# taz.de -- Ist das Derby Tierquälerei?: Galopp unter Schmerzen | |
> Das „Deutsche Derby“ lockte Tausende ZuschauerInnen auf die Horner | |
> Rennbahn in Hamburg. Tierschützer halten den Sport für Tierquälerei. | |
Bild: Sinnvoller Sport oder Tierquälerei? Das „Deutsche Derby“ in Hamburg. | |
HAMBURG taz | Der Hamburger Tierschutzverein hielt am Sonntag eine | |
Mahnwache vor dem Eingang der Horner Rennbahn ab. Anlass war das „Deutsche | |
Derby“, das höchstdotierte Pferderennen in Deutschland. „Wir wollen den | |
Missbrauch von Tieren als Sport- und Spaßgeräte nicht hinnehmen“, sagt | |
Katharine Krause vom Tierschutzverein. Mit Transparenten und Flyern wiesen | |
Krause und ihre MitstreiterInnen auf die tierschutzrechtlichen Bedenken | |
beim Pferdesport hin. | |
„Gerade das Derby, bei denen dreijährige Pferde antreten, die noch in der | |
Wachstumsphase sind, ist nicht hinnehmbar“, sagt Krause. Die Pferde würden | |
durch das frühe Training langfristige Beschädigungen und Schmerzen | |
erleiden. Auch den Einsatz von Zungenbändern und Peitschen kritisiert der | |
Tierschutzverein als Tierquälerei. | |
Das „Deutsche Derby“ gilt als prestigeträchtigstes Pferderennen in | |
Deutschland. Zum 147. Mal wurde es nun ausgetragen. Nur knapp zweieinhalb | |
Minuten dauert das Rennen, 2.400 Meter ist die Strecke lang. Bei keinem | |
anderen Rennen in Deutschland sind Siegprämie und Wetteinsätze so hoch wie | |
beim „Derby“. 650.000 Euro winkten dem Sieger des Rennens. Tausende | |
ZuschauerInnen kamen und konnten an den Wettkassen auf die Pferde wetten. | |
Allerdings gibt es unter TiermedizinerInnen keine einheitliche Meinung zum | |
Pferdesport. Der Pferdemediziner Dr. Klaus Weigand zum Beispiel verteidigt | |
das Derby. Aus medizinischer Sicht sei frühes Training der Pferde durchaus | |
sinnvoll: „Muskulatur und Sehnen können gestärkt werden, das ist gut für | |
ein Pferd“, sagt Weigand. Zudem verhindere die professionelle Pferdezucht | |
Fehlbildungen und Krankheiten. „Hobbypferde sind häufig anfälliger für | |
Krankheiten, weil die Pflege nicht so umfangreich ist wie bei | |
Turnierpferden“, sagt er. | |
Auch Tibor Ferencz, Sprecher der Gesellschaft für Pferdemedizin, hält den | |
Pferderennsport zumindest nicht grundsätzlich für Tierquälerei: „Hier in | |
Deutschland existieren Pferde genauso wie Katzen oder Hunde nur noch, weil | |
sie eine menschliche Freizeitgestaltung sind.“ Ausreichende Naturflächen, | |
in denen Pferde leben könnten, gebe es nicht mehr. Von diesem Standpunkt | |
aus komme es auf eine strenge Überwachung des Umgangs mit den Tieren an. | |
„Es gibt eben auch Tricks von schwarzen Schafen“, sagt Ferencz. Manche | |
Reiter und Trainer – „und auch Tiermediziner“, so Ferencz – würden die | |
Regeln des Tierschutzes überschreiten. Die Turniertierärzte seien deshalb | |
nicht nur während des Rennens zu aufmerksamer Überwachung aufgefordert, | |
sondern sollen Verstöße gegen tierrechtliche Bestimmungen konsequent | |
ahnden. Denn: „Das Wohl des Tieres muss immer im Mittelpunkt stehen.“ | |
Gerade das sieht aber die Tierschutzorganisation Peta bei Pferderennen | |
nicht gegeben. Bei Galopprennen dürfen Jockeys den Pferden fünf | |
Peitschenhiebe versetzen. German Racing, der Dachverband für | |
Galopprennsport, betont in seiner Rennordnung, dass „ein reines | |
Draufschlagen, das mit Schmerzen verbunden wäre“, verboten sei. | |
Peter Höffken, Zoologe und Fachreferent bei Peta, widerspricht dieser | |
Darstellung: Jeder Peitschenhieb, egal wir kräftig, sei mit Schmerz | |
verbunden. „Sie führen dazu, dass die Pferde regelrecht aus Schmerz und | |
Furcht um ihr Leben rennen. Keines der Tiere würde freiwillig diese | |
unnatürlichen Höchstleistungen vollbringen“, sagt Höffken. Auch der | |
Tiermediziner Dr. Maximilian Pick sagt: „Neben dem körperlichen Schmerz | |
erzeugt die Peitsche so etwas wie Psychoterror.“ Dies könne bei Pferden zu | |
Panikattacken führen. | |
Bereits seit drei Jahren protestiert der Hamburger Tierschutzverein am | |
Derbytag vor der Rennbahn. „2013 gab es bei einem Hürdenrennen während der | |
Derby-Woche in Hamburg einen schweren Unfall, bei dem zwei Pferde starben | |
und drei Jockeys verletzt wurden“, sagt Krause, „und das passiert alles | |
nur, damit einige Leute einen spaßigen Tag verbringen können“. Laut Peta | |
sterben jedes Jahr dutzende Pferde noch am Veranstaltungsort. | |
10 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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