# taz.de -- Freiraum in der Rummelsburger Bucht: Noch nicht abgewrackt | |
> Für das Jugendfreizeitschiff „Freibeuter“ in der Rummelsburger Bucht | |
> besteht Hoffnung. Neue Aktivist*innen kämpfen für den Erhalt. | |
Bild: Die „Freibeuter“ in der Rummelsburger Bucht | |
Das Schiff ist kaum wiederzuerkennen: Es blinkt und blitzt. Neben | |
Sonnenstühlen und Pflanzen auf Deck sind Handwerksarbeiten ausgestellt – | |
wie der kleine „Kreuzberger Stifthalter“, der aus Pflastersteinen gebaut | |
ist. Seit einer Woche sind neue Akteure auf dem Jugendfreizeitschiff | |
„Freibeuter“ in der Rummelsburger Bucht, die unter anderem wegen geplanter | |
Luxusbauten zunehmend zu einem Zentrum stadtpolitischer Proteste wird. Und | |
seit einer Woche wird geputzt und entrümpelt. | |
„Mit dem bisherigen Nutzer der „Freibeuter“ und dessen Genossenschaft | |
‚Spreewohnen‘ haben wir nichts zu tun“, sagt Sarah Waterfeld „das wollen | |
wir auch nicht. Es handelt sich wohl um einen Betrüger, der sektenartige | |
Strukturen aufgebaut hat.“ | |
Eigentlich sollte das Schiff vergangenen Mittwoch geräumt werden. Der | |
vorherige Nutzer und dessen Genossenschaft „Spreewohnen“ übergab nach | |
langen Querelen dem Bezirk als Eigentümer des Jugendschiffs die Schlüssel | |
und verschwand. Das Problem war, dass „Spreewohnen“ für das Jugendschiff | |
einen neuen Liegeplatz suchen sollte, jedoch keinen fand und die | |
geforderten 200.000 Euro, die für das Schiff an den Bezirk gehen sollten, | |
nicht zahlte. | |
## Jugendschiff soll erhalten bleiben | |
Waterfeld gehört zum Kollektiv „Staub zu Glitzer“, das vor allem durch die | |
Volksbühnen-Besetzung bekannt wurde. Gemeinsam mit zwei weiteren | |
Kollektiven, „Berlin meets Wroclove“ und „Kulturkombüse“ sowie Dutzend… | |
weiteren Unterstützer*innen „gastieren“ sie, wie sie sagen, auf dem Schiff. | |
„Wir wollen, dass das Projekt für die Allgemeinheit erhalten bleibt. Wir | |
haben keine Besitzansprüche“, so Waterfeld. | |
Das Kollektiv „Staub zu Glitzer“ hatte sich nach der Volksbühnen-Aktion | |
gespalten: Die einen wollten eher selber Theater machen, die anderen | |
alternative Konzepte ermöglichen und diese anderen Menschen bereitstellen, | |
sagt Waterfeld. „Enabler“ nennt sich daher auch der Teil des Kollektivs, | |
der jetzt auf der „Freibeuter“ aktiv ist. | |
Der Bezirk wollte das Schiff mit der Schlüsselübergabe zurücknehmen, | |
verschrotten lassen und das Ufer frei machen. Doch die neuen Akteur*innen | |
waren schon da. Und die Bezirksvertreter wurden nicht an Bord gelassen. Was | |
die wiederum nicht so witzig fanden. | |
„Das Bezirksamts-Kollegium und die Bezirksverordnetenversammlung sind | |
strikt der Auffassung, dass dieses Schiff aus dem Weg muss“, sagt Florian | |
Schmidt, grüner Bezirksstadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg, der nicht nur | |
für Bauen und Planen, sondern auch für Facility Management zuständig ist, | |
weshalb die „Freibeuter“ in sein Aufgabengebiet fällt. Die Pläne für die | |
umstrittene Bebauung der über 30.000 Quadratmeter großen Fläche in der Nähe | |
des Ostkreuzes werden hingegen derzeit in der BVV Lichtenberg verhandelt. | |
## Die Rechtslage ist unklar | |
Zwar sympathisiere er mit der Idee, den Ort als Freiraum zu erhalten, doch | |
fehlten bisher tragfähige Konzepte, so Schmidt. Eine widerrechtliche | |
Aneignung sei inakzeptabel. Seit der Schlüsselübergabe ist die Rechtslage | |
unklar. Zwar ist der Vertrag mit „Spreewohnen“ aufgekündigt, jedoch | |
bestehen – zur Überraschung des Bezirks – Untermietverträge mit ein paar | |
Nutzer*innen, die sich derzeit mit den neuen Akteur*innen zusammentun. | |
Die Kollektive vor Ort gewinnen damit Zeit, sich mit Anwohner*innen und | |
Unterstützer*innen zusammenzutun und Konzepte für das Schiff zu | |
erarbeiten. Bereits jeden Mittwoch kocht die Kulturkombüse gegen wenige | |
Taler. „Es ist noch unklar, wohin die Reise geht“, sagt Waterfeld. Gut | |
denkbar sei, die Jugendarbeit an dem Ort wiederaufzubauen. Auch laut Bezirk | |
ist die am Ufer vorgesehen. Und beim Tag der offenen Tür der „Freibeuter“ | |
am Sonntag kamen auch Leute von den Flößen aus der Rummelsburger Bucht, um | |
sich zu solidarisieren. | |
21 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Sophie Schmalz | |
## TAGS | |
Rummelsburger Bucht | |
Freibeuter | |
Rummelsburger Bucht | |
Freibeuter | |
Rummelsburger Bucht | |
Gentrifizierung | |
Gentrifizierung | |
Rummelsburger Bucht | |
Wohnen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Umgang mit Obdachlosen in Berlin: Menschen mit Rechten und Würde | |
An der Rummelsburger Bucht sollen Obdachlose vertrieben werden. Dagegen | |
protestierten sie auf dem Linke-Parteitag. Ein Wochenkommentar. | |
Besetztes Schiff in Berlin: Ultimatum für „Freibeuter“ | |
Besetzer sollen ihr Schiff an der Rummelsburger Bucht verlassen, fordert | |
der Bezirk. Doch die Aktivisten kündigen friedlichen Widerstand an. | |
Berliner Obdachlose wehren sich: Ein Platz zum Bleiben | |
Obdachlose sollen ein Gelände an der Rummelsburger Bucht räumen. Doch | |
Wolfgang, Trotzi und die anderen wehren sich. | |
Bebauung Rummelsburger Bucht: Aquarium kurz vorm Absaufen | |
Teilerfolg für KritikerInnen der Luxusbauten in der Rummelsburger Bucht: | |
Die Bezirksverordneten von Lichtenberg beschließen den Bebauungsplan nicht. | |
Demo gegen Ostkreuz-Bebauungsplan: Rummel um die Bucht | |
Mit einer großen Demo wird am Donnerstag gegen den Bebauungsplan Ostkreuz | |
protestiert. Anwohner fürchten steigende Mieten und Verdrängung. | |
Freiraum in Rummelsburg bedroht: Aufs falsche Schiff gesetzt | |
Auf der „Freibeuter“ in der Rummelsburger Bucht hat sich eine Handvoll | |
Idealisten niedergelassen. Dem Bezirk ist das egal. Hauptsache, das Schiff | |
verschwindet. | |
Informelle Siedlungen in der Stadt: Einfach schwimmen lassen | |
Mitten in der Rummelsburger Bucht ankern derzeit bunt und ungeplant 15 | |
Boote. Man hilft sich aus auf Lummerland, doch fürchtet man auch das | |
Verbot. |