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# taz.de -- Lockdown in Australien: Einfach mal so zufrieden sein
> In Australien hat der harte Lockdown die Rückbesinnung auf simple Werte
> gebracht: Solidarität, Gemeinschaft und die Liebe zur Natur.
Bild: „Pleasant stay-at-home-vacation“: Australische Touris am Strand von S…
Melbourne taz | „Endlich“, sagt die Serviererin auf dem Bildschirm und im
Coffeeshop in der Melbourner Innenstadt, „endlich ist alles wieder normal.“
Nach Monaten in einem der härtesten Lockdowns der Welt ist schon „normal“,
wenn man wieder Cappuccino trinken gehen kann, ohne dass einem Gefahr
droht, von der Polizei verhaftet zu werden – „wegen unerlaubtem Entfernen
von der Wohnung“.
Auch wenn in Melbourne noch viele Verhaltensregeln gelten, vom Maskentragen
bis hin zur Beschränkung der Zahl von Gästen: Unzählige Menschen in dieser
sonst so lebhaften, zuvorkommenden Stadt sind schlicht dankbar, dass sie
endlich wieder Freunde treffen dürfen. Friseurläden sind seit Wochen
ausgebucht. „Viele Kunden kommen nur, um wieder mal eine menschliche
Berührung zu spüren“, sagt im Fernsehen eine Friseurin.
„Es hat uns gelehrt, mit weniger zufrieden zu sein“, antwortet am Flughafen
von Sydney Tina, 42, auf die Frage, ob und was an Corona „gut“ gewesen sei.
Das „Rückbesinnen auf simple Werte wie Freundschaft, Zusammensein,
Gespräche – und ein Kuss“, antwortet lächelnd ihre beste Freundin Sally,
die von Tina nach ihrer Ankunft aus Melbourne abgeholt wird. Es ist nach
Monaten das erste Flugzeug, das in Sydney gelandet ist. „Eine Umarmung ist
eben doch besser als Skype oder Zoom“, meint Sally.
Melbourne und der Bundesstaat Victoria hatten nach dem Auftreten der ersten
Covid-Fälle hart und entschlossen gehandelt. Ein zeitweise fast
vollständiges Verbot der Bewegungsfreiheit führte nach zwei Lockdowns zum
Erfolg. Es gibt dort praktisch keine Covid-Fälle mehr.
Viele Australierinnen und Australier schauen kopfschüttelnd nach
Deutschland und in die USA, wo Menschen auf die Straße gehen und im Chor
mit Rechtsextremen den Sturz von Politikern fordern, nur weil sie eine
Maske tragen sollen. Peter, ein IT-Techniker, erinnert daran, dass diese
Maßnahme „ja primär zum Schutz der Nächsten besteht“. Deshalb sei die
Verweigerung „nichts anderes als Egoismus und Rücksichtslosigkeit,
widerwärtig eigentlich“. Auch in Australien gab es zu Beginn vereinzelt
Widerstand gegen Anti-Covid-Verordnungen. Die Schreie der „Covidioten“ aber
gingen bald unter im Verständnis und der Akzeptanz der Mehrheit.
Solche Zeichen von Solidarität und des Zusammenkommens sehen viele Befragte
als eine der genuin positiven Folgen der Krise. „Ich habe Nachbarn
kennengelernt, mit denen ich ohne Covid wohl bis heute nicht gesprochen
hätte“, sagt die TV-Moderatorin Lisa. Der Medizinstudent Samuel sieht in
der Krisensituation fast nur Positives – obwohl er in einer Covid-Klinik
arbeitet. Mit Blick auf die zum Teil deutlich zurückgegangenen
Treibhausgasemissionen – eine Folge der global reduzierten wirtschaftlichen
Aktivität – meint er: „Seit Langem kann die Natur wieder mal atmen.“
31 Dec 2020
## AUTOREN
Urs Wälterlin
## TAGS
2020 in guten Nachrichten
Australien
Lockdown
Australien
Schwerpunkt Rassismus
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