# taz.de -- Kommentar Recht auf Vergessenwerden: Auf Google kommt es an | |
> Verurteilte Mörder haben keinen Anspruch, dass ihre Namen in digitalen | |
> Medienarchiven gelöscht werden müssen. Das ist gut so. | |
Bild: Wer anonym bleiben will, sollte das am besten mit Google regeln | |
Die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrechten ist eine | |
der spannendsten Fragen im Medien- und Verfassungsrecht. Der Europäische | |
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat sich nun scheinbar [1][ganz auf | |
die Seite der Medien geschlagen]. Zwei verurteilte Mörder haben keinen | |
Anspruch, dass ihre Namen in digitalen Medienarchiven aus alten Artikeln | |
gelöscht werden müssen. | |
Dabei hat der EGMR die Debatte über diese Frage nicht für immer und nicht | |
für ganz Europa geklärt. Denn er hat nur geprüft, ob die aktuelle | |
Rechtslage in Deutschland mit den europäischen Menschenrechten vereinbar | |
ist. Ein entsprechendes Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs wurde nun | |
akzeptiert und nicht beanstandet. Die Straßburger Richter sagten aber | |
nicht, dass dies die einzige rechtlich vertretbare Lösung sei. | |
In Deutschland ist die rechtliche Diskussion auch noch nicht zu Ende. In | |
einem anderen Fall („Apollonia-Mord“) will das Bundesverfassungsgericht in | |
Karlsruhe noch in diesem Jahr eine eigene gründliche Prüfung vornehmen. So | |
könnte es durchaus noch zu einem Anspruch auf Korrektur von Pressearchiven | |
kommen. | |
Interessant ist am Straßburger Urteil vor allem der Hinweis auf die | |
Möglichkeit, sich an Google und andere Suchmaschinenbetreiber zu wenden. Es | |
wäre für die Resozialisierung von Straftätern ja schon viel gewonnen, wenn | |
bei der Suche nach ihrem Namen keine Artikel über ihre einstigen Verbrechen | |
mehr gefunden werden. Soweit es sich nicht um politisch relevante Taten | |
handelt, bestehen auch gute Aussichten, dass die Suchmaschine Google solche | |
Artikel auf Antrag nicht mehr auflistet. | |
Wenn die Google-Lösung angemessen funktioniert, muss nicht auch noch die | |
Quelle, also der ursprüngliche Artikel, korrigiert werden. Die Information | |
bliebe für vertiefte Recherchen zum Ereignis dann im jeweiligen | |
Medienarchiv verfügbar. Unter dem Strich wäre das ein kluger Ausgleich | |
zwischen Persönlichkeitsrechten und Pressefreiheit. | |
29 Jun 2018 | |
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[1] /Urteil-Persoenlichkeitsschutz-von-Moerdern/!5513949 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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