# taz.de -- Fotoband und Graphic Novel zu Ramones: Hey Ho let’s Go | |
> Ein Fotoband und ein Graphic Novel erzählen die Geschichte der Punkband | |
> The Ramones. Und würdigen ihre Verdienste in eindrucksvoller Weise. | |
Bild: Die legendären Auftritte der Punkband, festgehalten von Danny Fields | |
Schenkt man der Graphic Novel „One, Two, Three, Four Ramones“ Glauben, | |
hatte Dee Dee Ramone, der spätere Bassist [1][der Ramones,] seinen | |
Erstkontakt mit Betäubungsmitteln durch Morphin aus Nazi-Beständen. 1964, | |
in Pirmasens. Zu der Zeit hieß er noch Douglas Colvin, verbrachte seine | |
hässliche Kindheit in verschiedenen US-Army-Garnisonen in Deutschland und | |
den USA. | |
Der Übersichtlichkeit halber ist Dee Dees gesamte Kindheit in die | |
pfälzische Kleinstadt verlegt. Seine Mutter war eine Deutsche, sein Vater | |
Army-Sergeant, beide Alkoholiker, der Vater gewalttätig. In einem | |
Nazibunker auf dem Militärstützpunkt findet Douglas neben Zigaretten, | |
Porno-Heften und Nazi-Devotionalien auch Morphin. Dieser Stoff hilft, die | |
häusliche Hölle zu ertragen. | |
Gleichzeitig erreichte die von den Beatles angeführte „British Invasion“ | |
auch US-Garnisonen, [2][Paul McCartney] ist Douglas Colvins Idol – | |
Letzterer beginnt Gitarrespielen. Und weil sich McCartney den Decknamen | |
„Paul Ramon“ zugelegt hatte, wenn er irgendwo inkognito sein wollte, | |
wechselte Colvin auch den Nachnamen, aus Douglas wurde Dee Dee, fertig war | |
der erste Ramone. | |
Die französischen Journalisten Bruno Cadène und Xavier Bétaucourt erzählen | |
die Geschichte aus Dee Dees Perspektive: Das abseitige Leben in Queens, New | |
York, gemeinsam mit seiner Mutter durchlebte Drogenexzesse, die | |
„Verbrüderung“ mit den anderen Ramones, die er auf der Forest Hills High | |
School in Queens trifft, die Festlegung der Corporate Identity – aus | |
Jeffrey Hyman wird Joey Ramone, aus John Cummings Johnny Ramone und aus | |
Tamás Erdély Tommy Ramone. | |
Alle tragen Jeans, Lederjacke und bescheuerte Topf-Frisuren und spielen | |
stumpfe, höchstens zwei minütige Punksongs, um dem ruling sound jener Zeit, | |
dem verschwurbelten Prog/Art Rock knappe Direktheit entgegenzusetzen. | |
## Persönliches im Vordergrund | |
Dies wird von dem französischen Comic-Zeichner Éric Cartier mit kraftvollen | |
Schwarz-Weiß-Bildern in Szene gesetzt. Sein Bleistiftstrich erinnert an | |
Zeichnungen des Underground-Comic-Künstlers Robert Crumb, will nie schön | |
sein und trifft dennoch die markanten Gesichtszüge von Weggefährten wie | |
Debbie Harry, Sid Vicious und Joe Strummer genau. | |
Das Konzertdebüt im CBGBs, die eher maue Resonanz der US-Öffentlichkeit auf | |
die Band wird ebenso beschrieben wie ihr Siegeszug in England, wo das | |
Aufeinandertreffen mit britischen Punkbands der ersten Stunde wie The Clash | |
stattfand. Die Autoren fokussieren sich auf die persönliche Seite der | |
Bandgeschichte, so kommen die Freundschaften der Musiker zu ihrem Designer | |
Arturo Vega und ihrem Tourmanager Monte Melnick vor. | |
Im Anhang erläutern die Autoren Hintergründe zu den Kapiteln, erzählen | |
darüber hinaus familiäre, persönliche und politische Details und | |
verschweigen nicht, dass sie an einigen Stellen zugunsten des | |
dramaturgischen Flows Geschichtsklitterung betrieben haben. | |
[3][Danny Fields indes dokumentiert] mit seinem Fotoband „My Ramones“ die | |
Karriere der New Yorker Band von der Aufnahmesession ihres Debütalbums | |
„Ramones“ im Februar 1976 bis zum Konzert im Londoner Rainbow Theatre an | |
Silvester 1977. A&R-Manager Fields hatte die Ramones bereits 1974 | |
kennengelernt, bei einem 15-minütigen Auftritt der eben gegründeten Band im | |
CBGB’s. | |
## Bescheidener Manager | |
Völlig von den Socken bot er sich dem Quartett als Manager an. Schon seit | |
Ende Sechziger hatte Fields bei den Labels Elektra und Atlantic als | |
Talentscout gearbeitet, die Karrieren der Doors und der Proto-Punkbands MC5 | |
und The Stooges in die Wege geleitet. Ohne ihn hätte Punk in den USA nicht | |
oder zumindest anders stattgefunden. | |
Er war als ehemaliger technischer Assistent in Warhols Factory auch in der | |
Kunstszene New Yorks vernetzt. Doch damit rühmt sich der 77-Jährige nicht, | |
in bescheiden selbstbewusstem Ton setzt er sich als Fan in Szene, der eben | |
gern fotografierte, „einfach dabei“ war und Glück hatte, dass die | |
Studioaufnahmen der Band geklappt haben – schließlich würden die Ramones | |
ihr Debüt nicht ein zweites Mal aufnehmen. | |
Dass der Fan-Hobbyfotograf Fields über ein gutes Auge und fotografisches | |
Geschick verfügte, war dabei kein Nachteil. Seine konstante Anwesenheit | |
führte dazu, dass sich die Band vor seiner Kamera ungekünstelt gab, viele | |
Fotos wirken wie aus dem Familienalbum. | |
Er kommentiert die Umstände, in denen die zumeist schwarz-weißen Fotos | |
gemacht wurden und erzählt nebenher Musikgeschichte. Er zeigt die Relevanz | |
des Magazins Rock Scene, nicht nur als „Werbeträger“ für Bands, sondern �… | |
wie ein Kommentar von Ex-R.E.M.-Sänger Michael Stipe belegt – auch als | |
lebenswichtiges Popkultur-Info-Organ für Kids, die vom Underground-Nukleus | |
New York weit entfernt lebten. | |
## Innige Liebeserklärung | |
Ein Foto zeigt die Ramones beseelt beim Stöbern im Plattenladen, und Fields | |
bemerkt, dass dieses Vergnügen in Ermangelung entsprechender Läden | |
heutzutage in New York nur noch schwer zu haben ist. Auf einem anderen Bild | |
ist die Band mit glänzenden Augen beim Equipment-Shopping zu sehen. | |
Schnappschüsse mit Fans stehen gleichberechtigt neben ikonenhaften | |
Aufnahmen von Liveauftritten und launigen Gruppenbildern mit anderen Ikonen | |
von Pop bis Punk – wie Paul Simonon von The Clash, Debbie Harry von | |
Blondie, Sid Vicious von den Sex Pistols, Elton John, Andy Warhol und dem | |
Sire-Records-Mitgründer Seymor Stein, der die Ramones unter Vertrag nahm. | |
Inniger kann eine Liebeserklärung nicht sein. | |
18 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Sylvia Prahl | |
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