# taz.de -- Für Bremen zu teuer: Medizinstudium adé | |
> Die rot-grüne Koalition entscheidet sich gegen ein Medizin-Vollstudium | |
> und lässt die Umsetzung der klinischen Phase eines Medizinstudiums | |
> prüfen. | |
Bild: Aller Anfang ist schwer: Studierende im Trainingszentrum der Universität… | |
BREMEN taz | Ärzte, made in Bremen – diesem Ziel ist die Stadt am Mittwoch | |
einen kleinen Schritt näher gerückt: Bei einer gemeinsamen Sitzung | |
beschlossen Gesundheitsdeputation und Wissenschaftsausschuss, in einer | |
Studie zu prüfen, ob eine Medizinfakultät für Bremen machbar ist. | |
Was im ersten Moment klingt wie ein Erfolg für die CDU – die das Thema auf | |
die Tagesordnung setzen ließ – nahmen die Oppositionsparteien Linke, FDP | |
und CDU als Affront wahr: Erst kurz vor der Abstimmung hatten Grüne und SPD | |
mit ihrer Regierungsmehrheit die Beschlussvorlage geändert. Geprüft werden | |
soll jetzt ausschließlich, ob sich die klinische Phase eines | |
Medizinstudiums, nach dem Physikum im vierten Semester, in Bremen umsetzen | |
lässt. Die theoretische Möglichkeit auf ein Vollstudium ist damit vom | |
Tisch. | |
Wie teuer ein Studium tatsächlich für den Stadtstaat werden könnte, das | |
wusste keiner der Anwesenden genau. „Wir haben keine Ahnung vom | |
Medizinstudium“, gab Bremens Unirektor Bernd Scholz-Reiter offen zu. | |
Erfahrungswerte aus anderen Städten lassen aber Kosten von 50 bis 100 | |
Millionen Euro im Jahr vermuten. Für SPD und Grüne zu teuer, um es auch nur | |
in einer Studie zu erwägen. | |
Schon bis Ende August soll das Entwicklungskonzept vorliegen. Und falls es | |
positiv ausgeht, soll auch danach alles schnell gehen – das zumindest sieht | |
ein Meilensteinplan des Wissenschaftsausschusses vor: Schon im | |
Wintersemester 2022/23 sollen sich die ersten Medizinstudenten mit Physikum | |
immatrikulieren. | |
Die eher theoretisch orientierten ersten vier Semester müssten Studenten | |
zuvor anderswo belegt haben. Für solch ein Teilstudium bräuchte Bremen | |
daher Kooperationspartner, die den vorklinischen Teil der Ausbildung | |
übernehmen würden. Im Gespräch sind Göttingen, Oldenburg, das seinen noch | |
recht jungen Medizinstudiengang gerade stark vergrößert – und als | |
internationaler Kooperationspartner auch Lund in Schweden. | |
Doch ob ein solches Teilstudium überhaupt eingeführt werden dürfte, ist gar | |
nicht klar. Bremens Unirektor Bernd Scholz-Reiter wies darauf hin, das ein | |
Medizinstudium sich am neuen Masterplan der Kulturministerkonferenz | |
orientieren muss. Der sieht vor, dass die wissenschaftliche Erkenntnis und | |
die praktische Erfahrung als Arzt in Zukunft noch stärker kombiniert werden | |
– ein Teilstudium, so Scholz-Reiter, könne diesen Anspruch nicht erfüllen, | |
da Theorie und Praxis auf diese Art sogar geografisch auseinandergezerrt | |
würden. Das Konzept ist damit eigentlich schon veraltet, bevor es überhaupt | |
geprüft wurde. | |
## Fehlende Forschungsziele | |
Schwierig könnte bei einem Teilstudiengang auch der fehlende Fokus auf die | |
Forschung sein. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Studiengang ohne | |
Forschungsziele in Deutschland akkreditiert würde“, so Scholz-Reiter | |
Eigentlich, so gab der Universitätsrektor zudem zu bedenken, stünde vor der | |
Untersuchung der Machbarkeit auch noch eine weitere Untersuchung an: die | |
nach dem Sinn eines Medizinstudiengangs. | |
Schon jetzt begleiten Bremer Kliniken Studenten in ihrem praktischen Jahr. | |
Walter Klingelhöfer, Geschäftsführer des Rote-Kreuz-Krankenhauses, verwies | |
darauf, dass auch Lebensqualität die jungen ÄrztInnen in die Region ziehen | |
kann. „Bei allem Respekt für Bielefeld – aber Bremen ist eine andere Liga�… | |
gab er zu bedenken. Er plädierte eher für attraktive Arbeitsbedingungen an | |
den Kliniken als für einen teuren Studiengang. | |
## What about Physical Assistants? | |
Andere Statements gingen in eine ähnliche Richtung: „Die Frage danach, was | |
Bremen für die Gesundheitsvorsorge leisten muss, ist vielschichtiger als | |
die Frage nach einer Medizinfakultät“, mahnte Hochschulrektorin Luckey. | |
Als Vertreterin der HSB, die sich momentan auf die Akademisierung der | |
Pflege spezialisiert, forderte Luckey, dass Bremen vor allem neue Impulse | |
für Änderungen in der Pflege geben müsse – etwa durch mehr Durchlässigkeit | |
zwischen verschiedenen Berufen oder durch Forschung zu Gesundheitsförderung | |
und Gesundheitsprävention. „Auch so können wir einem Ärztemangel | |
entgegenwirken.“ | |
Und auch Bremerhavens Fachhochschulrektor Peter Ritzenhoff betonte | |
Alternativen. Die Fachhochschulen könnten etwa Physical Assistants | |
ausbilden. Die Vertreter dieses neuen Berufsbildes sollen in Zukunft Ärzten | |
Aufgaben abnehmen und sie entlasten. | |
18 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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