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# taz.de -- Grünen-Kandidatin über Wahl in Görlitz: „Es braucht endlich ei…
> In Görlitz wäre fast ein AfDler Oberbürgermeister geworden.
> Grünen-Kandidatin Franziska Schubert sieht nun eine klare Aufgabe für die
> kommenden Jahre.
Bild: „Die soziale Frage ist in Görlitz sehr stark vernachlässigt worden“…
taz: Frau Schubert, im ersten Wahlgang vor drei Wochen erreichten Sie mit
knapp 28 Prozent der Stimmen Platz drei. Zugunsten des Zweitplatzierten
Octavian Ursu von der CDU zogen sie dann Ihre Kandidatur zurück. Wie
bewerten Sie [1][das Wahlergebnis]?
Franziska Schubert: Ich bin sehr erleichtert. Es ist natürlich recht knapp
gewesen und die 44,9 Prozent, die für AfD-Kandidaten Sebastian Wippel
abgegeben worden sind, sind eine Aufgabe, die ich ganz klar sehe für die
nächsten Jahre.
Görlitz hat eine feste AfD-Wählerschaft. Wie soll man damit umgehen?
Ich glaube, die Wege, die bisher gegangen wurden, sind vielleicht nicht
mehr angezeigt. Es sollte darum gehen zu gucken, welche neuen Formate
finden wir, welche Art der Ansprache finden wir. Und es braucht endlich ein
Kümmern um die Fragen und die Aufgaben, die es gibt.
Welche zum Beispiel?
Die soziale Frage ist in Görlitz – und in Ostdeutschland insgesamt – sehr
stark, auch im Landkreis, und die ist in der Landes- und Stadtpolitik stark
vernachlässig worden.
Woran liegt das?
Die sächsische CDU war noch nie gut darin, Sozialpolitik zu machen, und das
rächt sich irgendwann. Wenn wir uns um die soziale Frage nicht kümmern oder
um das Thema Jugend und Bildung, dann werden wir nicht weiterkommen.
Octavian Ursu hat nur siegen könne, weil Sie mit Ihrem Verzicht nach dem
ersten Wahlgang den Weg frei gemacht haben. Nun hat die
CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer [2][in einem Tweet] den
Erfolg für die Christdemokraten als „bürgerliche Kraft“ reklamiert. Wie
empfinden Sie das?
Ich habe bei mir gedacht: „So far away from here.“ Sie ist so weit weg.
Eigentlich wäre Demut angebracht. Das ist genau der Stil, der die Menschen
wütend macht. Es geht nur ums Thema Macht. Und genau das ist es eben, was
die Menschen nicht mehr sehen wollen und so unerträglich finden. Das ist in
Sachsen bei der CDU genauso, wie wir es auch auf Bundesebene sehen. Das
schadet auch ihren Leuten vor Ort ganz klar.
Was bedeutet das denn für das Verhältnis zwischen CDU und Grüne? Es könnte
passieren, dass die Sachsen-CDU nach den Landtagswahlen am 1. September auf
Bündnis 90/Die Grünen zugehen muss.
So wie die Sachsen-CDU sich im Moment benimmt, kann man mit ihr nicht
koalieren wollen. Das ist ganz klar. Außerdem reist Ministerpräsident
Michael Kretschmer durchs Land und behauptet immer, die Grünen sind die
Verhinderer und die Blockierer. Ich glaube, mit meiner Entscheidung, in
Görlitz nicht mehr in den zweiten Wahlgang zu gehen, habe ich einen
Gegenbeweis geliefert. Und den wird er nicht so ohne Weiteres entkräften
können. Wir Grünen machen unser Angebot, wir haben seit Jahren eine klare
Haltung in den Themen, die wir setzen, und ich glaube, da liegen wir gar
nicht so falsch, wenn wir uns die Wahlergebnisse auch in Sachsen angucken.
Michael Kretschmer hat erst heute wieder die Wichtigkeit ökologischer
Themen betont. Ist das ein Versuch, auf die Grünen zuzugehen?
Er ist halt wie ein Chamäleon, heute so, morgen so. Es ist schwer, ihn zu
fassen zu bekommen, auch für die Menschen. Ich weiß nicht, ob das ein
Versuch ist, auf die Grünen zuzugehen. Ich bin da mittlerweile sehr, sehr
vorsichtig geworden, was die Lernfähigkeit oder Beratungsfähigkeit der
sächsischen CDU angeht.
In Görlitz hat am Sonntag eine Art ganz große Koalition von CDU bis
Linkspartei den AfD-Kandidaten verhindert. Das war eine Bündnis gegen
etwas. Ist das eine Perspektive für die Zeit nach dem 1. September 2019?
Ich mache diese Gegenrhetorik nicht mit. Das ist nicht mein Stil. Meine
politischen Entscheidungen beruhen nie darauf, was ich verhindern möchte.
Mir geht es darum zu sagen, wofür ich stehe, was mein Angebot ist und was
ich mir für einen Politikstil vorstellen kann. Diese Gegenrhetorik – das
verhärtet die Fronten und das wird nicht das Zukunftsmodell sein.
Sondern?
Es geht darum, andere Formen zu finden, wie wir miteinander sprechen. Es
geht darum, in der Gesellschaft wieder einen Grundkonsens zu diskutieren,
wie wir miteinander leben, was Anstand ist, was Werte sind. Es geht darum,
Politik zurückzuholen in die Lebensrealität der Menschen. Da bin ich
wahrscheinlich sehr bodenständig. Ich denke, dass Sprache, also
Kommunikation, und der Bezug zum Leben Dinge sind, die in Sachsen ein Weg
sein können, um dieser Wut, dem Ärger, dem Trotz, auch ein Stück weit
Verunsicherung, etwas entgegenzusetzen. Es geht ja darum, ein anderes
Angebot zu machen.
17 Jun 2019
## LINKS
[1] /Kein-AfD-Buergermeister-in-Goerlitz/!5603184
[2] https://twitter.com/akk/status/1140345307626123274
## AUTOREN
Thomas Gerlach
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