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# taz.de -- Hörspiel „Arabische Apokalypse“: Die Korona des Krieges
> Aus Etel Adnans Gedichtzyklus „Arabische Apokalypse“ ist ein Hörspiel
> geworden. Es befasst sich mit 15 Jahren Bürgerkrieg im Libanon.
Bild: Man kann wieder feiern, doch die Wunden sind geblieben: Jahreswechsel in …
Über 15 Jahre hat der Bürgerkrieg im Libanon gedauert. Der gewaltsame
Konflikt zwischen maronitischen Christen, schiitischen Muslimen, der aus
Jordanien vertriebenen PLO und den angrenzenden Staaten Israel sowie Syrien
forderte von 1975 bis 1991 über 150.000 Menschenleben.
Zu einem grausamen Symbol der alltäglichen Gewalt wird im zweiten
Kriegsjahr das Massaker von Tel al-Zaatar. Monatelang wird ein
palästinesisches Flüchtlingslager im Nordosten Beiruts beschossen und
schließlich gestürmt.
Die 1925 in Beirut geborene Dichterin und Malerin Etel Adnan hat bald
danach versucht, das Grauen dieses Tages und des Krieges annähernd in Worte
zu fassen. Sie lebt heute in Kalifornien und Paris. Zudem reist sie nach
wie vor oft in den Libanon. 1980 erschien ihr französischer Gedichtzyklus
„Arabische Apokalypse“. Neun Jahre später übertrug sie ihn selbst in
Englische.
Erst 2012 ist er schließlich, übersetzt von Ulrike Stoltz, bei Suhrkamp auf
Deutsch erschienen. Ein langer Weg für ein – inhaltlich wie sprachlich –
gewaltiges Werk, das der Hessische Rundfunk und das Deutschlandradio Kultur
nun beeindruckend vertont haben. Letzterer sendet die gut einstündige
Produktion, die unterlegt ist mit beißenden Klängen des
Experimentalmusik-Duos „48nord“, am Neujahrstag um 18.30 Uhr.
## Allegorisch-elegisches Panorama
Das Hörspiel unternimmt nicht den Versuch einer Chronologie der
Geschehnisse. Die Gewalt, das Töten unterlaufen jedwedes Zeitgefühl des
lyrischen Ichs. Es ist im Zerfall begriffen, spiegelt sich in
Beschreibungen, surrealen Assoziationsketten und schlichten
Bestandsaufnahmen. Aus einer Stimme werden viele, die in der Adaption –
beim Zuhörer nachhallend – Tanja Seibt, Cristin König, Meriam Abbas und
Etel Adnan selbst übernehmen.
Die einzige Konstante aller Gedichte, welche in Gänze wie ein
allegorisch-elegisches Panorama des Schreckens unbarmherzig leuchten, ist
die Sonne. Sie illustriert das Unfassbare, „lenkt Licht in die
Katastrophe". Wie ein omnipräsentes, in vielen Farben brennendes Instrument
des Wahns thront sie über dem Morden und haftet doch allem an. Sie
„schleicht sich in Glycerinbehälter“. Sie „nimmt den Weg des Bösen“, …
„tätowiert mit Sünden“ und nistet sich „im Arm, im Anus, im Nacken“ e…
Die Korona des Krieges brandmarkt alles und jeden. Zwischen die
metaphorischen Strahlen mischen sich dennoch klare Bilder – mal im
Telegramm-Stil, mal als lyrische Reportage. Während die Städte „wie
Zwiebelschalen“ fallen, „Milizen in Whirlpools“ sitzen, Gewehre „in
Reisetaschen rosten“, weht ein bitter resümierendes Echo durch die Verse,
das punktgenau politische Dimensionen bloßlegt: „Die Araber sind unter der
Erde, die Amerikaner auf dem Mond“.
## Literarische Stimme der arabischen Welt
Frieden liegt nur in dem zynischen, platonischen Diktum des Todes selbst:
„Ein Mann starb in Beirut, eine Frau auch. Es ist Ihre erste ruhige Nacht
seit Langem.“
Das Hörspiel „Arabische Apokalypse“, ebenso wie seine Vorlage, kann und
muss erschreckend, bedrückend und verstörend wirken. Es ist ein ebenso
bild-, wort- und tongewaltiger Protest Etel Adnans, die schon lange als
wichtige literarische Stimme der arabischen Welt gilt, gegen das Vergessen.
Wer sich darauf einlässt, wird feststellen, das die Poesie deutlicher
nachwirkt als dies bilanzierende Nachrichten je könnten. Die bedrohliche
Aktualität der Gedichte zeigt sich in mehreren Anschlägen, die Beirut in
den letzten Wochen erschütterten. Die Angst vor einem neuen Bürgerkrieg
summt bereits ein kommendes Klagelied.
1 Jan 2014
## AUTOREN
Jan Scheper
## TAGS
Beirut
Libanon
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Kinderheim
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Schwerpunkt Syrien
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