# taz.de -- Geleakte Chatnachrichten bei Springer: Unser Trump | |
> Springer-Chef Mathias Döpfner verkörpert ein Großbürgertum im | |
> Verfallsstadium – noch dumpfer und bösartiger, als zu befürchten war. | |
Bild: Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender von Axel Springer | |
Wenn man die von der Zeit kolportierten [1][Chats und E-Mails von Mathias | |
Döpfner] liest, ist die größte Überraschung die Überraschungslosigkeit. Der | |
Springer-Chef denkt genau so, wie man es vermutet hatte – elitär und | |
ressentimentgeladen. Alles, was anders als der freie, individualistische, | |
neoliberale Westen ist, erscheint verachtenswert. „Fuck the intolerant | |
muslims und all das andere Gesochs“, heißt es. | |
Die Ostdeutschen seien allesamt „Faschos oder Kommunisten“. Kollektive | |
empfindet der distinguierte Großbürger als ästhetische Beleidigung. Die | |
ostdeutsche Masse ekelt ihn. Diese Phantasmen und brodelnden Vorurteile | |
verraten eine Herrenmenschenattitüde, die an finstere antidemokratische | |
Traditionen erinnert. Anderes siedelt nah an der AfD wie die stumpfsinnige | |
Beschönigung des Klimawandels. | |
Offenbar spülen die Kämpfe in der Ex-Führung des Springer-Verlags diese | |
Vertraulichkeiten an die Oberfläche. Es ist zwar grenzwertig, private Chats | |
zu veröffentlichen – hier aber dient es der Aufklärung. | |
Döpfner ist, dank des Wohlgefallens der Springer-Witwe, zum CEO eines | |
global einflussreichen Medienkonzerns aufgestiegen. In manchem erinnert er | |
an Trump: nicht so vulgär, aber ebenso beseelt von der Ideologie der | |
rechten US-Libertären, für die das Ich alles, die Gesellschaft nichts und | |
der Staat der Gegner ist. Mit Trump verbindet Döpfner auch, dass sein | |
größtes Talent ist, sich selbst für absolut großartig zu halten. | |
Friede Springer hat ihrem Protegé 2019 [2][Aktien im Wert von einer | |
Milliarde Euro geschenkt] – mit einem legalen Trick steuerfrei. Dass solche | |
Gaben am Fiskus vorbei möglich bleiben, dafür sorgt der FDP-Finanzminister, | |
dessen Partei von Bild auf Ansage des Verlegers publizistisch unterstützt | |
werden sollte. | |
## Das noble Selbstbild der BRD bekommt Kratzer | |
Würde das in einer politisch korrekten Comedyshow vorgetragen, man hielte | |
es für ein ödes Klischee. Aber es ist eben auch – wahr. Das noble | |
Selbstbild der Bundesrepublik als einer Vorzeigedemokratie bekommt da doch | |
ein paar Kratzer. Wenn man sich die destruktive Machtballung im Hause | |
Springer anschaut, erscheint die schläfrige Biederkeit der | |
Öffentlich-Rechtlichen in recht mildem Licht. | |
Am Ende bleiben „nur Kunst und Liebe“, so zitiert die Zeit den | |
Springer-Chef. Döpfner verkörpert eine Art Großbürgertum im | |
Verfallsstadium, noch dumpfer, hässlicher und bösartiger, als es zu | |
befürchten war. Die aggressive Verachtung des Kollektiven, das näselnd | |
Elitäre, das enthemmte Libertäre und die Gier nach Geld ergeben ein übel | |
riechendes Gebräu. | |
Gäbe es noch Restbestände von Anstand bei Springer, müsste der Verlag | |
diesen Chef sofort vor die Tür setzen. Damit ist nicht zu rechnen. Fallen | |
wird Döpfner nur, wenn die Gewinne ausbleiben. | |
14 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Enthuellung-ueber-Springer-Chef-Doepfner/!5924617 | |
[2] /Reform-der-Erbschaftssteuer/!5915432 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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