# taz.de -- Kritischer Fußballfan über Katar: „Bayern kritisiert gar nichts… | |
> Michael Ott ist Mitglied des FC Bayern. Warum er auf der | |
> Jahreshauptversammlung das Katar-Sponsoring ansprechen will, erklärt er | |
> im taz-Interview. | |
Bild: Kritik an Klubboss Oliver Kahn und Vereinspräsident Walter Hainer: Trans… | |
taz: Herr Ott, welche Pläne haben Sie für die Jahreshauptversammlung? | |
Michael Ott: Es steht ja die Wiederwahl des Präsidiums an. Davor werde ich | |
von meinem Rederecht Gebrauch machen und Präsident Herbert Hainer sowie die | |
Vizepräsidenten Dieter Mayer und Walter Mennekes befragen, wofür sie | |
eigentlich stehen. | |
Können Sie das konkretisieren? | |
Beim FC Bayern ist es so, dass in den ersten Wahlgängen ausschließlich der | |
Verwaltungsbeirat die Kandidaten fürs Präsidium vorschlägt. Der | |
Verwaltungsbeirat wird wiederum vom Präsidium ernannt. Es gibt für die | |
einfachen Mitglieder also kaum eine Gelegenheit, darauf Einfluss zu nehmen. | |
Deswegen finde ich, dass man diese Chance nutzen muss, um die zur Wahl | |
stehenden Personen zumindest kritisch zu hinterfragen. | |
Warum sind Sie sicher, dass der FC Bayern Ihnen diese Möglichkeit einräumen | |
wird? | |
Bei der JHV 2021 war es rein faktisch nicht möglich, spontan in einem | |
beliebigen Tagesordnungspunkt das Wort zu ergreifen. Mitglieder haben aber | |
ein Rederecht in jedem Tagesordnungspunkt, das wissen viele leider nicht. | |
Der FC Bayern hat zugesichert, dass dies von nun an ermöglicht werden soll. | |
Wie wollen Sie Ihre Redezeit konkret nutzen? | |
Ich habe nicht geplant, eine lange Rede zu halten. Stattdessen möchte ich | |
dem Präsidium einige prägnante Fragen stellen. Das haben vermutlich auch | |
andere Mitglieder vor. | |
Welche Fragen wollen Sie stellen? | |
Das steht noch nicht ganz fest. Ich werde aber mit Sicherheit die Themen | |
aufgreifen, die mir am Herzen liegen, also vor allem das Katar-Sponsoring. | |
Was für eine Stimmung erwarten Sie? | |
Ich glaube schon, dass es diesmal geordneter ablaufen wird als 2021. Allein | |
schon, weil sich das Präsidium anders verhalten dürfte. Völlig ruhig wird | |
es vielleicht trotzdem nicht bleiben. Möglicherweise gibt es auch diesmal | |
Buhrufe beim Katar-Thema, vielleicht aber auch mehr Unterstützung für das | |
Präsidium und den Vorstand, falls diesmal mehr Mitglieder kommen, die | |
weniger kritisch denken. | |
Wie empfinden Sie den Umgang des FC Bayern mit dem Streitthema Katar seit | |
den Tumulten 2021? | |
Da bin ich zwiegespalten. [1][Einerseits nimmt der Verein das Thema nun | |
ernster als früher]. Vor der Jahreshauptversammlung 2021 hatte sich der FC | |
Bayern dazu nie auf einer Podiumsdiskussion gestellt. Es ist ein | |
Fortschritt, dass das inzwischen geht. Andererseits kann ich nach wie vor | |
nicht einschätzen, ob dies nicht doch vor allem der Außendarstellung dient. | |
Oder ob man die Kritik der Fans so ernst nimmt, dass man sie auch wirklich | |
in den Entscheidungen berücksichtigen will. | |
Können Sie nachvollziehen, dass der FC Bayern auf das Sponsoring-Geld aus | |
Katar nicht verzichten möchte, um wirtschaftlich nicht noch mehr ins | |
Hintertreffen zu geraten [2][gegenüber Vereinen mit arabischen Investoren] | |
wie Paris Saint-Germain oder Manchester City? | |
Nein, das kann ich nicht nachvollziehen. Den Rahmen, in dem man sich | |
bewegen sollte, setzen die Menschenrechte. Wenn man für ein Regime, das | |
Menschenrechte massiv verletzt, Imagewäsche betreibt, dann stützt man | |
dieses Regime und beteiligt sich damit indirekt an der Verletzung der | |
Menschenrechte. Das ist inakzeptabel. Ganz abgesehen davon, dass das Geld | |
aus Katar nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann. Die | |
wirtschaftliche Lücke zu den genannten Vereinen schließt das nicht mal im | |
Ansatz. | |
Die finanzielle Ungleichheit im europäischen Fußball behebt man nicht, | |
indem man auf Teufel komm raus sämtliche Werte verkauft. Zudem wird Katar | |
dem FC Bayern niemals so viel Geld zahlen wie Paris Saint-Germain. | |
Langfristig können wir mit denen im aktuellen Fußballsystem finanziell | |
einfach nicht mithalten. Da könnten wir noch so viel Trikotfläche an | |
fragwürdige Sponsoren verkaufen. Die einzige Lösung wären strengere Regeln | |
zur Finanzierung von Fußballklubs. | |
Wie empfinden Sie die jüngsten Äußerungen von Uli Hoeneß, wonach sich durch | |
die WM und den FC Bayern Verbesserungen in Katar eingestellt hätten, anders | |
als in anderen Ländern der Region? | |
Diese Argumentation ist nur teilweise richtig. Ja, in Katar ändert sich | |
wohl mehr als in anderen Ländern der Region. Aber ich finde es schon | |
bemerkenswert, dass der FC Bayern für sich in Anspruch nimmt, zu | |
Veränderungen beizutragen, obwohl er diese gar nicht anstößt. Sie meinen | |
die fehlende Kritik. Wenn man Experten fragt, bestätigen diese immer | |
wieder, dass sich in den Golfstaaten nur durch öffentlichen Druck etwas | |
ändert. | |
Diesen öffentlichen Druck schaffen ja die Fans, die Medien, die NGOs, die | |
die Verhältnisse in Katar öffentlich kritisieren. Der FC Bayern kritisiert | |
gar nichts. Wenn man dem Bild folgt, das der FC Bayern in seinen Klubmedien | |
entwirft, dann entsteht da überhaupt kein Druck auf Katar. Gleichzeitig | |
aber die Erfolge anderer für sich in Anspruch zu nehmen, finde ich | |
fragwürdig, wenn man sich nicht am öffentlichen Druck beteiligt. Dann ist | |
es scheinheilig, die Lorbeeren einzuheimsen. | |
Und die WM? | |
Die WM ist natürlich schon ein großer Aufmerksamkeitsfaktor. Aber auch die | |
Fifa versucht ja abzulenken von den Problemen in Katar und [3][tut so, als | |
sei alles gut]. Und ob die zaghaften Fortschritte in Katar nach der WM | |
wirklich bestehen bleiben, kann man seriös nicht prognostizieren. | |
13 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Maik Rosner | |
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