# taz.de -- Besetztes Schiff in Berlin: Ultimatum für „Freibeuter“ | |
> Besetzer sollen ihr Schiff an der Rummelsburger Bucht verlassen, fordert | |
> der Bezirk. Doch die Aktivisten kündigen friedlichen Widerstand an. | |
Bild: Lauschige Ecke, die Rummelsburger Bucht. | |
Die Nutzung des Schiffs muss umgehend beendet werden.“ In einem Schreiben | |
an die Besetzer*innen des einstigen Jugendfreizeitschiffs „Freibeuter“ am | |
Nordufer der Rummelsburger Bucht fordert Florian Schmidt, grüner Stadtrat | |
von Friedrichhain-Kreuzberg, die Aktivist*innen auf, das Schiff bis Ende | |
des Jahres zu verlassen. Grund seien gesundheitliche Risiken durch die | |
geplanten Sanierungsarbeiten am Ufer des schwer mit Giftstoffen belasteten | |
Rummelsburger Sees. Damit könnte die seit Oktober andauernde Besetzung ein | |
ungewolltes Ende finden. | |
Für die Crew der „Freibeuter“ ist die Nachricht ein Schock: „Bisher haben | |
wir gut miteinander kooperiert“, beschreibt Wolfgang Sprute die | |
Zusammenarbeit mit dem Bezirk. „Jetzt wird uns mit einem unrealistischen | |
Ultimatum die Pistole auf die Brust gesetzt.“ Sollte bis Montag kein | |
Liegeplatz gefunden werden, so das Schreiben, sollen alle Nutzer*innen das | |
Schiff bis 31. Dezember verlassen. Ansonsten werde das Bezirksamt „alle | |
möglichen rechtlichen Schritte einleiten, um eine Beräumung durchzuführen“. | |
Aber einen der raren Liegeplätze innerhalb von wenigen Tagen zur | |
Weihnachtszeit zu finden sei ein Ding der Unmöglichkeit, so Sprute. | |
Das ehemalige Jugendfreizeitschiff wurde nach mehr als vier Jahren | |
Leerstand 2017 an die Spreewohnen e. G. verkauft. Die Genossenschaft blieb | |
dem Bezirk aber den größten Teil des Kaufpreises von 225.000 Euro schuldig. | |
Der Rechtsstreit endete mit einem Vergleich; das Schiff ging zurück an den | |
Bezirk. | |
## Sanierung wäre sehr teuer | |
Mangels Liegeplatz und angesichts eines Sanierungsbedarfs von rund 500.000 | |
Euro wollte der Bezirk das Schiff verschrotten lassen. Doch bei der | |
Schlüsselübergabe am 15. Oktober erklärten Aktivist*innen der Gruppe „Staub | |
zu Glitzer“ und des Volksküchenkollektivs „Kulturkombüse“ das Schiff | |
kurzerhand für besetzt. Sie wollen dort einen kulturellen Freiraum | |
schaffen. Derzeit finden Kulturveranstaltungen und Volksküchen statt. Auch | |
ist es ein wichtiger Ort für jene Obdachlosen, die auf der angrenzenden | |
Brache leben. Das Schiff bietet einen Ort, an dem sie essen, sich aufwärmen | |
und ihre Sorgen äußern können. | |
In unmittelbarer Nähe der „Freibeuter“ soll laut Bezirk im Januar an drei | |
Stellen der mit giftigen Schwermetallen belastete Sedimentschlamm | |
ausgehoben werden. Deswegen dürfe sich zu dieser Zeit niemand auf dem | |
Schiff befinden. Der Bezirk wolle nicht „wegen eines ruinösen Schiffs ein | |
unglaublich aufwendiges Sanierungsverfahren verschieben“, so Schmidt. Die | |
Ergebnisse eines vom Senat in Auftrag gegebenen Gutachtens über die | |
gesundheitlichen Risiken stehen indes noch aus. | |
Schmidt ist generell gegen einen weiteren Betrieb durch den Bezirk: „Das | |
Schiff ist schwer unterhaltbar.“ Er fordert von den Aktivist*innen ein | |
tragfähiges Konzept, habe aber bisher noch keine Angebote erhalten. Unsinn, | |
widerspricht Sprute. Es gebe bereits ein Konzept, mehrere gemeinnützige | |
Träger hätten ihr Interesse zugesichert. „Durch die Blockadehaltung des | |
Bezirks sind wir nicht in der Lage, eine rechtliche Grundlage für die | |
Zusammenarbeit zu schaffen“, so Sprute. Er spricht von einer „absurden | |
Situation“. | |
Die „Freibeuter“-Crew diskutiert zurzeit ihr weiteres Vorgehen. Fest steht, | |
dass sie auf das Ultimatum nicht eingehen wird. Im Falle einer Räumung | |
„werden wir friedlichen Widerstand leisten“, so Sprute. | |
21 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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