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# taz.de -- Opposition in Georgien: Protest gewaltsam niedergeschlagen
> Tausende Demonstranten forderten in Tiflis den Rücktritt von Präsident
> Saakaschwili. Die Sicherheitskräfte griffen gewaltsam ein. Zwei Menschen
> starben.
MOSKAU taz | In der Kaukasusrepublik Georgien herrscht wieder Unruhe. In
der Nacht zum Donnerstag kam es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen
der außerparlamentarischen Opposition und Einheiten der georgischen
Sicherheitskräfte. Die Polizei ging mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und
Gummigeschossen gegen einige tausend Demonstranten vor, die seit Sonnabend
auf dem zentralen Freiheitsplatz in Tiflis den Rücktritt Präsident Michail
Saakaschwilis forderten.
Beobachter von Transparency International und der georgischen NGO GYLA,
Young Lawyers Association, kritisierten das Vorgehen der Polizei als
"exzessiv" und "unverhältnismäßig".
Am Rande der Straßenschlacht kamen ein Polizist und ein weiterer Mann zu
Tode. Sie sollen von der Wagenkolonne der Oppositionsführerin Nino
Burdschanadse erfasst worden sein, die den Freiheitsplatz während des
Gewaltausbruches fluchtartig verließ. Mindestens drei Dutzend Verletzte
wurden in Krankenhäuser eingeliefert.
Die mehrtägige Protestaktion war von den Behörden genehmigt worden.
Allerdings nur bis Mittwoch 24 Uhr, da am Donnerstag im Zentrum aus Anlass
des 20. Unabhängigkeitstages Georgiens eine Militärparade geplant war. Das
Angebot der Sicherheitsorgane, die Veranstaltung an einem anderen Ort
fortzusetzen, lehnte die Oppositionsführerin Burdschanadse jedoch ab.
Die ehemalige Rosenrevolutionärin und Wegbegleiterin Michail Saakaschwilis
hatte im Vorfeld aus ihrem Ziel, den Präsidenten zum Rücktritt zu zwingen,
keinen Hehl gemacht. Offensichtlich hatten die Anhänger der Burdschanadse
Partei "Demokratische Bewegung-Vereintes Georgien (DBVG)" mit einer
Eskalation der Gewalt gerechnet. Viele kamen bereits mit Stöcken bewaffnet
zu der Demonstration. Die DBVG wirft dem umstrittenen Heißsporn
Saakaschwili autoritäre antidemokratische Staatsführung, Wahlmanipulationen
und Einschränkungen der Freiheitsrechte vor. Nicht zu unrecht.
## Opposition verliert Anhänger
Im Unterschied zu den Massendemonstrationen gegen den Republikschef, an
denen zwischen 2007 und 2009 mehr als 50.000 Menschen teilnahmen, hatte
dieser Protest nur geringen Zulauf. Die ehemalige Parlamentspräsidentin
Burdschanadse ist in Georgien auch nicht besonders beliebt, die DBVG erhält
in Umfragen kaum mehr als ein Prozent.
Für viele Georgier verkörpert sie eine politische Kraft der Vergangenheit,
die vornehmlich die Interessen ihres Clans verfolgt. Sie stammt aus einer
wohlhabenden Nomenklatura-Familie der Sowjetzeit, die es auch in den 90er
Jahren unter Präsident Eduard Schewardnadse verstand, die Schäflein des
Clans ins Trockene zu bringen.
Saakaschwili hat sich viele demokratische Versäumnisse zuzuschreiben, mit
der überbordenden Korruption in den Sicherheitsorganen und im Staatsapparat
räumte er unterdessen erfolgreich auf. Das brachiale Vorgehen im Namen der
Modernisierung hinterließ jedoch viele Opfer, die sich der
außerparlamentarischen Opposition anschlossen. Saakaschwilis
aussichtsreicher Gegenspieler, Irakli Alasiana, von den "Freien Demokraten"
distanzierte sich schon im Vorhinein von dem Protest.
Die parlamentarische Opposition setzt darauf, einen friedlichen Wechsel
über faire Wahlen und mit Verhandlungen erreichen zu können. Gleichwohl
fehlt der gemäßigten Opposition eine alternative Vision, wohin sich
Georgien entwickeln sollte. Daher ebbten Widerstand und Protest in den
letzten zwei Jahren ab. Das demonstrationsfreudige Georgien ist des
Protestierens nicht müde, die Mehrheit sieht zurzeit aber weder eine Lösung
noch eine leuchtende Alternative.
26 May 2011
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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