| # taz.de -- Knesset verbietet Boykottaufrufe: Kauft nicht nicht beim Siedler | |
| > Ein israelisches Gesetz verbietet Appelle, keine Waren mehr aus den | |
| > israelischen Siedlungen im Westjordanland zu kaufen. Weitere Gesetze | |
| > dieser Art könnten folgen. | |
| Bild: Darf nicht von Bauunternehmen boykottiert werden: israelischer Siedler im… | |
| JERUSALEM taz | Wer in Israel zum Boykott gegen die Produkte aus | |
| israelischen Siedlungen aufruft, läuft Gefahr, künftig dafür zur Kasse | |
| gebeten zu werden. 47 Knessetabgeordnete stimmten in zweiter und dritter | |
| Lesung für das Gesetz von Seew Elkin (Likud), das jeden zur Verantwortung | |
| zieht, der durch seinen Boykottaufruf Privatleuten oder Firmen Schaden | |
| zufügt. Das umstrittene Gesetz wurde mit nur 38 Gegenstimmen angenommen. | |
| "Frieden jetzt" und die "Koalition der Frauen" für Frieden und | |
| Gerechtigkeit wollen nun vor Gericht ziehen. | |
| Das neue Gesetz ist eine Reaktion auf Boykottaufrufe gegen Produkte aus | |
| israelischen Siedlungen sowie einem Appell von Schauspielern und | |
| Akademikern, jenseits der Grünen Grenze nicht aufzutreten oder zu lehren. | |
| "Die Grüne Linie ist für mich die rote Linie", schrieb Jossi Sarid, ehemals | |
| Chef der linken Meretz. | |
| Ganz gezielt richtet sich das Gesetz gegen israelische Bauunternehmen, die | |
| eine Ausschreibung für den Bau der geplanten palästinensischen Stadt Rawabi | |
| gewonnen haben und sich verpflichten mussten, keine Geschäfte mit | |
| israelischen Siedlungen zu machen. Ein Zementkauf bei dem deutschen | |
| Unternehmen HeidelbergCement dürfte damit für die Bauherren Rawabis auch | |
| ausgeschlossen sein. | |
| Die Firma wird auf der Internetseite [1][www.whoprofits.org] aufgelistet, | |
| auf der die israelische "Koalition der Frauen" sämtliche Unternehmen führt, | |
| die von der Besatzung profitieren. Die "Koalition" dürfte zu den ersten | |
| Opfern des Antiboykottgesetzes gehören, sollte ihre Eingabe vor Gericht | |
| abgewiesen werden. | |
| Laut ihrer Internetseite beutet der weltweit größte Zementhersteller | |
| HeidelbergCement in Kooperation mit seinem israelischen Partner Hanson | |
| einen der drei großen Steinbrüche im Westjordanland aus. Als | |
| "verfassungswidrig und undemokratisch" bezeichnete Avirama Golan von der | |
| liberalen Zeitung Haaretz das schon im Vorfeld der Abstimmung breit | |
| diskutierte Gesetz. | |
| Die Warnungen des juristischen Parlamentsberaters Eyal Jinon vor einer | |
| Unvereinbarkeit des Boykottgesetzes mit der freien Meinungsäußerung stießen | |
| bei den Politikern mehrheitlich auf taube Ohren. Hier ginge es nicht um die | |
| Siedlungen, schrieb Golan, sondern "um das komplette Auslöschen einer | |
| offenen politischen Debatte". | |
| ## Palästinensischer Boykott bleibt bestehen | |
| Das Gesetz reiht sich ein in eine lange Liste überwiegend noch nicht | |
| verabschiedeter Gesetzesentwürfe, die die Demokratie im Land und vor allem | |
| die Gleichberechtigung von Minderheiten infrage stellen. Dazu gehört der | |
| Treueschwur auf den "demokratischen jüdischen Staat Israel" für neue | |
| Staatsbürger und das "Naqba"-Gesetz, das arabischen Bürgern öffentliche | |
| Gelder für Zeremonien entzieht, die dem Beginn ihrer Flüchtlingskatastrophe | |
| gelten. | |
| Jehuda Cohen, Generaldirektor der Firma Lipski in der Siedlung Barkan, 25 | |
| Kilometer östlich von Tel Aviv, glaubt nicht, von dem Antiboykottgesetz | |
| betroffen zu sein. "Was gestern passiert ist, hilft mir nicht", sagt er. | |
| Viel schlimmer sei der palästinensische Boykott. Seit eineinhalb Jahren | |
| notiert er Verluste von mehr als 15 Prozent, was er als ungerecht | |
| empfindet. "Ich habe 80 Mitarbeiter, davon sind 40 Palästinenser", schimpft | |
| er. "Sie alle genießen dieselben Arbeitsbedingungen." Laut Washington Post | |
| hat der palästinensische Boykott bereits mindestens 17 Kleinunternehmen in | |
| den Bankrott gezwungen. | |
| 12 Jul 2011 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.whoprofits.org | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Knaul | |
| Susanne Knaul | |
| ## TAGS | |
| Klagemauer | |
| Israel | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kommentar Netanjahu in Washington: Ziemlich beste Freunde | |
| Die Reise des israelischen Premiers in die USA hätte ein Spaziergang werden | |
| können. Wäre da nicht eine jüdische US-Lobbyorganisation. | |
| Nachruf auf den linken Israeli Jossi Sarid: Eloquent, direkt und zielstrebig | |
| Er war Umweltminister, Radiomoderator und Kolumnist. Freunde und Gegner | |
| schätzten ihn wegen seiner feinen Sprache und profunden Kenntnisse. | |
| Protestbewegung in Israel: Zelten für die Gerechtigkeit | |
| Es begann mit dem Kampf gegen zu hohe Mieten. Inzwischen ist daraus eine | |
| Bewegung mit breiter Themenpalette und Protestcamps in fast allen Städten | |
| geworden. | |
| Unabhängigkeitsantrag Palästinas: Israel rüstet sich für Tag X | |
| "Turm der Stärke": Mit der größten Militär- und Polizeiaktion seit dem | |
| Abzug aus dem Gazastreifen rüstet sich Israel für palästinensische | |
| Massendemonstrationen. | |
| Kommentar Israelisches Boykottverbot: Ein Staat zeigt Schwäche | |
| Die Ächtung vermeintlicher Staatsfeinde gerät in Israel aus den Fugen. Nur | |
| wenn der offene Diskurs möglich ist, bleibt Israel auf Augenhöhe mit | |
| westlichen Demokratien. | |
| Palästinensisch-israelischer Autor über Israels Ängste: "Wir gelten als fün… | |
| Der auf hebräisch schreibende Autor Sayed Kashua sorgt sich um die Früchte | |
| des arabischen Frühlings und sieht die UN-Abstimmung im September als | |
| letzte Chance für einen Palästinenser-Staat. | |
| Debatte Palästina: Eine Frage der Souveränität | |
| Benjamin Netanjahu behauptet, das Westjordanland stünde Israel historisch | |
| zu. Diese Haltung macht die UN-Resolution zur Gründung eines | |
| Palästinenserstaats nötig. | |
| Debatte über Palästina: Tsunami oder Chance für Israel? | |
| Eine Gruppe junger israelischer Strategen halten die Unterstützung für | |
| einen palästinensischen Staat für sinnvoll. Sie wendet sich damit gegen die | |
| politische Agenda der Regierung. |