# taz.de -- Freunde des Terrortrios: Die Thüringer Nazi-Connection | |
> Einige der früheren engen Freunde des Terrortrios spielen in | |
> Neonazikreisen nach wie vor eine wichtige Rolle. Auch in der NPD. | |
Bild: Die beiden toten mutmaßlichen Neonazi-Terroristen mit Andre K. (Mitte), … | |
Mitte der 90er Jahre war der "Thüringer Heimatschutz" (THS) die | |
mitgliederstärkste und militanteste Organisation in Thüringen. Dieses | |
Netzwerk um Tino Brandt, das zu der Szene der "Freien Kameradschaften" | |
gehörte, war aus der "Anti-Antifa Ostthüringen" hervorgegangen. Schon 1994 | |
schrieb der Landesverfassungsschutz, dass die Gruppe ein "informelles | |
Spektrum" bilde, das zu einem "neuartigen Bindeglied im neonazistischen | |
Spektrum geworden" sei. | |
Doch erst unter der Führung von Brandt weitete sich die Gruppe in der | |
Region Saalfeld, Rudolstadt, Gera, Jena, Sonneberg, Weimar, Ilmenau, Gotha, | |
Kahla und Nordbayern aus; zeitweise gehörten ihr etwa 170 Personen an. 1997 | |
wurde aus der Szene heraus am Jenaer Theater ein Sprengstoffkoffer abgelegt | |
- verziert mit einem Hakenkreuz. | |
Bei den folgenden Hausdurchsuchungen stellte die Polizei Rohrbomben sicher, | |
Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Z. tauchten ab. 2001 wurde Brandt, der | |
Kopf der Gruppe, als V-Mann des thüringischen Verfassungsschutzes enttarnt; | |
bald darauf verschwand der Thüringer Heimatschutz von der Bühne. | |
Viele wichtige Personen aus dieser Gruppe tauchten aber schon bald wieder | |
in anderen rechtsextremen Organisationen auf - in der Kameradschaftsszene, | |
aber auch in der NPD -, darunter auch frühere enge Freunde des mutmaßlichen | |
Terrortrios. | |
André K. etwa, der dem Trio beim Abtauchen geholfen haben soll, | |
organisierte schon mehrfach das rechtsextreme Festival "Fest der Völker". | |
Oder Ralf W.: Dieser wirkt führend beim "Thüringertag der nationalen | |
Jugend" mit, einer Veranstaltung deutscher und internationaler | |
Rechtsrockbands, die, ähnlich wie das "Fest der Völker", Rechtsextreme aus | |
verschiedenen Milieus zusammenbringt. | |
Fotos von einer Gerichtsverhandlung im Herbst 1996 zeigen André K. und Ralf | |
W. zusammen mit Mundlos und Böhnhardt, den späteren Terroristen vom | |
"Nationalsozialistischen Untergrund". Sie waren eine Clique. | |
## Zentrale Kameradschaftsvernetzung | |
Was machen K. und W. heute? Interne E-Mails der NPD, die der taz seit | |
Februar 2011 vorliegen, belegen, dass beide eng mit der NPD verbunden sind. | |
Arbeitstreffen wurden vereinbart. Funktionen übernommen. André K. wollte am | |
Wochenende nicht mit der taz reden, Ralf W. war nicht zu erreichen. | |
Ralf W. avancierte in der Vergangenheit zudem zu einer führenden Figur des | |
"Freien Netzes". Stefan Heerdegen von der "Mobilen Beratung in Thüringen" | |
nennt das "Freie Netz" die "zentrale Kameradschaftsvernetzung" für | |
Thüringen, Sachsen und Sachen-Anhalt. | |
In der NPD hat aus der Kameradschaftsszene der 90er Patrick Wieschke die | |
größte Karriere hingelegt. Er stieg zum stellvertretenden | |
Landesvorsitzenden auf. Von Wieschke stammt die Idee, durch regionale | |
Parteizeitungen eine rechte Gegenöffentlichkeit zu schaffen und sich so | |
getreu der NPD-Strategie als "Kümmer-Partei" zu gerieren. Seine | |
Vergangenheit störte bei der Parteikarriere nicht. 2000 wurde er nach einem | |
Sprengstoffanschlag auf einen türkischen Imbiss in Eisenach festgenommen. | |
Zwei Jahre später wird er wegen Anstiftung zur Herbeiführung einer | |
Sprengstoffexplosion verurteilt. | |
Eine klare Grenze zwischen NPD und Kameradschaften könne nicht gezogen | |
werden, sagt Heerdegen. "Diese Szene darf man sich nicht so vorstellen, | |
dass jede Gruppe, Parteigliederung, Kameradschaft nur für sich ist. Man | |
kennt sich, personelle Überschneidungen sind üblich", sagt er. Diese | |
Netzwerke funktionieren - bei Aktionen und Festivals. Und möglicherweise | |
auch bei der Unterstützung einer rechtsterroristischen Untergrundzelle. | |
14 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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