# taz.de -- Grüne Leoparden-Witze: Lauter kleine Raubkätzchen | |
> Sie tragen Leopardenpulli im Bundestag oder posten Raubkatzen-Bildchen: | |
> Woher kommt die Tendenz bei Teilen der Grünen, Kampfpanzer zu | |
> verniedlichen? | |
Bild: Kam dann doch nicht im Leopardenkostüm: Annalena Baerbock beim Aachener … | |
Die Grünen haben Spaß am Leopard. Als sich Olaf Scholz im Januar zur | |
[1][Lieferung deutscher Kampfpanzer] an die Ukraine durchrang, jubelten | |
einige ihrer Abgeordneten auf Twitter mit Raubkatzen-Emojis. Die | |
Verteidigungspolitikerin Sara Nanni setzte sich in einem Pulli mit | |
Leoparden-Muster in den Bundestag. Und als Außenministerin Annalena | |
Baerbock jetzt in Aachen einen [2][Karnevalsorden] erhalten hat, scherzte | |
sie in ihrer Büttenrede, dass sie gerne im Leo-Kostüm gekommen wäre – dann | |
aber Probleme mit dem Kanzleramt bekommen hätte. Die Aufzeichnung lief am | |
Montagabend in der ARD. | |
Woher kommt dieser Trend in Teilen der Partei, den Kampfpanzer zur | |
Gag-Maschine zu machen? Wohlwollend betrachtet: Die Grünen sind der | |
ukrainischen Bevölkerung so zugewandt wie keine andere deutsche Partei. In | |
den sozialen Netzwerken haben sie gesehen, wie Ukrainer*innen dem Krieg | |
von Beginn an mit den Mitteln der Netzkultur begegnet sind, wie sie ihn als | |
Vorlage für Clips und Bildchen verwendet haben – zum Beispiel, indem sie | |
Aufnahmen explodierender russischer Panzer mit lustiger Musik hinterlegt | |
haben. | |
Dass direkt Betroffene auf diese Weise mit dem Krieg umgehen, ist | |
verständlich: Erstens dient Humor als Ventil. Er kann helfen, das | |
Unerträgliche halbwegs auszuhalten. Zweitens kann von Angegriffenen nicht | |
die Empathie verlangt werden, in einem sterbenden Angreifer neben allem | |
anderen auch noch einen sterbenden Menschen zu sehen – dessen Tod bei aller | |
militärischen Notwendigkeit und ethischen Legitimität eine Tragödie ist. | |
Die Deutschen dagegen sind nicht im Krieg, auch wenn es die Außenministerin | |
kürzlich im Europarat versehentlich so formulierte. Zwar waren die | |
vergangenen Monate auch für viele Deutsche belastend. Wer uneingeschränkte | |
Solidarität mit der Ukraine empfindet und dorthin viele Kontakte pflegt, | |
konnte das lange Zögern des Kanzlers bei Panzerlieferungen schwer ertragen. | |
Trotzdem kann von Deutschen anders als von Ukrainer*innen die Ambivalenz | |
erwartet werden, die anlässlich der Leopard-Lieferung ein anderer Grüner | |
formulierte: Die Entscheidung sei richtig, aber kein Grund zum Jubeln, | |
sagte [3][Robert Habeck im taz-Interview]. Jede Leichtigkeit sei fehl am | |
Platz. | |
Dabei geht es nicht ums Moralisieren oder um Geschmacksfragen. Das Sprechen | |
über den Krieg prägt das Denken über den Krieg und damit auch zukünftige | |
politische Entscheidungen. Lange beteuerten die Grünen, die beispiellosen | |
deutschen Waffenlieferungen fielen ihnen nicht leicht, seien im konkreten | |
Fall aber als notwendiges Übel unausweichlich. Das stimmt. | |
Aber werden Kriegswaffen in der öffentlichen Debatte nicht mehr als | |
Kriegswaffen benannt, sondern zu Raubkätzchen verniedlicht, verschiebt sich | |
etwas. Militärische Schritte werden so womöglich vom letzten Mittel zur | |
ersten Wahl. Selbst wenn das von Baerbock und Co. nicht beabsichtigt ist: | |
Es wäre fatal. | |
Korrekturhinweis: In einer früheren Version des Textes stand, die | |
Aufzeichnung aus Aachen sei am Montag zur Hauptsendezeit in der ARD | |
gelaufen. Tatsächlich war die Sendung zwar für 20:15 Uhr geplant. Wegen der | |
Berichterstattung über das Erdbeben in der Türkei wurde sie aber | |
kurzfristig auf den späten Abend verschoben. | |
7 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Panzerlieferungen-an-die-Ukraine/!5913649 | |
[2] https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/baerbock-aachen-orden-verleihung-… | |
[3] /Robert-Habeck-ueber-Klimapolitik-und-Krieg/!5908990 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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