# taz.de -- Kommentar Protestaktion gegen Polizisten: Unter jedem Mindeststanda… | |
> Aktivisten protestieren vor dem Haus eines Beamten, der nun viel | |
> Mitgefühl abbekommt. Damit haben sie das Gegenteil ihres Ansinnens | |
> erreicht. | |
Bild: Haben Polizisten kein Recht auf Privatsphäre? | |
Das ist die Nachrichtenlage: [1][Sechzig Autonome belagern das Haus] eines | |
niedersächsischen Staatsschutzbeamten. Der Mann, dessen berufliches Tun sie | |
verurteilen, ist nicht zu Hause, wohl aber seine Familie. Die | |
DemonstrantInnen skandieren Sprechchöre, entrollen Transparente, betreten | |
das Grundstück. Die Stimmung ist aggressiv. Dann kommt die Polizei. | |
Es ist nicht sein Büro, nicht die Dienststelle dieses Mannes, wo sich die | |
Szene abspielt. Es ist sein Wohnhaus, sein Grundstück, sein privater Ort. | |
Und das ist ein Problem. Mit wachsender politischer Gereiztheit nehmen die | |
Angriffe auf das Privatleben der jeweils anderen Seite zu. | |
„Wir wissen, wo du wohnst“ – diese Drohung gab es schon immer. Für Linke | |
müsste es eigentlich eine Frage demokratischer Selbstachtung sein, | |
ebendieses Spiel nicht mitzumachen. Leute, die sonst brav auf der | |
Polizeiwache vorsprechen, um ihre nächste Demo anzumelden, ziehen im Pulk | |
vor das Wohnhaus eines politischen Gegners und ningeln anschließend per | |
Pressemitteilung herum, sie hätten da lediglich friedlich singen wollen – | |
was könnte ihr gesellschaftspolitisches Anliegen mehr diskreditieren? | |
Demos vor dem Privathaus eines rechten Publizisten, Schüsse auf Wohnhäuser | |
linker PolitikerInnen, Abfackeln von Autos in angesagten Wohnvierteln, | |
sogenannte Hausbesuche bei Staatsbediensteten, Internetpranger, Shitstorms | |
– das Private ins Licht der Öffentlichkeit zu zerren ist eine miese Tour. | |
Das Gegenteil des Beabsichtigten wird damit erreicht, selbst wenn es um den | |
größten Widerling geht. Einem Menschen den privaten Raum zu entziehen | |
betrifft ja stets auch jene, die mit dieser Person zusammenleben. Und das | |
bewirkt Mitgefühl. | |
Wer dennoch meint, sich unterhalb des gesellschaftlichen Mindeststandards | |
begeben zu müssen, trägt zur weiteren politischen Eskalation bei. Da mögen | |
die Autonomen aus dem Wendland sich noch so im Recht fühlen. Es gäbe so | |
viele andere gute Möglichkeiten, politische Klugheit und Energie | |
miteinander zu verknüpfen. | |
21 May 2018 | |
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## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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