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# taz.de -- Folter in georgischem Knast: „Vergewaltige auch mich“
> Ein Video zeigt den Missbrauch eines jugendlichen Häftlings in der
> Hauptstadt Georgiens. Tausende demonstrieren gegen das Regime von
> Präsident Saakaschwili.
Bild: Protest gegen die Folterungen in der georgischen Hauptstadt Tiflis.
MOSKAU taz | „Bitte filmt das nicht, ich tue alles, was ihr wollt“, fleht
ein jugendlicher Häftling. Justizbeamte haben ihn mit einem Besenstiel
missbraucht und ihn mit Handschellen an die Gitterstäbe der Zelle gekettet.
„Tut das weh?“, fragt eine Stimme leise aus dem Hintergrund.
Als diese Bilder am Dienstagabend von den oppositionellen Sendern Maestro
und Channel 9 in Georgien ausgestrahlt wurden, erhob sich spontaner Protest
in der Hauptstadt Tiflis.
Mehrere tausend Demonstranten zogen vor die Philharmonie in der Hauptstadt,
wo Präsident Michail Saakaschwili an einer Veranstaltung teilnehmen sollte.
„Wir sind wütend!“ und „Vergewaltige auch mich“ stand auf Transparente…
Nu weiteten sich die Proteste auch auf andere Städte des Landes aus.
Knapp zehn Tage vor den Parlamentswahlen kommt dieser Skandal einem
politischen Super-GAU für die Regierung Saakaschwili gleich. Ohnehin ist
die Lage vor den Wahlen angespannt, seitdem der Milliardär Bidsina
Iwanischwili mit seiner Partei „Georgiens Traum“ in der Lage ist, die
Partei des Präsidenten, die Nationale Bewegung (NMD), erstmals ernsthaft
herauszufordern.
## Menschenrechte und Menschenwürde
Präsident Saakaschwili reagierte sofort und gelobte, dass „die Täter viele
Jahre im Gefängnis verbringen werden“ und er die Rechte der Häftlinge
garantieren wolle. Er sei sehr verärgert „über diesen schrecklichen Affront
gegen Menschenrechte und menschliche Würde“, sagte der Präsident und
entließ die für den Strafvollzug zuständige Ministerin und einige leitende
Beamte des Justizapparates.
Menschenrechtler hatten seit Jahren auf die fragwürdigen Zustände in den
georgischen Haftanstalten hingewiesen. Die Regierung überging die Warnungen
jedoch. Auch der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrats Giga Bokeria
musste die Versäumnisse einräumen.
Die Regierung Saakaschwili hält sich zugute, dass sie die Korruption bei
der Polizei beseitigen konnte und auch in den Justizorganen für mehr
Ordnung sorgte. Ein Pfund, mit dem Saakaschwili auch wuchern geht.
## „Kriminelle Aktionen des Regimes“
Das Material soll der frühere Justizangestellte Wladimir Bedukadse den
oppositionellen Sendern zugespielt haben. Bedukadse hält sich in Belgien
auf, wo er politisches Asyl beantragte. „Dieses Video entlarvt die
kriminellen Aktionen Saakaschwilis und seines Regimes“, sagte er.
Der ehemalige Wächter im Gefängnis Nummer 8 in Tiflis will die Aufnahmen
2011/12 mitgeschnitten haben. Die Videos zeigen, dass Dutzende Wächter und
Angestellte entweder teilnahmen oder zum Missbrauch der Häftlinge
aufforderten.
Auch Verschwörungstheorien im Umfeld der NMD machen schon die Runde, wonach
die Opposition das Video bewusst jetzt lanciert haben soll. Das entkräftet
jedoch die Anklagen nicht. Um größeren Schaden zu verhindern, ernannte
Saakaschwili am Donnerstag den Ombudsmann für Menschenrechte, Giorgi
Tuguschi, zum neuen Minister des Strafvollzugs.
20 Sep 2012
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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