# taz.de -- Islamistischer Mordanschlag: Es braucht einen Aufschrei | |
> Die grausame Tat richtete sich gegen einen Mann, der die Werte | |
> Frankreichs verteidigte. Das Land darf sich nicht einschüchtern lassen. | |
Bild: PolitikerInnen gedenken in Lille dem ermordeten Lehrer | |
Es scheint, als habe [1][der Prozess wegen des Anschlags auf Charlie Hebdo] | |
die Schleusen des Horrors geöffnet. Das Gerichtsverfahren, das Anfang | |
September begann, wird seitdem von Gewalt und Einschüchterungen begleitet. | |
Die Personalchefin der Satirezeitung musste überstürzt ihre Wohnung | |
verlassen, weil ihr Leben in Gefahr war. Vor drei Wochen [2][verletzte ein | |
25-jähriger Pakistaner mit einem Hackebeil] vor dem ehemaligen | |
Redaktionsgebäude zwei Menschen schwer. | |
Und am Freitag enthauptete ein 18-jähriger Islamist in | |
Conflans-Sainte-Honorine, einem ruhigen Vorort von Paris, [3][einen | |
Geschichtslehrer auf offener Straße]. Es waren die Mohammed-Karikaturen, | |
die die brutalen Reaktionen auslösten. Zeichnungen, mit denen sich die | |
Redaktion von Charlie Hebdo über den Propheten lustig machte. So, wie sie | |
es auch mit dem Papst tat oder mit dem französischen Präsidenten. | |
Karikaturen, so geschmacklos sie manchmal sind, gehören zur | |
Meinungsfreiheit, die als höchstes Gut gegen religiöse Eiferer, egal woher | |
sie kommen, geschützt werden muss. Der ermordete Lehrer wollte genau das | |
seinen Schülern vermitteln. | |
Im Gegensatz zu Kollegen, die sich nicht mehr trauen, den Holocaust oder | |
den Darwinismus durchzunehmen, ging er mit dem Thema Meinungsfreiheit mutig | |
um – und er bezahlte mit dem Leben dafür. Die Barbarei richtete sich gegen | |
einen Mann, der im Klassenzimmer seine Aufgabe erfüllte und die Werte der | |
Republik verteidigte; die Freiheit an erster Stelle. | |
[4][Wie schlecht es um sie in Frankreich bestellt ist], zeigt ein offener | |
Brief, den Ende September mehr als hundert Medien in großer Einigkeit | |
unterzeichneten. Unabhängig von Glaube oder politischer Überzeugung müsse | |
sich das Land gegen die Feinde der Freiheit stemmen, forderten die | |
Verfasser. „Wir brauchen euch. Eure Mobilisierung“, appellierten sie | |
beinahe verzweifelt an ihre Landsleute. | |
## Radikale Auswüchse einer Religion | |
Wer damals nicht reagierte, sollte es heute nach dem Anschlag von | |
Conflans-Sainte-Honorine tun. Es braucht einen Aufschrei – so [5][wie nach | |
dem Attentat auf Charlie Hebdo] und den jüdischen Supermarkt im Januar | |
2015, als Millionen Menschen für die Meinungsfreiheit auf die Straße gingen | |
und als in vielen Redaktionen, Büros und Wohnungen der Slogan „Ich bin | |
Charlie“ hing. | |
Es muss klar werden, dass die Französinnen und Franzosen sich nicht den | |
Mund verbieten lassen, dass im Land der Aufklärung jeder das Recht hat, | |
sich gegen die radikalen Auswüchse einer Religion zu stellen, die Muslime | |
wie der Rektor der großen Moschee von Paris selbst so benennen. Die | |
grausame Tat darf nicht zu Selbstzensur führen. Sie erfordert eine mutige | |
Antwort. Das ist das Land dem ermordeten Lehrer schuldig. | |
18 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christine Longin | |
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