# taz.de -- Korruption im Kongo: Gold und Kupfer zu Dumpingpreisen | |
> Die Regierung von Präsident Joseph Kabila hat vor den Wahlen wertvolle | |
> staatliche Mineralienvorkommen an Briefkastenfirmen verramscht, sagen | |
> Kritiker. | |
Bild: Mitarbeiter der Wahlkommission bereiten die Wahlurnen vor. Am Montag find… | |
BRÜSSEL/BERLIN taz | Obskure Bergbauverträge in der Demokratischen Republik | |
Kongo belasten den Wahlkampf für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen | |
am kommenden Montag. | |
Nachdem bereits Kongos Opposition der Regierung von Präsident Joseph Kabila | |
Korruption vorwirft, wird jetzt auch internationale Kritik laut: Der | |
britische Parlamentarier Eric Joyce sagt, Kongos Regierung habe | |
Bergbauvermögen zu Schleuderpreisen an Freunde des Präsidenten veräußert. | |
Auf rund 5,5 Milliarden Dollar - zum Vergleich: Kongos Bruttoinlandsprodukt | |
betrug 2010 13,1 Milliarden Dollar - kalkuliert der Labour-Abgeordnete den | |
Schaden, der dem kongolesischen Staat durch den Verkauf von Anteilen an den | |
staatlichen Bergbaufirmen Gécamines und Sodimico an Briefkastenfirmen auf | |
den britischen Jungferninseln im Umfeld des israelischen | |
Bergbauunternehmers Dan Gertler entstanden sei. | |
Gertler ist ein enger Freund Präsident Kabilas und ist mit seinen | |
Firmeninteressen jüngst aus dem Diamantenhandel auch in den industriellen | |
Bergbau expandiert. | |
5,5 Milliarden ist die Differenz zwischen den Verkaufspreisen und dem | |
realen Wert der veräußerten Anteile, wie von Glencore, Numis Securities und | |
der Deutschen Bank berechnet. Zwar beziehen sich diese Angaben einfach auf | |
die betroffenen Mineralienvorkommen in der Provinz Katanga - eigentlich | |
müssten erhebliche Erschließungskosten abgezogen werden, weil Investoren | |
neben Bergwerken meist auch Stromnetze und Straßen selber aufbauen müssen. | |
## 3 Milliarden Dollar Schaden? | |
Dennoch ist die Gesamtsumme eher untertrieben, denn ähnliche Geschäfte hat | |
der Kongo auch mit Firmen ohne britischen Bezug getätigt. So hat nach | |
Angaben des kongolesischen Parlamentariers Fidèle Babala die staatliche | |
Goldfirma Okimo, die die Goldvorkommen von Ituri im Nordosten Kongos hält, | |
für 113 Millionen Dollar einen 30-Prozent-Anteil an der Goldreserve Kibali | |
verkauft, in der sich 28 Millionen Feinunzen Gold befinden. Das macht einen | |
Preis von 4 Dollar pro Unze - auf dem Weltmarkt kostet eine Unze Gold 1.700 | |
Dollar. Den Schaden aus diesem Geschäft beziffert Babala mit 3 Milliarden | |
Dollar. | |
Der Verkauf der Kupferminen Frontier und Lonshi in Katanga ist politisch | |
noch heikler. Im Jahr 2010 konfiszierte Kongos Regierung die Minen, nachdem | |
die kanadische Firma First Quantum dort erhebliche Investitionen getätigt | |
hatte. Im Jahr 2009 wurden allein in Frontier 94.000 Tonnen Kupfer | |
gefördert und der Kongo erhielt 55 Millionen Dollar Steuereinnahmen daraus, | |
der größte einzelne Einnahmeposten der Staatskasse. Kongos Oberstes Gericht | |
befand aber, die Kanadier hätten die Minen unrechtmäßig erworben, und gab | |
sie der Staatsfirma Sodimico zurück. Die Minen wurden daraufhin | |
geschlossen. | |
Wenige Monate später erwarb die mysteriöse Hongkonger "Fortune Ahead" 70 | |
Prozent davon zur einem unbekannten Preis. Die restlichen 30 Prozent | |
folgten im März 2011, für 30 Millionen Dollar. Von unabhängiger Seite war | |
der Wert der beiden Minen mit 1,6 Milliarden Dollar veranschlagt worden. | |
Nach dem Erhalt der ersten 20 Millionen Dollar des Kaufpreises, so ein von | |
Joyce veröffentlichter Brief einer Anwaltskanzlei in Kinshasa vom 11. Juli, | |
habe Sodimico 10 Millionen Dollar auf ein Sonderkonto des | |
Finanzministeriums für "Beteiligung an den Wahlen" überwiesen. | |
Es wird vermutet, dass es hierbei um Wahlkampfgelder geht. 3 Millionen | |
Dollar seien in Diamantengeschäfte geflossen, 1,5 Millionen an Anwälte, die | |
restlichen 5,5 Millionen in den laufenden Betrieb, und 10 Millionen Dollar | |
seien noch gar nicht eingegangen. | |
## Auszahlung der IWF-Tranchen gefährdet | |
Bereits 2009 hatte First Quantum auf ähnliche Weise die Kupfer- und | |
Kobaltmine KMT (Kingamyambo Musonoi Tailings) in Katanga verloren - an ein | |
Unternehmen mit Sitz auf den Jungferninseln im Umfeld von Dan Gertler, das | |
die Vorkommen danach für viel Geld an die kasachische ENRC (Eurasian | |
Natural Resources) verkaufte. Dieses Geschäft sorgte für internationale | |
Aufregung, weil ENRC an der Londoner Börse gelistet ist. | |
Solche Geschäfte widersprechen auch den Vereinbarungen des Kongo mit | |
Weltbank und IWF, auf deren Grundlage das Land internationale Finanzhilfen | |
erhält. Die Auszahlung der letzten IWF-Tranchen von 240 Millionen Dollar | |
ist jetzt gefährdet, wie Kongos Finanzminister Augustin Matata Ponyo | |
zugegeben hat. | |
Kein Wunder, dass Kongos Oppositionsführer Etienne Tshisekedi sich jetzt | |
als saubere Alternative darstellt. Im September reiste er nach Kanada und | |
traf sich mit First Quantum. Tshisekedi soll die Kanadier eingeladen haben, | |
in den Kongo zurückzukehren, wenn er Präsident ist. | |
24 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
F. Misser | |
D. Johnson | |
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Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Kongo | |
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