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# taz.de -- Doping im Pferdesport: Spirit mit Extra-Sprit
> Ein Außenseiter gewinnt das Kentucky Derby der dreijährigen Galopper,
> wird dann aber mit einer Schummelsubstanz erwischt.
Bild: Schneller als ein Moped: der Hengst Medina Spirit unter Doping-Verdacht
Medina Spirit ist ein Wunderläufer. Der [1][schwarze Hengst] ist schneller
als ein Moped. Und ein Schnäppchen war der heute dreijährige Vierbeiner
obendrein. Als Einjähriger kostete der Vollblüter nur 1.000 Dollar. Sein
jetziger Besitzer, der saudische Geschäftsmann Amr Zedan, kaufte ihn für
35.000 Dollar. Das war vordergründig eine gute Entscheidung, denn das Pferd
erlief in seiner noch jungen Karriere schon über zwei Millionen Dollar.
Zuletzt siegte der 12:1-Tipp beim überaus prestigeträchtigen Kentucky
Derby, wofür ein Scheck im Wert von 1,86 Millionen Dollar an den
Zedan-Rennstall unter der Leitung des Trainers Bob Baffert ging.
Dieser Sieg wird der Entourage nun aber wohl aberkannt, denn in einem
ersten Test wurde eine verbotene Substanz im Blut des Pferdes entdeckt:
Betamethason. Das ist ein Kortikosteroid. Es wirkt entzündungshemmend. Das
Medikament unterdrückt den Schmerz in den Gelenken, was nicht nur
Rennpferde belastbarer macht, sondern auch Radler auf großen Rundfahrten.
Seit Jahrzehnten wird auch bei Pferden therapiert, was der
Medikamentenschrank hergibt: Mal sind es Beruhigungsmittel, die verabreicht
werden, mal Aufputsch- und Asthmamittel – oder eben die beliebten
Entzündungshemmer.
Baffert scheint sich mit derlei Kuren auszukennen, auch wenn er jetzt in
die Rolle des Unschuldslamms schlüpft und sogar böse Mächte am Werk wähnt.
[2][Baffert, der bekannteste Pferdecoach in den Staaten], eine Art Pep
Guardiola des Rennsports, gilt als Legende. Mit dem Sieg von Medina Spirit
am 1. Mai gewann der 68-Jährige sein siebtes Kentucky Derby und übertraf
damit den Rekord von Ben Jones, der zwischen 1938 und 1952 etliche Trophäen
sammelte.
## Historie des Betrugs
Baffert, der ein Gestüt in Churchill Downs in Louiseville/Kentucky führt,
sagte in einer Pressekonferenz vor seinen Stallungen: „Ich war total
schockiert, als ich diese Nachricht hörte. Es mag Probleme im Rennsport
geben, aber es ist nicht Bob Baffert.“ Wirklich? In den vergangenen vier
Jahrzehnten sind Bafferts Pferde durch 30 Drogentests gerasselt, auch im
letzten Jahr erwischte es ein paar Gäule, etwa Gamine mit einem
Entzündungshemmer. Baffert kam bisher immer recht glimpflich davon.
Strafen wurden zumeist in Geldbußen im vierstelligen Dollar-Bereich
umgewandelt, was vielleicht auch am unübersichtlichen Sanktionssystem in
den USA gelegen hat. Jene 38 Staaten, in denen Pferderennen ausgetragen
werden und die den Medikamentenmissbrauch kontrollieren, greifen auf
unterschiedliche Regularien zurück, doch eine Vereinheitlichung wurde
jüngst vom US-Senat unter dem Punkt „Horseracing Integrity and Safety“
beschlossen.
„Ich habe keine Ahnung, woher es kommt. Wir können nicht glauben, dass es
dort drin ist“, kommentierte Baffert den Dopingfund im Pferd und deutete
an, dass es Neider gebe, die ihm Böses wollten. Neidhammel gibt es gewiss
einige, denn der Pferdeflüsterer hat es immerhin geschafft, zwei seiner
Pferde zum Gewinn der Triple Crown zu bringen: 2015 American Pharoah und
2018 Justify.
Die Triple Crown darf sich aufsetzen, wer mit ein und demselben Pferd die
drei wichtigsten Galopprennen in den USA gewonen hat, also das Kentucky
Derby, Belmont Stakes und Preakness Stakes; letzteres steht jetzt am
Wochenende an. Ob Medina Sprit daran teilnehmen kann, hängt vom Ergebnis
der B-Probe ab – oder deren Interpretation durch die Kontrolleure. Schafft
es Baffert erneut, mit einem blauen Auge davonzukommen oder ist man
angesichts der Häufung der Vergehen geneigt, ein Exempel zu statuieren?
Eine deutliche Reaktion wäre vonnöten, um zu signalisieren, dass der
Tierschutz über dem Ehrgeiz der Eigner steht.
Dass es im Pferdesport ein systemisches Dopingproblem gibt, darauf verweist
auch der Fall des [3][Muhammad Al Maktum] aus Dubai. 2013 entdeckten
britische Zollbehörden am Flughafen London Stansted illegale Substanzen für
den Reitsport in einem Flugzeug aus Dubai. 18 Rennpferde in den britischen
Stallungen von Al Maktum wurden positiv auf verbotene Steroide getestet.
Medina Spirit ist nicht allein.
12 May 2021
## LINKS
[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Medina_Spirit
[2] https://www.nytimes.com/2021/05/09/sports/horse-racing/bob-baffert-kentucky…
[3] https://www.theguardian.com/sport/2014/jan/13/sheikh-mohammed-godolphin-dop…
## AUTOREN
Markus Völker
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