# taz.de -- Kommentar Spaniens Vergangenheit: Ein skandalöses Verfahren | |
> Spanien tut sich mit Vergangenheitsbewätigung schwer. Ermittler Baltazar | |
> Garzón wird an seinen Untersuchungen gehindert. Spanien ist von | |
> Rechtstaatlichkeit weit entfernt. | |
Spanien, eine europäische Demokratie, weigert sich, seine Vergangenheit | |
aufzuarbeiten. Stattdessen setzt das Land alles daran, den Ermittler | |
Baltasar Garzón vom Richterberuf zu entfernen und ihn sogar hinter Gitter | |
zu bringen. | |
Zwei faschistische Organisationen klagen Garzón an. Ihr Vorwurf: Er habe, | |
obwohl er wusste, nicht zuständig zu sein, über 30 Jahre nach dem Tod des | |
Diktators Francisco Franco Anzeigen der Angehörigen von Vermissten | |
entgegengenommen. Weit über 100.000 Menschen liegen irgendwo in Spaniens | |
Straßengräben verscharrt. Sie wurden in den 1930er und 1940er Jahren | |
erschossen, weil sie Demokraten, Linke, Gewerkschafter waren. Zu ermitteln | |
sei wegen Rechtsbeugung, denn in Spanien gebe es ein Amnestiegesetz. | |
Für Garzón ist das Verschwindenlassen von Menschen ein Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit und deshalb nicht amnestierbar. Er erklärte gestern vor | |
Gericht, er habe die gleichen Rechtsgrundsätze auf Spanien angewandt, wie | |
einst gegen den chilenischen Diktator Augusto Pinochet und argentinische | |
Militärs. International bekannte Juristen, die als Zeugen Garzóns | |
Rechtsauffassung bestätigen sollten, wurden nicht zugelassen. | |
Und damit der Richter auch ja nicht entwischt, wurden zwei weitere | |
Verfahren eingeleitet. Eines ebenfalls wegen Rechtsbeugung, weil Garzón | |
Anwälte abhören ließen, die mit ihrem korrupten Mandanten aus dem Umfeld | |
der regierenden Partido Popular aus der Haft heraus weiterhin Geldwäsche | |
organisierten. Und ein anderes, weil er Unterricht in New York gab und | |
dafür Geld von einer Bank annahm. Bestechung sei dies. Das dieser Skandal | |
vor dem Obersten Gerichtshof Spaniens stattfinden kann, zeigt die lange | |
Wegstrecke, die die spanische Gesellschaft zu einem funktionierenden | |
Rechtsstaat noch vor sich hat. | |
31 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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