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# taz.de -- Konflikt im Ostkongo: UN-Bericht belastet Ruanda
> Ein bisher unveröffentlichter Anhang eines UN-Berichts beweist, dass das
> ruandische Militär kongolesische Rebellen im Kampf gegen die Armee
> unterstützt hat. Ruanda streitet ab.
Bild: Eines von tausenden Opfern des Konflikts: Junge im Flüchtlingscamp Goma.
KAMPALA taz | Die Beweise sind erdrückend: Hochrangige ruandische Militärs
hätten beim Aufbau der neuen Rebellenorganisation M23 (Bewegung des 23.
März) im Ostkongo „direkte Unterstützung“ geleistet, heißt es in einem
bislang unveröffentlichten Anhang eines UN-Expertenberichts.
Um diesen Report wird im Sicherheitsrat seit Wochen gestritten. Die USA
blockierten zuerst das Dokument. Vergangene Woche kam es dann ohne den
Anhang heraus, der Ruandas Unterstützung beweist. Jetzt liegt der
43-seitige Anhang der taz vor.
Er wirft ein neues Licht auf den Konflikt im Ostkongo zwischen den
Regierungstruppen und der M23. Die Miliz wurde im Mai von desertierten
Tutsi-Generälen der 2009 in die Armee integrierten Rebellenorganisation
CNDP (Nationalkongress zur Volksverteidigung) gegründet. Die M23,
verschanzt in den Vulkanbergen an der kongolesisch-ruandischen Grenze,
wirbt Überläufer von den Regierungstruppen und anderen Milizen an und
liefert sich Kämpfe mit der Armee. Über 200.000 Menschen sind seit April
auf der Flucht.
Als der jetzige M23-Militärführer Sultani Makenga von seiner Einheit aus
der Provinzhauptstadt Bukavu desertierte, ging er nach Ruanda und wurde
dort von hochrangigen Militärs der Armee RDF (Ruandische
Verteidigungskräfte) empfangen, wie es im Anhang heißt. Mit Booten brachten
seine Männer Waffen und Munition aus Makengas Haus am Kivu-See ans
ruandische Ufer.
Die RDF brachte die Meuterer in ein Militärlager in Nordruanda in den
Virunga-Vulkanbergen an der Grenze zum Kongo. Dort wurden sie trainiert und
mit ruandischen Uniformen ausgestattet. RDF-Soldaten halfen auch beim
Waffentransport auf den Hügel Gahizi, wo sich Makenga mit weiteren
Deserteuren verbündete. Mehrfach hätten RDF-Einheiten von bis zu 100
Soldaten die M23 bei ihren Kämpfen gegen Kongos Armee direkt unterstützt.
Ruandas Soldaten rekrutierten auch Kämpfer für die M23, so der Bericht. In
Ruanda installierten sie ein Rekrutierungsnetzwerk, in das auch
demobilisierte Offiziere der im Ostkongo kämpfenden ruandischen Hutu-Miliz
FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) eingebunden wurden.
Sobald FDLR-Kämpfer ihre Waffen abgeben und aus dem Kongo in ihre Heimat
Ruanda zurückkehren, werden sie dort automatisch Reservisten der Armee.
Ihnen wurde befohlen, für die M23 zu kämpfen oder Kämpfer zu rekrutieren.
## Wer nicht überlief, wurde bedroht
Die Initiative zur Unterstützung der M23 kam in Ruanda laut dem Bericht von
höchster Stelle. Exoffiziere, die zögerten zur M23 überzulaufen,
berichteten den UN-Experten, sie seien von Ruandas Verteidigungsminister
James Kabarebe bedroht worden, sollten sie die M23 nicht unterstützen.
Stabschef Charles Kayongo habe Ex-CNDP-Offiziere zu einem Treffen in
Ruandas Hauptstadt Kigali eingeladen, um sie für die M23 zu mobilisieren.
Auch Ex-CNDP-Führer Laurent Nkunda, der seit 2009 in Ruanda unter
vermeintlichem Hausarrest steht, spielte eine Rolle bei der Mobilmachung
seiner Anhänger.
Trotz der Beweise streitet Ruanda nach wie vor die Vorwürfe ab.
Außenministerin Louise Mushikiwabo bezeichnete den Bericht als „einseitig“.
Die Beweise müssten erst bestätigt werden. „Während sich Kongos Armee als
unfähig erweist, die Meuterei einzudämmen, zeigen Kinshasa und seine
Verbündeten mit dem Finger auf Ruanda“, heißt es in ihrer Stellungnahme.
Die UN-Blauhelme im Kongo unterstützen derzeit Kongos Armee im Kampf gegen
die M23 mit Logistik und Aufklärung. Der UN-Sicherheitsrat verlängerte am
Mittwoch das jeweils einjährige Mandat für die Friedensmission in der DR
Kongo. Mit über 19.000 Blauhelmen und einem Jahresbudget von rund 1,5
Milliarden US-Dollar ist es die größte und teuerste UN-Friedensmission
weltweit. Die Resolution nannte zwar nicht explizit Ruanda, doch forderte
sie einen Stopp „jeglicher äußeren Unterstützung an alle bewaffneten
Gruppen“.
29 Jun 2012
## AUTOREN
Simone Schlindwein
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