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# taz.de -- Impfstoff von AstraZeneca: Bei Risiken und Nebenwirkungen
> Die Entscheidung, den AstraZeneca-Impfstoff nur an Menschen über 60 zu
> verimpfen, sorgt für Unsicherheit. Die hielt beim letzten Mal nur kurz
> an.
Bild: Hoffentlich nur eine Momentaufnahme: ein leeres Impfzentrum in Erfurt Mit…
Fangen wir mit der oberflächlichsten Neuerung [1][rund um AstraZeneca] an:
Der Impfstoff des schwedisch-britischen Herstellers heißt künftig
Vaxzevria. Nein, das hat nichts damit zu tun, dass die Vakzine gerade nicht
die besten Schlagzeilen erzeugt. Die bisherige Bezeichnung (ChAdOx1 oder
auch AZD1222) war schlicht zu sperrig, ein Markenname stand noch aus.
Wesentlich mehr Aufmerksamkeit erregte jedenfalls die Entscheidung vom
Dienstagabend, den AstraZeneca-Impfstoff nur noch an Personen über 60 zu
verimpfen. Viele Fragen schließen sich nun an.
In den wenigen Wochen seit seiner Zulassung in Deutschland hat die
AstraZeneca-Vakzine bereits eine wechselhafte Nutzungsgeschichte hinter
sich. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte den Impfstoff zunächst nur
für Unter-65-Jährige empfohlen, weil Ältere in den Zulassungsstudien nicht
ausreichend vertreten gewesen seien. In Großbritannien hingegen kam der
Impfstoff von Beginn an ohne Altersbeschränkung zum Einsatz. Nachdem
Studien schließlich ausreichend belegten, dass die Vakzine gerade bei
Älteren gut wirkten, änderte auch die Stiko ihre Empfehlung und gab den
Impfstoff Anfang März für alle Altersgruppen frei.
Mitte März wurden mehrere Fälle der seltenen Sinusvenenthrombose im
Zusammenhang mit der Impfung bekannt. Mehrere europäische Länder, darunter
auch Deutschland, stoppten daraufhin als Vorsichtsmaßnahme die Impfung mit
dem AstraZeneca-Impfstoff. Die Europäische Arzneimittelbehörde kam
allerdings nach Prüfung der Daten zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zu
dem Zeitpunkt nicht belegt werden konnte und der Nutzen der Impfung das
Risiko weiterhin bei weitem überwiege. Am 18. März empfahl die Stiko den
Impfstoff erneut für alle Altersgruppen.
Nun sind aber seitdem weitere Fälle von Sinusvenenthrombosen aufgetreten.
Von 2,7 Millionen binnen 7 Wochen geimpften Personen waren 31 betroffen –
rund dreimal mehr, als in einem ganzen Jahr zu erwarten gewesen wäre. 29
von ihnen waren Frauen zwischen 20 und 63. Neun Personen verstarben.
## Was passiert mit AstraZeneca-Geimpften?
[2][Dass vor allem jüngere Frauen] von der Nebenwirkung betroffen sind,
könnte zum einen daran liegen, dass Sinusvenenthrombosen generell vor allem
bei Frauen und Jüngeren auftreten. Zum anderen wurde in Deutschland
aufgrund der zunächst geltenden Altersbeschränkung vermehrt in dieser
Gruppe mit dem Astrazeneca-Impfstoff geimpft. Ein Zusammenhang mit der
Impfung ist nicht mehr von der Hand zu weisen.
Der nun folgende [3][teilweise Impfstopp] ist im Grunde eine
Luxusentscheidung. Gäbe es nur diesen einen Impfstoff, so sagt es etwa der
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, würde man ihn vermutlich trotz der
schwerwiegenden, aber weiterhin extrem seltenen Nebenwirkungen weiter für
alle Altersgruppen empfehlen. Da aber andere Impfstoffe zur Verfügung
stehen, ist eine weitere Minimierung des Risikos für die Geimpften möglich.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) plädiert denn auch dafür, den
Impfstoff von AstraZeneca bei der Priorisierung freizugeben. Er habe
„insgesamt kein gutes Gefühl“ bei den Einschätzungen der Experten zu dies…
Impfstoff. Das gehe „hin und her“. Daher müsse man „irgendwann mit sehr
viel Freiheit operieren“ und sagen: „Wer will und wer sich’s traut, der
soll auch die Möglichkeit haben.“
Nicht nur für Skeptiker stellt sich die Frage, was nun passiert mit den
Millionen Menschen, die schon einmal mit AstraZeneca geimpft wurden.
Grundsätzlich kann die Zweitimpfung bis zu zwölf Wochen nach der ersten
erfolgen. Zudem ist die Schutzwirkung der AstraZeneca-Vakzine in der Regel
bereits nach der ersten Impfung sehr gut. Für die Geimpften besteht also
zunächst weder Anlass zur Sorge noch zur Eile. Die Stiko kündigte an, sie
werde dazu bis Ende April eine Empfehlung erarbeiten. Dann sollten auch
erste Studienergebnisse aus England zur Frage, ob gegebenenfalls
verschiedene Impfstoffe miteinander kombiniert werden können, vorliegen.
## Zweitimpfung mit Biontech-Vakzin?
Rolf Marschalek, Professor für Pharmazeutische Biologie an der
Goethe-Universität Frankfurt, ist sich bereits jetzt sicher, dass die Stiko
eine Zweitimpfung mit dem Vakzin von Biontech empfehlen wird. Alle
Impfstoffe produzieren im Prinzip das gleiche Antigen, daher sei es
„immunologisch völlig gleichwertig, welche Vakzine Sie den Leuten geben“,
so Marschalek.
Grundsätzlich bestehe für alle weiterhin die Möglichkeit, sich nach
ärztlicher Beratung für eine Zweitimpfung mit AstraZeneca zu entscheiden,
betonte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Gerade für Personen,
die bereits die erste Dosis AstraZeneca gut vertragen haben, gebe es
vermutlich kaum ein Risiko, sagt auch Marschalek.
Im Umgang mit dem Impfstoff hat Marschalek derweil noch einen anderen
Vorschlag: Durch die Reduzierung der Dosis könne man das Risiko der
schweren Nebenwirkungen möglicherweise reduzieren und zugleich die
Wirksamkeit erhöhen. Grundlage seiner Vermutung sind Daten aus der
Zulassungsstudie von AstraZeneca, in der aufgrund einer Panne ein Teil der
Proband*innen nur eine halbe und eine ganze Dosis statt zwei ganze Dosen
in Erst- und Zweitimpfung erhalten hatte.
Dabei zeigten sich in der Gruppe, die die geringere Dosis erhalten hatte,
eine höhere Wirksamkeit der Vakzine sowie weniger Nebenwirkungen. Der
positive Nebeneffekt einer Dosisreduktion wäre zudem: Es stünde mehr
Impfstoff zur Verfügung.
## Spahn rechnet nicht mit der Verzögerung
Doch wer will sich nach diesen vielen Negativschlagzeilen noch mit
AstraZeneca impfen lassen? Der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens schloss
nicht aus, dass Vertrauen verloren gegangen ist. Die Vorgänge könnten aber
auch das Gegenteil bewirkt haben. Schließlich habe die Kontrollfunktion des
Paul-Ehrlich-Instituts funktioniert. Spahn (CDU) jedenfalls bat alle über
60-Jährigen, das Impfangebot anzunehmen und damit Vorbild zu sein.
Er betonte noch einmal, dass AstraZeneca trotz allem ein sehr guter
Impfstoff sei. Ob sein Appell wirkt? Nach dem Impfstoff-Stopp vor zwei
Wochen hielt die Skepsis nicht lange an. Zumindest in den [4][Impfzentren
in Berlin] waren die meisten Impftermine auch mit dem Vakzin von
AstraZeneca zu Beginn der Woche allesamt wieder belegt.
Spahn rechnet denn auch nicht mit einer Verzögerung der Impfkampagne. Stand
22. März haben die Hersteller fürs zweite Quartal rund 70 Millionen Dosen
zugesagt: 40,2 Millionen sollen von Biontech/Pfizer kommen, 6,4 Millionen
von Moderna, rund 10 Millionen von Johnson & Johnson. 12 bis 15 Millionen
hat AstraZeneca zugesagt.
Selbst wenn Impfwillige das Vakzin von AstraZeneca in großer Zahl
verweigern, dürfte der Zeitplan der Bundesregierung, bis September jedem
Bundesbürger ein Impfangebot gemacht zu haben, klappen. Vor zwei Wochen
wusste sie noch gar nicht, ob Johnson & Johnson im zweiten Quartal
überhaupt liefern wird. Allein das würde den Ausfall von AstraZeneca mehr
als wettmachen.
Lauterbach plädiert dafür, im zweiten Quartal erst mal nur eine Dosis zu
geben. Die zweite Impfung könne man ins dritte Quartal schieben. Auf diese
Weise wäre bis Ende Juni jeder Impfwillige in Deutschland mindestens einmal
geimpft. Die zweite Dosis könne auf das dritte Quartal verschoben werden.
Die Erstimpfung verhindere bereits fast immer Todesfälle und
Krankenhaus-Einweisungen, lautet seine Begründung. Und darauf komme es
schließlich an.
31 Mar 2021
## LINKS
[1] /AstraZeneca/!t5759539
[2] /Vereinzelt-auftretende-Thrombosen/!5763712
[3] http://AstraZeneca-Impfungen%20U60%20gestoppt
[4] /Im-Impfzentrum/!5761225
## AUTOREN
Manuela Heim
Felix Lee
Alena Weil
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