# taz.de -- Juristin über Cum-Ex-Theater: „Ein besonderer Skandal“ | |
> Als die Banker dachten, sie stünden über dem Gesetz: In Hamburg kommt die | |
> Cum-Ex-Affäre auf die Bühne. | |
Bild: Nah am Tatort: Das Stück wird im Raum neben den Raum gespielt, in dem Ol… | |
taz: Jule Martenson, werden wir Cum-Ex jemals wirklich verstehen können? | |
Jule Martenson: Es ist ehrlicher, davon auszugehen, dass man nicht alles | |
verstehen kann, aber eben auch nicht muss. Das Interessante ist, dass der | |
Öffentlichkeit vermittelt wird: Es lohnt sich gar nicht erst, es zu | |
versuchen, weil es eh zu komplex ist. Ich traue allen Menschen zu, das | |
[1][Cum-Ex-Geschäftsmodell nachzuvollziehen]. | |
Wie bekommt das Stück das hin? | |
Die drei Fäden, die wir darin verknüpfen, stehen beispielhaft für | |
jahrzehntelange, strukturelle Probleme: Als Erstes erklären wir das | |
Geschäftsmodell. Zweitens die juristische Aufarbeitung: Viele | |
Jurist*innen haben Cum-Ex gedeckt und so das Unrechtsbewusstsein | |
ausgeschaltet. Drittens die politische Aufklärung mit [2][Schwerpunkt auf | |
der Hamburger Warburg Bank und Olaf Scholz]. Dieser Skandal ist durch seine | |
vielen politischen Verschränkungen so besonders. | |
Gab es Überraschungen bei den Recherchen? | |
In einer SMS fragt der eine Banker den anderen, wie diese Geschäfte | |
funktionieren. Der antwortet: „We call it: Fuck the taxpayer system!“ Diese | |
Menschen dachten, sie stünden über dem Gesetz und könnten die Staatskasse, | |
und damit uns Menschen, einfach ausnehmen. Ich finde diese illoyale | |
Attitüde so krass: wie man sich so unverbunden fühlen kann. So kriegt man | |
das Gefühl, das ist eigentlich kein Skandal, sondern Struktur im | |
Finanzwesen. | |
Komplizierter Jargon ist Teil des Systems.? | |
Am Anfang soll das Publikum diese Verwirrung noch nachfühlen. „OTC-Handel | |
mit Leerverkäufen“ oder „[3][Dividendenstripping] am Ex-Tag“: Diese | |
Begriffe vereinfachen sich im Laufe des Stückes. Ein bewusstes Stilmittel, | |
sozusagen, um zu verstehen, dass die Begriffe nicht zufällig, sondern extra | |
so verwirrend konstruiert wurden. | |
Wieso wird das Stück im Hamburger Rathaus gespielt? | |
Als die [4][Projektleiterin Leokardia Melchor] für die Linksfraktion im | |
Untersuchungsausschuss gearbeitet hat, meinte sie immer scherzhaft: Das sei | |
alles wie eine Performance, niemand sei authentisch oder ehrlich. Jetzt | |
sitzen wir mit dem Stück nur eine Tür vom Untersuchungsausschuss entfernt. | |
Das Tolle an Theater ist, dass wir diese Nähe schaffen können; die | |
Möglichkeit, so nah an einem „Tatort“ dran zu sein und das Gefühl zu habe… | |
Ich sitze da, wo die saßen – und kann mir das dadurch viel besser | |
vorstellen. | |
6 Apr 2024 | |
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[3] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/steuern-sparen-so-bestehle… | |
[4] https://www.kollektivimfenster.com/ | |
## AUTOREN | |
Nina Christof | |
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