# taz.de -- Hass im Internet: „Hate Speech bedroht die Demokratie“ | |
> Berlin muss sich mehr gegen Hassreden wappnen, sagt der rechtspolitische | |
> Sprecher der Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus, Sebastian | |
> Schlüsselburg. | |
Bild: Soll stärker verfolgt werden: Hass im Web. | |
taz: Herr Schlüsselburg, 600 Ermittlungsverfahren gab es in Berlin wegen | |
Hate Speech im Internet im Jahr 2015, etwa 900 im vergangenen Jahr – ist | |
das ein drängendes Thema? Was bringt eine parlamentarische Anfrage auf | |
Landesebene dazu? | |
Sebastian Schlüsselburg: Das ist bundesweit und damit auch in der | |
Bundeshauptstadt Berlin ein drängendes Thema. Die Fallzahlen nehmen zu, und | |
da uns ein Bundestagswahljahr bevorsteht, können wir davon ausgehen, dass | |
das so weitergeht. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat nicht umsonst | |
eine Task Force gegen Hassreden im Internet eingerichtet. Die Massivität, | |
mit der sich Hate Speech dort verbreitet, ist eine Bedrohung für unsere | |
Demokratie. Deshalb ist es sinnvoll, auch auf Landesebene zu gucken, wie | |
die Situation ist. | |
Der Anzahl der Ermittlungsverfahren stehen in Berlin nur 22 Verurteilungen | |
gegenüber – was sagt das aus? Reichen die gesetzlichen Mittel nicht? | |
Gerade in sozialen Medien ist Hate Speech oft schwer zu verfolgen. Deshalb | |
die große Diskrepanz zwischen Anzeigen und tatsächlichen Verurteilungen. Da | |
reicht das bestehende Recht tatsächlich nicht aus. | |
Was kann ein Bundesland aber auf rechtlicher Ebene tun – ist das nicht | |
Bundessache oder sogar auf internationaler Ebene zu regeln? | |
Zum einen kann das Land natürlich auf Bundesebene aktiv werden: So setzen | |
sich der Berliner Senat und der neue Justizsenator dort dafür ein, dass es | |
einen Auskunftsanspruch Betroffener und eine Auskunftsverpflichtung von | |
Netzunternehmen geben muss, die diese dazu zwingt, Auskünfte an | |
Strafverfolgungsbehörden zu erteilen. Aber das Land und seine Behörden | |
betreiben ja auch eigene Internetplattformen. Da ist das Land selbst | |
gefragt, gegen Hate Speech vorzugehen, und da passiert ja auch schon | |
einiges, wie aus der Antwort auf meine Anfrage hervorgeht. | |
Wie bewerten Sie die Maßnahmen, die der Senat diesbezüglich ergreift oder | |
fördert? | |
Ich bin damit ganz zufrieden! Der Senat tut da bereits eine ganze Menge: Es | |
gibt Sensibilisierungsmaßnahmen an Schulen, Handreichungen für Lehrende und | |
für Jugendliche; die mobile Beratung gegen Rechtsextremismus und die | |
Amadeu-Antonio-Stiftung machen Angebote. Justiz- und Bildungsverwaltung | |
arbeiten in diesem Bereich bereits gut zusammen. Da müssen wir gucken, was | |
wir da noch verbessern können. | |
Wo sehen Sie als rechtspolitischer Sprecher weiteren Handlungsbedarf? | |
Auch als Rechtspolitiker sage ich: Es handelt sich um ein Phänomen, auf das | |
nicht nur mit staatlichen oder hoheitlichen Instrumenten reagiert werden | |
kann. Jeder Einzelne muss gucken, was er tun kann, damit die demokratische | |
Streitkultur in diesem Land nicht verloren geht. Das Problembewusstsein ist | |
in Berlin vorhanden, Ideen sind auch da. Zudem verabschieden wir demnächst | |
einen Nachtragshaushalt, da kann man gucken, wie man bestehende Strukturen | |
besser unterstützen kann. | |
15 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
## TAGS | |
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