# taz.de -- Haasenburg überflüssig: Drei Jahre ohne Kinderknast | |
> Bremen hat die Pläne für ein geschlossenes Heim beerdigt, Hamburg nicht. | |
> Dabei geht es auch anders, wie Hamburgs Praxis seit dem Aus der | |
> Haasenburg-Heime zeigt | |
Bild: Wurde überflüssig: 2013 geschlossenes Haasenburg-Heim | |
Der Plan eines geschlossenen Heims von Bremen und Hamburg ist beerdigt. | |
Bremens Sozialsenatorin Anja Stahlmann (Die Grünen) erklärte, es gebe eine | |
neue Lage und damit keinen Bedarf. Denn es kämen weniger junge Flüchtlinge | |
in die Weser-Stadt, und von denen seien die wenigsten kriminell. | |
Hamburg hatte das Heim auf Bremer Gelände, dessen 32 Plätze es zur Hälfte | |
belegen wollte, eh nie für junge Flüchtlinge gedacht, sondern für | |
Hamburger. Reflexhaft reagierte die CDU. „Bremen lässt Hamburg im Regen | |
stehen“, skandaliserte deren Jugendpolitiker Philipp Heißner. Junge | |
Intensivtäter könnten weiter frei herumlaufen. Er erwarte, dass Rot-Grün | |
„umgehend“ eine Lösung finde. | |
In einer Kleinen Anfrage wollte Heißner wissen, für wie viele Kinder es | |
eine Genehmigung zur geschlossenen Unterbringung gibt, die wegen fehlender | |
Plätze nicht in einem anderen Bundesland untergebracht werden können. Und | |
wie viele Straftaten sie begangen haben. | |
Die Antwort überrascht. Es gibt einen Einzigen, der nicht geschlossenen | |
untergebracht werden kann und sich in einem anderen Haus befindet. Ein | |
zweiter ist im geschlossenen Heim. Die Frage nach Straftaten beantwortet | |
der Senat nicht, weil ein Datenabgleich zwischen Jugendamt und Polizei | |
nicht legal sei – eine Position, die der Datenschutzbeauftragte schon | |
länger vertritt. „Zwei frühere Anfragen waren entgegen der | |
Datenschutzvorschriften beantwortet worden“, sagt Behördensprecher Marcel | |
Schweitzer. | |
Auch aus dem nun veröffentlichten Bericht der „Hamburger | |
Aufsichtskommission“ für geschlossene Heime geht hervor, dass die Stadt | |
seit Schließung der Brandenburgischen Haasenburg Ende 2013, wo regelhaft 15 | |
Hamburger Kinder waren, fast gar nicht mehr geschlossen unterbringt, | |
höchstens immer nur ein Kind für ein paar Monate, dann wieder keines. | |
Das liegt auch daran, dass die Stadt für schwierige Fälle mit der | |
„Koordinierungsstelle individuelle Unterbringung“ des Paritätischen | |
Wohlfahrtsverbandes neue Wege geht. Seit 2014 hat diese Stelle, wo Träger, | |
Jugendamt und auch der Jugendliche selbst an einem Tisch sitzen, über 60 | |
Fälle bearbeitet und andere Lösungen als geschlossene Heime gefunden. | |
Das gelinge zum Beispiel bei Mädchen, die „sich durch ihren Lebensstil | |
selbst gefährden, indem sie Drogen konsumieren und auf der Straße leben“, | |
berichtet Leiterin Maren Peters. Anstatt diese Mädchen geschlossen | |
unterzubringen, begegne man ihnen „wertschätzend, um dann mit ihnen | |
gemeinsam eine Lebensperspektive aufzubauen“. Seit September steht Peters | |
mit Psychologin Benthe Untiedt eine zweite Kraft zur Seite. | |
Ihre Stelle beschäftige sich oft mit jungen Menschen, die schon viele | |
Maßnahmen hinter sich hätten und auch unter psychiatrischen Erkrankungen | |
litten, sagt Peters. Besonders bei jenen, die aggressives Verhalten | |
zeigten, sei es oft nicht möglich, sie in einer Gruppe unterzubringen. | |
Nötig für gute Lösungen sei neben Zeit und Vertrauen ein | |
„niedrigschwelliges Wohnangebot“ für Jugendliche, die auf der Straße lebt… | |
und keine pädagogische Hilfen annähmen, so Peters. Außerdem benötige | |
Hamburg eine Jugendhilfeeinrichtung, die eine psychiatrische Behandlung im | |
Haus anbietet. | |
„Da sind wir dran“, sagt Marcel Schweitzer von der Sozialbehörde. Dennoch | |
hält der Senat daran fest, dass ein eigenes geschlossene Heim nötig sei. | |
Die bisherigen Planungen für Bremen ließen sich „auf einen anderen Standort | |
übertragen“. | |
1 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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