# taz.de -- Gewalt gegen LGBTQ: Das 602. Massaker in den USA 2022 | |
> Viele Hassverbrechen mit Schusswaffen richten sich in den USA gegen | |
> Transgender. Rechte Hetze und die Untätigkeit der Regierung sind das | |
> Problem. | |
Bild: Trauer um die Ermordeten im Club Q von Colorado Springs am Tag nach dem M… | |
NEW YORK taz | „Trans Rechte sind Menschenrechte“, steht auf einem Zettel, | |
den jemand vor den Ort des Massakers in „Club Q“ in Colorado Springs in den | |
Schnee zwischen die Blumen und Kränze gelegt hat. In der Nacht zu Sonntag | |
ist ein mit einem halbautomatischen Gewehr und einer Pistole bewaffneter | |
junger Mann in den Club gekommen und hat fünf junge Leute erschossen. Mehr | |
als 25 andere verletzte er zum Teil schwer, bevor zwei Männer ihn | |
überwältigen konnten. Es war das 602. Massaker dieses Jahres in den USA. | |
Die Ermittlungen laufen auf Mord und auf ein mögliches Hassverbrechen. | |
SprecherInnen von LGBTQ-und Trans-Gruppen wollen nicht über die Motive des | |
Täters von Colorado Springs spekulieren. Aber sie weisen auf die weit | |
verbreitete Gewalt und politische Rhetorik gegen Transgender-Menschen hin. | |
Schon vor dem Massaker in Colorado Springs sind nach Angaben der Gruppe | |
Human Rights Campaign in diesem Jahr mindestens 32 [1][Transgender-Menschen | |
in den USA ermordet] worden. Die überwiegende Mehrheit von ihnen waren | |
Transgender-Frauen. | |
Im letzten Jahr hat die Menschenrechtsorganisation ACLU 57 Morde von | |
Transgender-Menschen erfasst. Die Dunkelziffer dieser Gewalttaten könnte | |
noch höher sein, weil die Polizei nicht alle Opfer mit ihrer korrekten | |
Genderzugehörigkeit erfasst. | |
## Gesetzentwürfe sollen Transgender-Rechte beschneiden | |
In den Parlamenten mehrerer Bundesstaaten quer durch die USA kommt hinzu, | |
dass konservative Politiker seit 2020 mehr als 100 Gesetzentwürfe vorgelegt | |
haben, die das Ziel haben, Rechte von Transgender-Menschen – unter anderem | |
an Schulen, in Sportclubs und im Militär – zu beschneiden. | |
Im gerade zurückliegenden Wahlkampf für die Midterms war das Versprechen | |
von Vorgehen gegen Transgender-Menschen landesweit ein zentrales Thema in | |
konservativen Kampagnen. | |
„Es gibt eine Menge Angriffe auf unsere Gemeinschaft. Eine Menge | |
Anti-LGBTQ-Rhetorik“, sagt Nadine Bridges, Chefin von „One Colorado“ in | |
einem Fernsehinterview nach dem Massaker. Und Sarah Kate Ellis, Präsidentin | |
der LGBTQ-Gruppe Glaad, spricht von der „höchsten Zahl von Hassverbrechen | |
seit zwölf Jahren“. | |
Sie macht „Anti-LGBTQ-Politiker“, soziale Medien, „die Hass verbreiten“, | |
und die „Untätigkeit“ der Regierung in Sachen Schusswaffenkontrolle | |
verantwortlich. | |
## Ein Veteran und Helfer verhinderten weitere Opfer | |
In der konservativen Stadt Colorado Springs, wo zahlreiche Militärs leben | |
und wo die rechte evangelikale Organisation „Focus on the Family“, die | |
gegen Homosexualität „als Sünde“ predigt, ihren Hauptsitz hat, war „Clu… | |
lange das einzige Lokal für die LGBTQ-Community. | |
In der Nacht zu Sonntag traten dort Drag-Queens auf. Es war der Vorabend | |
des Transgender-Gedenktags, an dem seit 1999 der zahlreichen Gewaltopfer | |
gedacht wird. | |
Nicht nur Mitglieder der LGBTQ-Community waren in den Club gekommen. Auch | |
Richard Fierro, seine Frau, seine Tochter und ihr Freund sowie mehrere | |
Freunde waren unter den Gästen. Als der schwer bewaffnete 22-jährige | |
Schütze in den Club kam und sofort das Feuer eröffnete, brachte ihn der | |
45-jährige Irak- und Afghanistan-Veteran Fierro zu Fall. Er entriss dem | |
jungen Mann die Schusswaffen und fixierte ihn, bis zur Ankunft der Polizei. | |
Mindestens ein weiterer Gast half dabei. Doch für den Freund von Fierros | |
Tochter kam das zu spät. Raymond Green Vance ist eines der fünf Todesopfer. | |
Der 22-jährige Tatverdächtige, der am Montag noch im Krankenhaus behandelt | |
wurde, war vor einigen Monaten wegen einer Bombendrohung festgenommen | |
worden. Aber das hinderte ihn nicht daran, schwere Waffen und Munition zu | |
erwerben. | |
## Seit dem Wochenende schon zwei neue Massaker | |
Laut Washington Post sollt der Tatverdächtige als Schulkind ein | |
Mobbingopfer gewesen sein. Vor mehreren Jahren änderte er seinen Namen. | |
Seit dem Massaker von Colorado Springs haben bereits mindestens zwei | |
weitere Massaker in den USA stattgefunden. Bis zum Montag, 21. November, | |
hat die Organisation Gun Violence Archive (GAV), die Schusswaffengewalt | |
erfasst, allein in diesem Jahr 39.482 Todesfälle durch Schusswaffen gezählt | |
– davon waren zwei Drittel Suizide. | |
US-AmerikanerInnen sind weltweit die am schwersten bewaffneten | |
ZivilistInnen. Seit Beginn der Pandemie ist die private Bewaffnung noch | |
schneller angestiegen. Laut GAV kommen auf die 332 Millionen | |
US-AmerikanerInnen gegenwärtig 393 Millionen Schusswaffen. Die Waffen von | |
Polizei- und Militär sind dabei nicht mitgezählt. | |
22 Nov 2022 | |
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[1] /Angriff-auf-Gay-Club-in-Orlando/!5312318 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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