# taz.de -- Gericht stoppt Hähnchenmastbetrieb: Vorerst einer weniger | |
> Das Oberverwaltungsgericht stoppt den Betrieb einer Hähnchenfarm im | |
> Oldenburger Land. Geklagt hatten der Nabu und ein lokales Bündnis. | |
Bild: In Amelhausen wird ein Stall dieser Art vermutlich bald leer stehen | |
GÖTTINGEN taz | Im Landkreis Oldenburg könnte es bald einen | |
Hähnchenmastbetrieb weniger geben. Das Niedersächsische | |
Oberverwaltungsgericht (OVG) hat den Weiterbetrieb der Anlage in Amelhausen | |
in der Gemeinde Großenkneten vorerst gestoppt. Allerdings gibt es noch mehr | |
als 100 andere Mastbetriebe im Landkreis. | |
Die Genehmigung für den betroffenen Betrieb wurde zu Unrecht erteilt, | |
stellten die Lüneburger Richter in einem Eilverfahren fest (Az.: 1 ME | |
65/18). Der Betrieb mit knapp 30.000 Mastplätzen steht nicht im | |
ausgewiesenen Gewerbegebiet der Gemeinde, sondern in einem ländlichen | |
Außenbereich nahe des benachbarten Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)Gebietes | |
Poggenpohlsmoor. Um dort zu bauen, braucht es eine besondere | |
landwirtschaftliche Privilegierung, die Gemeinde müsste wirtschaftlich | |
besonders auf den Betrieb angewiesen sein. Daran äußerten die Richter | |
jedoch in diesem Fall Zweifel. | |
Bauherr und Betreiber des Stalls, in dem Hähnchen bis zu einem Gewicht von | |
viereinhalb Pfund aufgemästet werden, ist der Kreislandwirt Jürgen Seeger. | |
Der Landkreis Oldenburg hatte bereits im September 2014 die Baugenehmigung | |
erteilt, der Bau selbst begann im Mai 2017. Über einen Widerspruch des | |
Umweltverbandes Nabu wurde zunächst nicht entschieden, die Naturschützer | |
zogen deshalb vor Gericht. Die Klage gegen den Landkreis Oldenburg wird vom | |
ortsansässigen Bündnis Mensch-Umwelt-Tier (MUT) unterstützt, das selbst | |
nicht klagebefugt ist. | |
Vor dem Verwaltungsgericht (VG) Oldenburg machten Nabu und MUT Verstöße | |
gegen das FFH- und Tierschutzrecht geltend. Der Landkreis habe mögliche | |
Auswirkungen der Fabrik auf die Umwelt nicht ausreichend geprüft. | |
Nach Angaben von MUT-Sprecher Uwe Behrens hat die Behörde lediglich eine | |
unzureichende Vorprüfung der Umweltbelastungen vorgenommen. Mögliche | |
Auswirkungen auf Flora und Fauna in dem benachbarten Naturschutzgebiet | |
seien vernachlässigt worden – vor allem mit Blick auf die in der Mastanlage | |
entstehenden Stickstoff- und Ammoniakemissionen. Pflanzen könnten nicht | |
unbegrenzte Mengen dieser Stoffe aufnehmen. Bei einer Überschreitung der | |
Verträglichkeitsschwelle sei eine Verdrängung bestimmter Arten anzunehmen. | |
Hinzu komme, dass die Vorbelastung des Poggenpohlsmoores durch die | |
Landwirtschaft ohnehin höher sei als für die geschützten Pflanzen | |
verträglich. | |
Dass viel Stickstoff in der Luft ist, stimmt nach Angaben des Kreisamtes | |
für Naturschutz und Landschaftspflege. Trotzdem bewegten sich die Werte | |
nach Ansicht des Landkreises noch im gesetzlichen Rahmen. Daher habe man | |
eine weitere Prüfung nicht für notwendig erachtet. | |
Im Eilverfahren wies das Oldenburger Gericht den Antrag auf Betriebsstopp | |
im April dieses Jahres ab. Die gegen den Beschluss vorgebrachte Beschwerde | |
der Umweltschützer beim OVG hatte aber Erfolg. Dem Lüneburger Urteil | |
zufolge beeinträchtigt schon die durch den Bau verursachte | |
Bodenversiegelung die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege | |
und führt damit zur Unzulässigkeit des Betriebs.„Konkret bedeutet das | |
Lüneburger Urteil, dass keine neuen Küken in die Mastanlage gebracht werden | |
dürfen“, sagte MUT-Sprecher Behrens gestern zur taz – die derzeit dort | |
gemästeten Tiere wären demnach die letzten. | |
## Der Landkreis Oldenburg schweigt | |
Zumindest gilt das vorläufig, denn zu Ende ist der Konflikt noch lange | |
nicht. Zunächst muss sich nun das VG Oldenburg im Hauptsacheverfahren | |
weiter mit dem Fall befassen. | |
Behrens ist zuversichtlich, dass es zugunsten des Umweltschutzes | |
entscheidet. „Die Oldenburger Richter werden die Position des OVG | |
berücksichtigen müssen“, sagt er. Mit dem Lüneburger Urteil in der Tasche | |
hoffen MUT und Nabu auch Pläne für andere gewerbliche Ställe im ländlichen | |
Außenbereich verhindern zu können. | |
Wie der Landkreis Oldenburg mit dem Richterspruch umgeht, blieb zunächst | |
offen: Die Pressestelle der Behörde ließ eine Bitte um Stellungnahme zu dem | |
Richterspruch bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet. | |
14 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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