# taz.de -- Kommentar Völkermord in Ruanda: Pazifismus verhindert keine Gräuel | |
> 25 Jahre nach dem Genozid an den Tutsi gibt es einen internationalen | |
> Strafgerichtshof. Leider reicht das nicht zur Verbrechensbekämpfung. | |
Bild: Menschen in Kigali bei einer Gedenkfeier zum 25. Jahrestag des Völkermor… | |
Der [1][Völkermord in Ruanda] vor genau 25 Jahren begann mit einem | |
gewaltigen Knall. Zwei Raketen trafen ein Flugzeug, in dem der Präsident | |
des Landes saß. Der Anschlag diente als Startschuss für das Abschlachten | |
der Tutsi und auch von Hutu-Regimegegnern – mindestens 800.000 Menschen | |
starben innerhalb weniger Wochen. Wie schon nach dem Genozid an den Juden | |
hieß es auch dieses Mal: Nie wieder darf so etwas geschehen! | |
Doch hat die Weltgemeinschaft tatsächlich gelernt aus diesem neuerlichen | |
Verbrechen, dem sie tatenlos zusah? Es ist nicht nichts passiert nach | |
Ruanda. Immerhin wurde der [2][Internationale Strafgerichtshof] gegründet, | |
um Völkermord und Kriegsverbrechen zu ahnden und auf diese Weise | |
abschreckend zu wirken. Und die UNO hat das Konzept der Schutzverantwortung | |
beschlossen, um klarzumachen, dass Massenmord keine innere Angelegenheit | |
sein kann. Die politischen Debatten haben sich seitdem verändert. | |
Ob beim [3][Bürgerkrieg in Libyen], dem Vormarsch der Islamisten in Mali | |
oder dem versuchten Völkermord an den Jesiden – immer spielt inzwischen | |
auch die Schutzverantwortung für Menschen in Not eine Rolle. Die | |
Bundesregierung bekennt sich sogar in ihren Leitlinien dazu. | |
All das sind wichtige Fortschritte. Nur eines ist so planlos, chaotisch und | |
unklar wie eh und je: die konkrete Antwort auf die Frage, was daraus folgt. | |
Wie soll denn ein Massenmord verhindert werden? Und durch wen? Wer handelt? | |
Weder Deutschland noch Europa und erst recht nicht die UNO verfügen über | |
klare Konzepte oder Vorgehensweisen zur Konfliktlösung. Bricht eine Krise | |
aus, gleichen die Gremien der internationalen Gemeinschaft einem | |
Hühnerstall, in den der Fuchs eingedrungen ist. | |
Ein Waffenembargo soll es dann oft richten. Doch das hätte in Ruanda wenig | |
bewirkt, da viele Tutsi mit Macheten niedergemetzelt wurden. Und es hilft | |
auch den Hungernden in Jemen nichts oder den eingekesselten Menschen in | |
Syrien. Es hätte auch die Jesiden im irakischen Sindschar-Gebirge nicht | |
gerettet. Denn, wie der Grüne Cem Özdemir es einmal ausdrückte, man kann | |
einen Völkermord nicht mit der Yoga-Matte unterm Arm verhindern. | |
Die unangenehme Wahrheit ist, dass man nur dann wirkungsvoll drohen kann, | |
wenn man militärische Mittel nicht ausschließt. Wer das aus pazifistischen | |
und historisch durchaus nachvollziehbaren Gründen nicht möchte, muss | |
aushalten können, dass Menschenrechtsverbrechen wie in Ruanda oder Syrien | |
geschehen – und man tatenlos zuschaut. | |
8 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Silke Mertins | |
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