten und 53 | |
Sekunden habe Floyd keine Lebenszeichen mehr gezeigt. | |
30 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Polizeigewalt-in-den-USA/!5689218 | |
[2] https://twitter.com/MNNationalGuard/status/1266716558644125702 | |
[3] /Nach-Toetung-von-George-Floyd-in-Minneapolis/!5689275 | |
[4] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1266711221191020544 | |
[5] /Rassistische-Polizeigewalt-in-den-USA/!5688834 | |
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