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# taz.de -- Söder und die K-Frage: Der Märchenkanzler im Butterfass
> Markus Söder wandelt auf Ludwigs II. Spuren. Doch was peinlich wirkt, ist
> wohl kalkuliert. Dem Kanzleramt bringt ihn das aber noch nicht näher.
Bild: Dick aufgetragen: Söder und Merkel in der Spiegelgalerie des Neuen Schlo…
Jedem anderen wäre es wohl zu peinlich gewesen, eine Spur zu dick
aufgetragen. Zu stark die Analogien zum größenwahnsinnigen Märchenkönig, zu
kitschig die Bilder, zu bissig der zu erwartende Spott. Aber einen Markus
Söder ficht das nicht an. Was offiziell der Besuch Merkels bei einer
Sitzung des bayerischen Kabinetts ist, [1][mutiert unter seiner Regie zu
einem romantischen Inseltrip mit gemeinsamer Kutschfahrt und finalem
Höhepunkt im prunkvoll-angeberischen Spiegelsaal des Schlosses].
So amüsant auch der Kontrast zwischen diesem Spektakel und Merkels
routinierter und offen zur Schau getragenen Unbeeindruckbarkeit ist, so
bleibt doch ein Faszinosum: Mit wie viel Chuzpe Söder die scheinbaren
Grenzen des Erlaubten auch strapaziert, am Ende weicht das Kopfschütteln
der Zeugen dieses Kunststücks dann doch dem Respekt: Was der sich traut!
Klar, auch Spott gibt es reichlich, aber den lässt der CSU-Chef gekonnt an
sich abperlen. Es ist eben ein Unterschied, ob einer in ein Fettnäpfchen
tritt und sich peinlich berührt umblickt oder ob einer sich dreist ins
Butterfass setzt und lacht. Markus Söder hat sich über die Jahre eine
Mischung aus Narrenfreiheit und Souveränität erarbeitet, die ihm vieles
erlaubt, was sich keiner sonst leisten könnte.
Was bedeutet das nun für die eventuellen Kanzlerambitionen des bayerischen
Ministerpräsidenten? Erstmal rein gar nichts! Ein Inseltörn an
Kanzlerinnenseite bringt Söder dem Kanzleramt noch keinen Zentimeter näher.
Ob er Kanzler darf und will, das hängt noch von sehr vielen Unwägbarkeiten
ab. (Dass er es kann, steht für ihn selbst ohnehin außer Frage.) Zu diesen
Unwägbarkeiten gehören allen voran der Ausgang des Rennens um den
CDU-Vorsitz und der weitere Verlauf der Corona-Krise.
Und wenn die Sache mit der Kanzlerkandidatur dann doch irgendwann
spruchreif wird, dann hat Söder schon mal den nötigen Bilderteppich
ausgerollt. Söder kennt die Macht der Bilder, überlässt hier nichts dem
Zufall. Auf die Fotos aus Herrenchiemsee wird so mancher Bildredakteur in
den kommenden Monaten noch zurückgreifen – Bilder, die zeigen, in welcher
Liga Söder spielt.
Und wenn nicht? Wenn sich diese K-Sache doch recht bald wieder zerschlägt?
Dann bleibt die Erinnerung an einen herrlichen Julitag am Chiemsee, an dem
Markus Söder schon einmal ein bisschen Märchenkanzler spielen durfte.
15 Jul 2020
## LINKS
[1] /Merkel-besucht-Bayern-und-Soeder/!5694895
## AUTOREN
Dominik Baur
## TAGS
Markus Söder
Merkel-Nachfolge
Schwerpunkt Angela Merkel
Freistaat Bayern
Kanzlerkandidatur
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