# taz.de -- Kommentar Sahra Wagenknecht: Chance für einen Neustart | |
> Sahra Wagenknecht wird keine weitere Amtszeit als Fraktionsvorsitzende | |
> anstreben. Die Partei kann nun längst fällige Debatten führen. | |
Bild: Konnte sich mit ihrer Position in der Migrationspolitik nicht durchsetzen… | |
Kann das ein Zufall sein? Genau 20 Jahre nach dem Rücktritt ihres Ehemannes | |
als Finanzminister und SPD-Vorsitzender kündigt Sahra Wagenknecht in der | |
Linksfraktion an, sie werde bei der Neuwahl [1][nicht mehr als | |
Fraktionsvorsitzende kandidieren]. | |
Oskar Lafontaine spaltete damals mit seinem Rückzug das linke Lager, er | |
wechselte die Partei, gründete erst die Linkspartei und dann „Aufstehen“ | |
mit, die Wahlergebnisse der SPD haben sich seitdem halbiert. Droht der | |
Linken mit dem Rückzug Wagenknechts aus der Führungsebene ein ähnliches | |
Schicksal? | |
Wenn die Linkspartei sich geschickt verhält, dann nicht. Gut, in den | |
vergangenen eineinhalb Jahren zählte politische Klugheit nicht gerade zu | |
den herausragenden Tugenden in den Führungsetagen der Partei. Im | |
Dauerstreit zwischen dem Wagenknecht-Lager und den UnterstützerInnen der | |
Parteispitze [2][um das Thema Migrationspolitik] hat sich die Partei | |
monatelang aufgerieben. | |
Wagenknecht, das muss man wohl sagen, hat diese Auseinandersetzung auf | |
allen Ebenen verloren. Sie hat sich mit ihrer Position in der | |
Migrationspolitik nicht durchsetzen können. Die Partei akzeptiert keine | |
Das-Boot-ist-voll-Haltung, sie will die „Offenen Grenzen für alle Menschen“ | |
zumindest auf dem Papier. Im Europawahlprogramm findet sich der Passus, der | |
ein halbes Jahr zuvor fast den Parteitag sprengte. Auch Wagenknechts | |
Sammlungsbewegung hat sich als Flop erwiesen. Sie selbst hat sich am | |
Wochenende bereits [3][aus dem „Aufstehen“-Vorstand verabschiedet]. | |
## Triumph ist fehl am Platz | |
Dass ihr Rückzug von der Fraktionsspitze mit diesem politischen Scheitern | |
zusammenhängt liegt auf der Hand – auch wenn Wagenknecht selbst persönliche | |
Überlastung und ihre gerade überstandene Krankheit ins Feld führt. Ein | |
schlüssiger Grund, aber auch eine willkommene Brücke. Wagenknecht war nie | |
eine begnadete Fraktionschefin – das Administrieren hat sie Co-Chef Dietmar | |
Bartsch überlassen. Sie übernahm die Talkshows. | |
Doch Triumph ist fehl am Platz. Wenn die Partei klug ist, dann gewährt sie | |
Wagenknecht einen gesichtswahrenden Abgang und lässt sie anschließend nicht | |
in der politischen Versenkung verschwinden. Der Rückzug aus der Spitze | |
eröffnet die Chance, jetzt längst fällige Debatten ohne machtpolitisches | |
Taktieren zu führen – wie stellt sich die Linke Einwanderung und | |
Integration vor, wie kann man die Wähler im Osten mobilisieren? | |
Der Partei drohen bei drei Landtagswahlen Niederlagen. Um Schwung | |
aufzunehmen und nach vorn zu kommen, sollte die Linke auch auf Wagenknecht | |
als Publikumsliebling setzen. Noch ist sie das prominenteste Mitglied. | |
11 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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