# taz.de -- Mali nach der Parlamentswahl: Oppositionsführer gesucht | |
> Vor Wochen entführten Bewaffnete den Oppositionschef Soumaila Cissé. Er | |
> ist immer noch weg. Spricht die Regierung nun mit den Islamisten? | |
Bild: Ibrahim Boubacar Keita, Präsident von Mali, bei der ersten Runde der Par… | |
COTONOU taz | Es ist einen Monat her, dass [1][Soumaila Cissé, Anführer der | |
Opposition] in Mali, verschwunden ist. Der Chef der Union für Republik und | |
Demokratie (URD) verschwand kurz vor der ersten Runde der Parlamentswahlen | |
Ende März in seinem heimatlichen Wahlbezirk Niafunké in der Region | |
Timbuktu, wo er auf Wahlkampftour war. Schnell wurde klar, dass | |
islamistische Terroristen ihn in ihrer Gewalt haben. | |
Am Mittwoch schrieb die französische Webseite Le Point unter Berufung auf | |
ein mittlerweile freigelassenes Mitglied von Cissés Team, der Politiker | |
befinde sich weiterhin in den Händen des Dschihadistenführers Amadou Koufa. | |
Dieser einstige Prediger aus der Volksgruppe der Peul gehört der Allianz | |
Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime (JNIM) an, ein | |
Zusammenschluss von drei Milizen. Koufas „Katiba Macina“ ist vor allem in | |
Zentralmali rund um die Stadt Mopti aktiv. | |
In einem Aufruf haben 40 afrikanische und französische Prominente jetzt | |
Malis Präsidenent Ibrahim Boubacar Keïta – allgemein als IBK bekannt – | |
aufgefordert, sich stärker für Cissés Freilassung einzusetzen. Vor allem | |
anfangs hielt sich die Regierung sehr bedeckt. | |
Cissés Freilassung soll Imam Mahmoud Dicko verhandeln, bis 2019 | |
Vorsitzender des Islamischen Rates von Mali und der derzeit wohl | |
einflussreichste religiöse Meinungsführer im Land. „Ich habe immer gesagt: | |
Wir müssen mit allen, die die malische Nationalität haben, sprechen“, sagte | |
Dicko eine Woche vor Cissés Entführung der taz. „Wir müssen wissen, was sie | |
wollen und was möglich ist. Wir dürfen nicht in einen Krieg ohne Ende | |
kommen.“ | |
In Mali herrscht seit Monaten eine Debatte darüber, ob mit Terrorist*innen | |
verhandelt werden soll. Im Februar ließ die Regierung anklingen, dass das | |
geschehen könnte. Alle Möglichkeiten müssten ausgeschöpft werden, so IBK | |
damals. | |
Denn im Norden und im Zentrum Malis haben schwere Massaker mit Dutzenden | |
Toten seit dem vergangenen Jahr zugenommen. Laut der | |
US-Konfliktforschungsorganisation ACLED sind in den vergangenen zwölf | |
Monaten in Mali 2.289 Menschen der Gewalt zum Opfer gefallen. | |
Abdoul Kassim Fomba, nationaler Koordinator der Denkfabrik Think Peace, | |
bleibt skeptisch, was einen Dialog mit Dschihadist*innen angeht. „Anfangs | |
habe ich mich immer gefragt, worüber denn mit ihnen verhandelt werden | |
soll.“ Im Rahmen des von der Regierung initiierten Nationalen Dialogs im | |
Dezember, bei dem über grundlegende Dinge wie die Organisation der | |
Parlamentswahlen gesprochen wurde, war allerdings eine große Mehrheit für | |
Gespräche mit dem bewaffneten Untergrund. | |
Mali hat wie auch Burkina Faso eine lange Tradition, Schwierigkeiten im | |
Dialog und mit Mediation zu lösen. „Einen Versuch kann es wert sein“, sagt | |
Fomba einerseits, bleibt andererseits aber kritisch, was die Intention der | |
Islamisten angeht: „Wir leben in einer säkularen Republik, und das ist | |
nicht ihre Position. Ich denke nicht, dass sie sich daran anpassen werden.“ | |
## Stimmabgabe verhindert | |
Wenig Beachtung findet unterdessen die Bekanntgabe der Ergebnisse der | |
[2][Parlamentswahl], die die Regierung trotz der Coronapandemie – im Land | |
gibt es mittlerweile 293 Fälle, davon 17 Tote – durchgedrückt hatte. | |
Nach der ersten Runde Ende März fand in den meisten Wahlkreisen am 19. | |
April die Stichwahl statt. In der Region, wo Cissé entführt wurde, | |
verhinderten Bewaffnete die Stimmabgabe in mehreren Orten. Die | |
Wahlbeteiligung wird insgesamt als sehr gering angegeben. Ersten | |
Medieninformationen zufolge hat die regierende RPM (Sammlung für Mali) ein | |
knappes Drittel der 147 Sitze geholt. | |
24 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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