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# taz.de -- Nach Äußerungen von Erdoğan: Macron zieht Botschafter ab
> Nach einem verbalen Angriff des türkischen Präsidenten, zieht Frankreich
> Konsequenzen. Die Spannungen verschärfen sich.
Bild: Nicht die besten Freunde: Erdoğan und Macron bei der Berliner Libyen-Kon…
Paris taz | Die verbale Eskalation zwischen dem französischen und dem
türkischen Staatschef geht weiter. Am Samstag wurde der französische
Botschafter in Ankara zu Beratungen mit Emmanuel Macron zurückgerufen.
Damit solle ein „sehr starkes Signal“ an Ankara gesendet werden, verlautete
aus Macrons Umfeld.
Anlass der Auseinandersetzung sind indirekt die Mohammed-Karikaturen, die
der [1][von islamistischen Terroristen ermordete Lehrer Samuel Paty] seinen
Schülerinnen und Schülern gezeigt hatte. Dass sich Staatspräsident Macron
bei einer nationalen Gedenkveranstaltung am Mittwoch, den 21. Oktober
erneut hinter das Recht gestellt hat, in Frankreich solche Zeichnungen zu
publizieren oder auch im Unterricht zu zeigen, veranlasste seinen
türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdoğan zur Bemerkung, Macron solle
sich „wegen seines geistigen Gesundheitszustands untersuchen lassen“.
Die französische Staatspräsidentschaft hat dies umgehend als „inakzeptabel�…
zurückgewiesen und ebenso feindselig erwidert: „Die Beschimpfung und
Geschmacklosigkeit sind keine Methode. Wir erwarten von Erdoğan, dass er
seinen politischen Kurs ändert, der in jeder Hinsicht gefährlich ist. Wir
wollen nicht unnötige Polemiken fortsetzen und antworten nicht auf
Beleidigungen.“
Erdoğan reagierte mit der persönlichen Attacke nicht nur auf Macrons
Äußerungen bei der Gedenkfeier in der vergangenen Woche, sondern auch auf
eine zwei Wochen vorher gehaltene Rede, in der der französische Präsident
den „Separatismus“ gewisser extremer muslimischer Strömungen verurteilt und
eine Integration des Islam in die weltliche Republik gefordert hatte. Für
Erdoğan ist dies eine Form der Diskriminierung und Beeinträchtigung der
Glaubensfreiheit: „Damit werden Millionen von Mitgliedern religiöser
Gemeinschaften auf unterschiedliche Weise behandelt.“
## Zwist bei internationalen Konflikten
Erdoğan hatte die mentale Gesundheit des französischen Präsidenten bereits
vor einem Jahr in Zweifel gezogen. Nachdem Macron der Nato – der sowohl
Frankreich als auch die Türkei angehören – [2][den „Hirntod“ bescheinigt
hatte], konterte Erdoğan mit der Aufforderung, der französische Staatschef
solle „seinen eigenen Hirntod“ untersuchen lassen.
Erdoğan gießt mit seinen giftigen Bemerkungen und dem persönlichen Angriff
auf Macron Öl ins Feuer einer seit mehreren Monaten bedrohlich wachsenden
Spannung zwischen Paris und Ankara im Mittelmeerraum. Dabei geht es um den
[3][griechisch-türkischen Konflikt um Gasvorkommen], in dem Frankreich klar
gegen die türkischen Ansprüche Stellung genommen hat, aber auch um die
Krise in Libyen und die kriegerischen [4][Auseinandersetzungen zwischen
Armenien und Aserbaidschan um Berg-Karabach].
## Islamische Welt boykottiert Frankreich
Die Polemik um die Mohammed-Karikaturen liefert Erdoğan einen zusätzlichen
Vorwand, um in diesem Streit andere muslimische Staaten zur Solidarität
gegen Frankreich aufzurufen.
Da Macron explizit erklärt hat, ein Verbot oder eine Verurteilung solcher
von Muslimen als blasphemisch betrachteten Karikaturen komme nicht infrage,
werden seit Samstag in mehreren Ländern der Golfregion und in der Türkei
einem Boykottappell folgend französische Produkte aus den Auslagen von
Geschäften und Supermärkten entfernt.
Betroffen davon sind nach Angaben französischer Journalisten vor allem
Lebensmittel wie Käse. Vor der Residenz des französischen Botschafters in
Israel demonstrierten am Samstagabend rund 200 Menschen gegen Macron. Im
Gazastreifen verbrannten Protestierende Fotos des französischen
Präsidenten.
In Kuwait hätten zudem Reisegesellschaften die Buchung von Flügen nach
Frankreich eingestellt. In Frankreich werden die antifranzösischen
Boykottappelle sehr ernst genommen, weil insbesondere die Emirate und
Saudi-Arabien wichtige Kunden der französischen Industrie sind. (mit afp)
25 Oct 2020
## LINKS
[1] /Trauer-um-ermordeten-Lehrer-bei-Paris/!5720050
[2] /Nato-Gipfel-in-Grossbritannien/!5643794
[3] /Konflikt-um-Gasbohrungen-im-Mittelmeer/!5706968
[4] /Waffenstillstand-in-Berg-Karabach/!5717356
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Frankreich
Emmanuel Macron
Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Islamismus
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Schwerpunkt Islamistischer Terror
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