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# taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Kampf der Kackkulturen
> In Köln wird ein Hockklo installiert und besorgte Bürger sehen das
> Abendland in Fäkalien versinken. Dabei sind deutsche Sitzklos scheiße.
Bild: Blumenduft für Hockklos
Aufruhr in Köln: Dort wird das Bürger_innenzentrum renoviert und neben den
Sitzklos soll es ab Ende 2018 auch ein Hockklo geben, insbesondere
muslimische Gäst_innen soll das ansprechen. Eigentlich ein Grund zur
Euphorie – doch von Wertschätzung kein Anzeichen.
Vielmehr ärgern sich Kölner_innen über die vermeintliche Islamisierung
ihrer Toiletten. [1][welt.de verstärkt den Unmut] gerne durch eine
Einordnung der Klos als „in islamischem Kulturkreisen üblich“, jaja, diese
Kulturkreise mal wieder. Erst nehmen diese muslimischen Geflüchteten und
Migrant_innen sich deutsche Smartphones, dann deutsche Frauen und jetzt
auch noch die deutsche Art zu kacken.
Interessanterweise nennt man Hockklos gar nicht „muslimische Toiletten“,
sondern französische. Und sie haben vor allem Vorteile. Erst mal spart es
viel Zeit, auf ihnen das Geschäft zu verrichten. Erst mal hinsetzen, Mails
beantworten und Instagram auschecken bietet sich im Hocken weniger an. Aber
ganz ehrlich, Toiletten sind trostlose Orte, vollgepackt mit Bakterien,
warum sollte man da unnötig viel Zeit verbringen wollen?
Öffentliche Toiletten sind nicht unbedingt Wohlfühloasen zum Chillen und
Entspannen, sondern sollen eine Funktion erfüllen: eine Möglichkeit zum
Entleeren der Blase und des Darms. Und dafür sind Hockklos ideal. In
Hockstellung entspannt sich der Darm komplett, während er sich im Sitzen
häufig verkrampft.
## Es fühlt sich besser an
Vor zwei Jahren warb [2][eine Klohocker-Firma mit einem animierten
Einhorn], das regenbogenfarben und softeisförmig im Hocken seinen Stuhlgang
verrichtete, für sein Produkt. Der Clip ging viral und löste Geständnisse
aus: In meinem Umfeld gaben viele Leute zu, dass sie sich häufig einen
Eimer, eine Kiste oder einen Karton vor das Klo setzen, um beim Kacken die
Hockstellung zu imitieren. Diesen Tipp gibt es auch im Standardwerk für
Darmangelegenheiten „Darm mit Charme“.
Doch es ist wie bei der Benutzung von Wasser anstelle von ausschließlich
Klopapier, um sich nach dem Klogang zu reinigen: Jede_r Proktolog_in rät
dazu und wer es schon mal ausprobiert hat, weiß, wie viel besser es sich
anfühlt und wie viel mehr Sinn es ergibt. Aber weil unter anderem
muslimische Personen von dieser Praxis Gebrauch machen, finden weiße
Europäer_innen sie ganz schlimm, moralisch einfach verkehrt, nicht
empfehlenswert, bitte nicht zuhause nachmachen.
Besonders als öffentliche Toilette eignet sich das Hockklo ideal. Die
Aufregung darum kommt aus einem Ort des Selbsthasses und der Sturheit.
Denn: Sorry, aber wer setzt sich in öffentlichen WCs denn bitte auf die
Klobrille? Die Kritik am Hockklo kommt in dem Fall ja nicht von Menschen
mit Behinderungen, die auf das Sitzen angewiesen sind, sondern von
rassistischen Leuten, die denken, saubere Hintern und ein smoothes Kacken
würde sie zum Islam konvertieren lassen.
Technisch gesehen ist das Hockklo die Zukunft, nicht die
Plumpsklo-Vergangenheit, wie viele vermuten. Sie sparen Wasser, bei ihnen
werden die Fäkalien nicht ins Abwasser gespült und ihr Sammeltank ist viel
größer. Auf jedem Level ein Gewinn.
Man stelle sich vor, Deutsche würden ihre Arroganz mal beiseite stellen.
Dem Hocken und dem Wasser mal eine Chance geben. Denn von Muslim_innen
lernen heißt auch, richtig aufs Klo gehen zu lernen. Es würde die deutsche
Kackkultur revolutionieren.
10 Aug 2017
## LINKS
[1] https://www.welt.de/politik/fluechtlinge/article167549556/Aufregung-um-kult…
[2] https://www.youtube.com/watch?v=YbYWhdLO43Q
## AUTOREN
Hengameh Yaghoobifarah
## TAGS
Toilette
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