# taz.de -- Mitautorin der „Mitte-Studie“: „Die Mitte rückt an den recht… | |
> Studienautorin Beate Küpper hält die Parteien für mitschuldig an | |
> Vorurteilen. Die Asyldebatte sei teils „hetzerisch“ geführt worden. | |
Bild: „Die öffentlichen Abwertungen der Asylsuchenden, die bleiben im Gedäc… | |
taz: Frau Küpper, [1][Ihre Studie] attestiert den Deutschen eine hohe | |
Demokratiebefürwortung – und gleichzeitig verfestigte Vorurteile gegen | |
Minderheiten. Ist das jetzt eine Entwarnung oder ein Alarmsignal? | |
Beate Küpper: Beides. Es ist natürlich positiv, wenn sich ein Großteil der | |
Befragten hinter die Demokratie stellt. Wir stellen aber auch fest: Unter | |
der Oberfläche weicht dieser Konsens auf. Denn es sind vielfach dieselben | |
Befragten, die gleiche Rechte für Minderheiten in Zweifel ziehen, die sich | |
abwertend über Muslime oder Sinti und Roma äußern, die auf Distanz zu | |
etablierten Institutionen gehen und Widerstand für legitim halten. Das ist | |
ein beunruhigender Befund. | |
Warum sind Vorurteile gegen Minderheiten so beständig? | |
Diese Vorurteile gibt es seit Jahrhunderten, das ist tief verwurzelt in den | |
Gesellschaften. Aber sie spiegeln natürlich auch aktuelle Debatten. Die | |
meisten Menschen wollen andere nicht bewusst ausgrenzen. Aber wenn es um | |
konkrete Verteilungsfragen geht, dann soll die Mehrheit doch bevorzugt | |
werden, auf Kosten von Minderheiten. Vieles ist da nachgeplappert, vieles | |
basiert auf eigenen empfundenen Benachteiligungen. Aber am Ende stehen dann | |
eben wieder Sündenböcke. | |
Aktuell trifft es besonders Asylsuchende: Warum ist deren Ablehnung noch | |
gestiegen – wo sich die Lage hierzulande doch entspannt? | |
Vorurteile haben wenig mit Fakten zu tun. Und es sind die Debatten aus der | |
Hochphase der Zuwanderung, in der es teils wirklich hetzerische Beiträge | |
gab, die nun zu Buche schlagen. Auch wenn sich die Lage entspannt hat: Die | |
öffentlichen Abwertungen der Asylsuchenden, auch durch etablierte | |
Politiker, die bleiben im Gedächtnis. | |
Was sollte man jetzt tun? | |
Die Politik muss auf ihre Sprache achten. Und sie darf nicht weiter | |
Stimmungen und Ängsten hinterherrennen – und diese damit erst befeuern. | |
Unsere Daten zeigen, wie sehr gerade Anhänger der AfD Vorurteilen anhängen. | |
Das überrascht nicht, wenn man die verächtlichen Stereotype von Muslimen | |
oder Flüchtlingen sieht, welche die Partei vermittelt. Aber sie sind nicht | |
die Einzigen, die versuchen, aus Ressentiments Profit zu schlagen. Auch die | |
anderen Parteien müssen viel mehr erklären und erfahrbar machen, warum es | |
zentral für unser Zusammenleben ist, dass alle gleich behandelt werden. Und | |
auch für die Kirchen, die Sportvereine, die Gewerkschaften, letztlich für | |
uns alle gilt die Frage: Positionieren wir uns klar genug? | |
Sie geben Ihrer Studie den Titel „Verlorene Mitte“: Schreiben Sie die | |
gesellschaftliche Mitte bereits ab? | |
Wir geben sie nicht verloren, nein. Aber die Mitte verliert ihren Kompass. | |
Normalerweise hat sie die Funktion, gesellschaftliche Konflikte auszutragen | |
und einzuhegen. Nun aber rückt sie selbst an den rechten Rand, grenzt | |
Minderheiten aus und neigt zur Gewalt. Wie gesagt: nicht die extremen | |
Ränder, sondern die Mitte. Und das ist nun ein seit Jahren verfestigtes | |
Muster. Darüber müssen wir reden. | |
26 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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