# taz.de -- Krisengewinner Markus Söder: Von Staatskanzlei zu Kanzleramt | |
> Will Markus Söder doch Kanzlerkandidat werden? In der Union halten manche | |
> das für möglich. | |
Bild: Kann Krise – aber will er auch Kanzler? | |
Berlin taz | Das wird richtig schöne Bilder geben. Und auch jede Menge Raum | |
für Spekulationen. An diesem Dienstag kommt die Kanzlerin nach | |
Herrenchiemsee. Eigentlich, um das dort tagende bayerische Kabinett über | |
ihre Agenda für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ins Bild zu setzen. | |
Tatsächlich aber öffnet das Treffen mit Bayerns Regierungschef Markus Söder | |
(CSU) jede Menge Raum für Spekulationen. | |
Seit Söder vor Wochenfrist in einem Interview zart angedeutet hat, die | |
Kanzlerkandidatur eventuell doch anzupeilen, steht der 53-Jährige unter | |
verschärfter Beobachtung. Dem Tagesspiegel hatte er gesagt: „[1][Nur wer | |
Krisen meistert], wer die Pflicht kann, der kann auch bei der Kür glänzen.“ | |
Mittlerweile, da er in einer Umfrage für das ZDF von zwei Dritteln der | |
Befragten für [2][kanzlerfähig] gehalten wird, wächst der Druck. Jeder Satz | |
will gewogen sein, jede Geste, jedes Zucken des Mundwinkels könnte ein | |
Zeichen sein. Wie es halt so ist im Sommerloch. | |
In der Union, auch in der CDU, finden sich immer mehr Stimmen, die Markus | |
Söder das Kanzleramt zutrauen. Zitieren lassen möchte sich niemand. | |
Schließlich gibt es bereits drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz. Allein die | |
Vorstellung, dass Friedrich Merz sich mit einem Büro im | |
Konrad-Adenauer-Haus begnügt und Markus Söder im Kanzleramt sitzt, wirkt | |
befremdlich. Der Sauerländer will den ganzen Kuchen – nicht nur ein Stück. | |
Hinzu kommt, dass eine dauerhafte Debatte über Söders Vorzüge und Nachteile | |
zur Ermüdung und letztlich zur politischen Demontage des Kandidaten in spe | |
führen kann. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt formuliert es | |
gegenüber dem Deutschlandfunk so: „Ich rate unseren Parteien dazu, diese | |
Debatte jetzt nicht so aktiv zu führen.“ Dies führe nicht zu mehr | |
Zustimmung. Wichtiger sei aktuell, wie die Politik in der Corona-Krise mit | |
Themen wie dem zu geringen Wirtschaftswachstum und steigenden | |
Arbeitslosenzahlen umgehe. | |
Söders Omnipräsenz macht es den CDU-Kandidaten schwer | |
„Weniger die Frage des Zeitplans einer Kandidatenauswahl ist entscheidend | |
als am Schluss die Geschlossenheit, mit der CDU und CSU hinter einem | |
gemeinsamen Kandidaten stehen“, sagte Dobrindt mit Blick auf die Frage, | |
wann die beiden Schwesterparteien am besten über den gemeinsamen | |
Kanzlerkandidaten entscheiden sollten. „Darum geht es. Und das muss man | |
erreichen.“ | |
Die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz müssen angesichts von Söders | |
medialer Omnipräsenz schauen, wie sie die Delegierten des Parteitags im | |
Dezember von sich überzeugen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin | |
Laschet halten laut dem aktuellen ZDF-Politbarometer gerade einmal 19 | |
Prozent der Befragten für einen geeigneten Kanzlerkandidaten. Der | |
Rechtsanwalt Friedrich Merz bekommt immerhin 31 Prozent der Stimmen, | |
während der Außenpolitiker Norbert Röttgen nur 14 Prozent erhält. | |
Fraglich ist auch, wie Markus Söder Kanzlerkandidat der Union werden | |
sollte, ohne die große Schwesterpartei in eine handfeste Krise zu stürzen. | |
Dass sich die Delegierten beim CDU-Parteitag einen neuen Vorsitzenden | |
wählen, den sie nicht auch als Kanzlerkandidat sehen, ist schon eine Frage | |
der Selbstachtung. Ob Merz, Röttgen oder Laschet (oder statt seiner Jens | |
Spahn) – kein CDU-Kandidat würde die Delegierten von sich überzeugen ohne | |
den Anspruch, auch Kanzler werden zu wollen. | |
Sollte es doch so weit kommen, dass der CSU-Chef sich zu Höherem berufen | |
fühlt, ist jedenfalls logistisch vorgesorgt. Der CSU-Parteitag wurde gerade | |
auf den 12. Dezember in Söders Heimatstadt Nürnberg terminiert, kurz nach | |
dem der Schwesterpartei. Auch das gäbe dann schöne Bilder. | |
13 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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