| # taz.de -- Integration von geflüchteten Kindern: Sprachförderung ist der Kna… | |
| > Wie gut gelingt die Integration von seit 2015 in Deutschland lebenden | |
| > Geflüchteten? Nun liegen erste Ergebnisse einer Langzeitstudie vor. | |
| Bild: Gummistiefel in Kita | |
| Berlin taz | „Wir schaffen das“, meinte Angela Merkel im Sommer 2015 auf | |
| dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung nach Deutschland. Zwischen 2015 und | |
| 2017 stellten über eine Million Menschen erstmalig einen Antrag auf Asyl in | |
| Deutschland, darunter fast eine halbe Million Minderjährige. Wie gut | |
| Deutschland es tatsächlich schafft, diese Kinder und Jugendlichen ins | |
| hiesige Bildungssystem zu integrieren, untersucht seit 2017 eine auf fünf | |
| Jahre angelegte Langzeitstudie namens ReGES (Refugees in the German | |
| Educational System). Erste Ergebnisse aus dem Jahr 2018 stellten das | |
| finanzierende Bundesbildungsministerium und die beauftragten | |
| Wissenschaftlerinnen des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe am Freitag | |
| vor. | |
| Erfreulich ist, dass 80 Prozent der über vierjährigen Kinder zu diesem | |
| Zeitpunkt eine Kita besuchten. „Wir sind von wesentlich weniger Kitakindern | |
| ausgegangen“, meinte Jutta von Maurice vom Leibniz-Institut. Ist doch der | |
| Kitabesuch freiwillig. Als Hauptgrund dafür, dass sie ihre Kinder in eine | |
| Kita schickten, nannten die Eltern den Kontakt zur deutschen Sprache. Die | |
| in den Einrichtungen befragten Erzieher:innen waren zu über 90 Prozent | |
| der Ansicht, dass die Integration gut gelinge. | |
| Bedenklich ist allerdings, dass zwei Drittel der Eltern, deren Kinder keine | |
| Kita besuchten, angaben, sie hätten keinen Platz gefunden. Nicht einmal ein | |
| Zehntel gab kulturelle oder religiöse Werte an. | |
| Die in der Studie befragten Jugendlichen im Alter von 14 bis 16 Jahren | |
| besuchten dank Schulpflicht alle eine Schule. In der Mehrzahl lernten sie | |
| in Regelkassen zusammen mit deutschen Mitschüler:innen, zumeist an Haupt-, | |
| Real- und Gesamtschulen. Ein Drittel von ihnen wurde in sogenannten | |
| Zuwandererklassen, in denen ausschließlich Geflüchtete lernen, beschult. | |
| Nur die Hälfte der Jugendlichen im Alter von 15 Jahren lernte dabei ihrem | |
| Alter entsprechend in Klasse 9, vierzig Prozent besuchte eine oder sogar | |
| zwei Klassen darunter. | |
| ## Nicht mal die Hälfte kann Zeitung lesen | |
| Dabei waren über 90 Prozent der befragten Jugendlichen vor ihrer Flucht zur | |
| Schule gegangen. Der Besuch war allerdings für die meisten während der | |
| Flucht unterbrochen, und auch nach der Ankunft in Deutschland dauerte es | |
| durchschnittlich 7 Monate, bis sie wieder zur Schule gingen. | |
| Ihre Deutschkenntnisse schätzten die Jugendlichen zu 90 Prozent als gut bis | |
| sehr gut ein, vor allem das Verstehen und Sprechen. Für die Kitakinder | |
| antworteten rund 70 Prozent der Eltern, ihre Kinder verstünden und sprächen | |
| gut oder sehr gut Deutsch. | |
| Doch schaut man ins Detail, wird das Bild schattiger. So konnten nur 45 | |
| Prozent der Jugendlichen nach eigenen Angaben einen einfachen | |
| Zeitungsartikel verstehen, nicht einmal 20 Prozent konnten Literatur- und | |
| Sachbücher lesen und jeder sechste anspruchsvolle Texte schreiben. „Wir | |
| haben bei weitem noch nicht das Niveau der deutschen Schüler:innen | |
| erreicht“, meint Wissenschaftlerin von Maurice. | |
| ## Fehlende Förderangebote | |
| Sie sieht vor allem Bedarf in der Sprachförderung. Ein großer Teil der | |
| Geflüchteten hätten hohe Bildungsaspirationen und wolle studieren: „Da geht | |
| es ohne besondere Angebote in punkto Bildungssprache nicht.“ | |
| Doch genau an diesen Angeboten mangelt es. Nur ein Drittel der Kinder und | |
| Jugendlichen nahm an ihren Kitas und Schulen an Angeboten zur gezielten | |
| Sprachförderung teil. Von den Lehrer:innen besuchte ebenfalls nur ein | |
| Drittel spezielle Fortbildungen zur Sprachförderung. „Die Studie zeigt: Wir | |
| müssen uns um das Thema kümmern“, so Staatsekretär Christian Luft vom BMBF. | |
| Für die Langzeiterhebung ReGES befragten die Wissenschaftler:innen | |
| jeweils rund 2.400 Kinder und Jugendliche sowie 3.300 Eltern in Bayern, | |
| Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Unbegleitete | |
| Minderjährige wurden nicht befragt. Fast drei Viertel der Befragten waren | |
| Geflüchtete aus Syrien, deren Asylantrag anerkannt wurde. Die Erhebung | |
| läuft noch bis Ende des Jahres, eine ReGES-Folgestudie ist bis 2026 | |
| geplant. | |
| 9 Jul 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
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