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# taz.de -- LNG-Terminal in Wilhelmshaven: Chlor in die Nordsee
> Damit am neuen LNG-Terminal in Wilhelmshaven keine Muscheln wachsen, will
> Uniper massenhaft Chemikalien ins Wasser leiten. Umweltverbände
> protestieren
Bild: In Wilhelmshaven soll die Nordsee verunreinigt werden, um die Versorgung …
Göttingen taz | Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt vor einem
„schleichenden Chemieunfall“ am geplanten [1][Terminal für die Anlandung
von Flüssiggas (LNG)] in Wilhelmshaven und den anderen ins Auge gefassten
LNG-Standorten. In der niedersächsischen Hafenstadt wolle das kürzlich
verstaatlichte Energieunternehmen Uniper mit dem vom Bund gecharterten
Terminal-Schiff „Höegh Esperanza“ [2][zehnmal so viel Chlor in die Nordsee
einleiten wie Behörden zuvor an einem vergleichbaren Standort in Australien
für vertretbar gehalten hätten], so DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha
Müller-Kraenner.
Bislang unterlassene Umweltverträglichkeitsprüfungen für Wilhelmshaven und
alle weiteren LNG-Projekte müssten umgehend nachgeholt werden. Ihr Betrieb
dürfe zugelassen werden, wenn der Eintrag von Schadstoffen auf „das absolut
notwendige Minimum“ reduziert werde. Die „Höegh Esperanza“ soll ab
Jahresende über Wilhelmshaven Flüssigerdgas importieren, das russische
Lieferungen ersetzen soll. Sie ist ein wichtiger Teil des Plans der
Bundesregierung, Deutschland unabhängig von russischem Gas zu machen.
Der Brennstoff wird nach seiner Rück-Umwandlung in einen gasförmigen
Zustand ins Gasnetz eingespeist. Ziel ist ein Umschlag von bis zu 7,5
Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr, etwa 8,5 Prozent des deutschen
Gasbedarfs. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft,
Küsten- und Naturschutz hatte bekanntgegeben, dass Uniper die Einleitung
von jährlich bis zu 178 Millionen Kubikmeter mit Bioziden behandeltes
Seewasser beantragt hatte.
Biozide – in diesem Fall Chlor – sind Chemikalien zur Bekämpfung von
Schädlingen. Uniper will damit in Wilhelmshaven den Bewuchs der sogenannten
Regasifizierungsanlagen durch Muscheln oder Seepocken verhindern.
Gerade wegen dieser Einleitung von Bioziden habe die „Höegh Esperanza“ an
ihrem vorher geplanten Einsatzort am Projekt Crib Point LNG im
australischen Bundesstaat Victoria im Jahr 2021 keine Betriebserlaubnis
erhalten, berichtet die DUH. In der Umweltprüfung der dortigen Behörden,
die der Umwelthilfe vorliege, sei die „Höegh Esperanza“ durchgefallen. Das
Schiff entspreche nicht dem Stand der Technik. Das gesamte LNG-Projekt sei
daraufhin abgesagt worden.
## Langfristige Auswirkungen befürchtet
Die in Deutschland geplanten LNG-Terminalprojekte profitieren laut DUH
allesamt von verschiedenen Ausnahmeregelungen, die im
LNG-Beschleunigungsgesetz formuliert wurden. Für die schwimmenden
Terminalschiffe wurde dafür auch die Umweltverträglichkeitsprüfung
gestrichen. Durch weitere Änderungen im Wasserhaushaltsgesetz sei jüngst
festgelegt worden, dass auch die Einleitung schädlicher Abwässer in der
Regel als unschädlich gilt. Eine Pflicht zur individuellen Prüfung einer
solchen Einleitung auf die Umwelt sei damit nicht mehr nötig. Dies hatte
die DUH bereits im Gesetzgebungsverfahren bemängelt.
[3][Laut Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies] (SPD) wurden für
Wilhelmshaven „verschiedene Gutachten“ in Auftrag gegeben, die sich auch
mit möglichen Umweltauswirkungen befassen. Vergleiche mit dem australischen
Standort bewertet Lies als unseriös: „Wir kennen die Rahmenbedingungen in
Australien nicht, um beide Standorte sinnvoll vergleichen zu können.“
Die Umwelthilfe räumt ein, dass es mit Blick auf den Biozid-Eintrag durch
die „Höegh Esperanza“ und die Wirkung auf die umliegenden Schutzgebiete wie
den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zwar einzelne Untersuchungen
gab. Eine Konzentrationswirkung der Schadstoffe sei aber nur für einen
Zeitraum von zwölf Wochen berechnet worden.
Uniper habe jedoch einen unbegrenzten Betrieb des LNG-Terminalschiffes
beantragt, so dass langfristige Auswirkungen zu befürchten seien. Auch
seien keine tatsächlichen Messwerte, sondern nur Annahmen für die
Emissionen der „Höegh Esperanza“ verwendet worden. Uniper selbst ließ eine
Anfrage der taz unbeantwortet.
## Chlor kann krank machen
Die Einleitung von Chlor habe gravierende Folgen, betont Müller-Kraenner.
Die Abbauprodukte begünstigten die Entstehung von Krebs, Mutationen und
beeinträchtigten die Fortpflanzungsfunktionen: „Das alles soll in
unmittelbarer Nähe von Wattenmeer und Jade als besondere Schutzgebiete von
internationaler Bedeutung geschehen.“ So wichtig die Herstellung von
Versorgungssicherheit auch sei – [4][„wir dürfen die Augen vor möglichen
Umweltfolgen der LNG-Anlagen nicht verschließen.“]
„Die ‚Höegh Esperanza‘ hat die Bundesregierung offenbar von der Resteram…
nachdem das LNG-Terminalschiff in Australien keine Umweltzulassung erhalten
hatte“, sagt DUH-Experte Constantin Zerger. Die DUH forderte die
Bundesregierung auf, die entsprechenden Gesetzesänderungen wieder
rückgängig zu machen.
14 Oct 2022
## LINKS
[1] /LNG-Terminals-an-der-Nordseekueste/!5856687
[2] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/deutsche-umwe…
[3] /Streitgespraech-ueber-LNG-Terminals/!5882830
[4] /Umweltverbaende-zu-LNG-Terminals/!5851974
## AUTOREN
Reimar Paul
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Lesestück Recherche und Reportage
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