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# taz.de -- Kommentar Datenschutz: Jetzt ist die Chance zu handeln
> Auf EU-Ebene übt sich Deutschland beim Datenschutz in auffällig
> unauffälligem Bremsen. Nach dem Datenklau bei Politikern müsste sich das
> ändern.
Bild: Mit jeder neuen Datensammlung wachsen die Begehrlichkeiten – wäre doch…
Berlin taz | Kaum sind sie mal selbst unter den Betroffenen, geht es auf
einmal ganz fix. Ein 20-Jähriger hackt sich in haufenweise
Socia-Media-Accounts, [1][veröffentlicht persönliche Daten] auch von
zahlreichen Politiker:innen, und schon kommen die Forderungen wie der
Hammer bei einer Auktion: Plattformen in die Pflicht nehmen zum Ersten.
Frühwarnsystem aufbauen zum Zweiten. Aus dem Cyber-Abwehrzentrum ein
„Cyber-Abwehrzentrum plus“ machen, das Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik (BSI) stärken, das Innenministerium gleich mit –
verkauft. Als ob es hierzulande an behördlichen Strukturen mangeln würde,
die in irgendeiner Form für IT-Sicherheit zuständig sind.
Woran es tatsächlich fehlt: an Verständnis dafür, dass es nicht ausreicht,
einfach die Sicherheitsarchitektur zu verstärken; ebenso wenig, eine
behördliche Kompetenz zu schaffen, die Politiker:innen erklärt, wie ein
sicheres Passwort aussieht – auch wenn das im konkreten Fall wohl etwas
geholfen hätte. Denn die Geschichte „Daten, die in falsche Hände gelangen“
wurde in den vergangenen Jahren ziemlich oft erzählt. Eine kleine,
unvollständige Auswahl der unfreiwilligen Protagonisten: Yahoo, MySpace,
Facebook, eBay, Sony, Knuddels, Domainfactory, British Airways, der
Bundestag.
Laut einer Studie aus dem Jahr 2016 soll jeder dritte Deutsche schon mal
Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden sein. Pech für die Betroffenen,
dass anscheinend zu wenige in ihrer Privatsphäre verletzte Politiker:innen
darunter waren, als dass es großartig Konsequenzen gegeben hätte.
Denn der Schutz vor Missbrauch, Diebstahl, Verlust – und dem, was mit
persönlichsten Daten noch alles am besten nicht passieren sollte – hat eine
gemeinsame Basis. Die heißt Datenschutz und rangierte bei der Großen
Koalition bislang irgendwo zwischen der Förderung einer besseren
Sichtbarkeit von Zebrastreifen und dem Schutz der Großen Wiesenameise.
Dabei sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben: Daten, die nicht
vorhanden sind, können nicht missbraucht werden. Daten, die vorhanden
sind, werden missbraucht – wenn nicht früher, dann später. Und wenn
Nutzer:innen nicht einmal mehr wissen, wer welche Daten in welcher
Kombination über sie gespeichert hat – dann können sie sich nicht einmal
wirksam wehren.
Da trifft es sich eigentlich sehr gut, dass die Pflicht zur
Datensparsamkeit bereits geltendes Recht ist, Artikel 25 der
Datenschutz-Grundverordnung. Nur scheint das noch nicht bei allen
Politiker:innen in Deutschland angekommen zu sein. Jüngstes Beispiel: Die
vom Verkehrsminister vorgeschlagene Massenüberwachung des motorisierten
Verkehrs zwecks Durchsetzung von Dieselfahrverboten. Dass damit eine
gigantische Datensammlung entstehen würde, die Hacker:innen
unterschiedlichster Hintergründe interessieren könnte – vielleicht
erscheint das ja nun auch dem einen oder der anderen Volksvertreter:in
nicht mehr so ganz unwahrscheinlich. Allen voran jenen, die bisher der „Wir
haben doch nichts zu verbergen“-Fraktion angehörten, der mutmaßlich größt…
im Bundestag.
Statt also in Aktionismus zu verfallen, sind es die weniger
schlagzeilenträchtigen Maßnahmen, die hier weiterhelfen. Die
ePrivacy-Verordnung gehört zum Beispiel dazu, quasi die kleine Schwester
der Datenschutz-Grundverordnung.
Auf EU-Ebene übt sich Deutschland dort in auffällig unauffälligem Bremsen,
statt als mächtiges EU-Mitgliedsland voranzugehen und klarzustellen: Wir
wollen Datenschutz, viel und schnell. Und, ja, auch dann, wenn es mal mit
Aufwand verbunden ist und man sich bei mächtigen Unternehmen, die aus ihrem
Geschäft mit persönlichen Daten viel Geld schöpfen, unbeliebt macht,
genauso wie bei denen, die es nicht für nötig halten, Sicherheitslücken
etwa auf Smartphone-Betriebssystemen zu schließen.
Gute Passwörter würde all das zwar nicht ersetzen. Aber es macht den Schutz
durch sie erst richtig stark.
12 Jan 2019
## LINKS
[1] /Politiker-Daten-im-Netz-veroeffentlicht/!5559344
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Datenschutz
Hacker
Social Media
Schwerpunkt Meta
E-Privacy
IT-Sicherheit
Datenleak
Datenklau
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