| # taz.de -- Folgen der Ein-Kind-Politik in China: Vergreisung und Arbeitermangel | |
| > Demografischer Wandel in China: Es gibt es immer weniger Menschen im | |
| > erwerbsfähigen Alter. Was bedeutet diese Entwicklung für den | |
| > Wirtschaftsboom? | |
| Bild: Chinesen gibt es jede Menge – Arbeitskräfte bald nicht mehr. | |
| PEKING taz | Demografen warnen schon lange vor den Folgen von Chinas | |
| Ein-Kind-Politik. Nun könnte der Zeitpunkt gekommen sein, an dem sich die | |
| restriktive Bevölkerungspolitik ganz konkret auf die Wirtschaftsentwicklung | |
| auswirkt: Chinas gigantisches Arbeitsheer schrumpft. Was genau das für die | |
| Wirtschaft des Landes bedeutet, ist jedoch umstritten. | |
| Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Chinesen im erwerbsfähigen Alter | |
| zwischen 15 und 59 Jahren nach Angaben des nationalen Statistikamts | |
| erstmals – und zwar um 3,45 Millionen auf 940,72 Millionen Menschen. „Wir | |
| sollten diese Entwicklung genau beobachten“, warnte Ma Jiantag, der Chef | |
| des Statistikamtes. „Er gibt uns Anlass zur Sorge.“ | |
| 1979 hatte die Regierung die Ein-Kind-Politik eingeführt, um das | |
| Bevölkerungswachstum einzudämmen. Betrachtet man nur die Zahlen, mit | |
| Erfolg: Ohne diese Beschränkung könnte es heute offiziellen Angaben zufolge | |
| 400 Millionen Chinesen mehr geben. Dafür droht das Land nun zu vergreisen. | |
| Auf 1,3 Milliarden Menschen insgesamt kommen rund 190 Millionen | |
| Übersechzigjährige. Mit anderen Worten: Etwa jeder siebte Chinese befindet | |
| sich bereits im Rentenalter. Dieser Anteil wird noch deutlich steigen – bis | |
| 2040 wird es jeder dritte sein. Im Gegenzug dürfte die arbeitsfähige | |
| Bevölkerung jährlich rund 3 Millionen Menschen weniger umfassen. | |
| ## Die Jungen bringen es | |
| Die einen halten das für ein Problem: Viele Ökonomen gehen davon aus, dass | |
| eine Wirtschaft nur so lange wächst, wie auch der Anteil der Erwerbstätigen | |
| steigt. Weil sie mehr produzieren und auch konsumieren, kurbeln sie die | |
| Wirtschaft entsprechend an. Die Weltbank schätzt, dass der hohe Anteil an | |
| arbeitswilligen jungen Menschen in China in den vergangenen Jahrzehnten | |
| rund ein Drittel zum chinesischen Wachstum beigetragen hat. Dieses fleißige | |
| Heer habe der Volksrepublik dazu verholfen, zum größten Produktionsstandort | |
| aufzusteigen. Sinkt der Anteil junger Menschen, könnte dieser | |
| Standortvorteil aber verloren gehen. | |
| Zugleich fallen bei mehr alten Menschen höhere Sozialkosten an. Gordon | |
| Chang, Ökonom und Kolumnist des Forbes-Magazins, befürchtet bereits das | |
| Ende von Chinas rasantem Wachstum. | |
| Andere sehen die Entwicklung hingegen positiv. Nach Einschätzung der | |
| Ökonomen des Bankhauses Barclays Capital könnte sich der langsame Rückgang | |
| der erwerbsfähigen Bevölkerung auch stabilisierend auf den Arbeitsmarkt | |
| auswirken: „Wenn die Arbeitskräfte knapp werden, steigen die Löhne.“ Das | |
| wiederum sorge dafür, dass sich Chinas Wirtschaft nach und nach vom | |
| Billigexport verabschieden könne und mehr auf den Binnenkonsum setze. | |
| Dadurch entstünden höherwertige Arbeitsplätze. | |
| ## Ab in die Städte | |
| Die Analysten verweisen zudem auf die anhaltende Urbanisierung. Allein 2012 | |
| stieg die Zahl der Städter in China um 21 Millionen auf insgesamt rund 712 | |
| Millionen. Das sind jedoch nach wie vor gerade einmal 52,57 Prozent der | |
| Gesamtbevölkerung. Zum Vergleich: In Deutschland beispielsweise leben 89 | |
| Prozent der Bevölkerung in Städten und Ballungszentren. | |
| Chinas Führung will, dass die Bauern einen ähnlich hohen Lebensstandard | |
| erreichen wie die Menschen in den Städten. Das geht nur, wenn der Anteil | |
| der ländlichen Bevölkerung zugunsten des Anteils der Stadtbevölkerung | |
| abnimmt. Deswegen sollen in den kommenden 20 bis 30 Jahren weitere 400 | |
| Millionen Menschen in die Städte ziehen. | |
| Auch wenn es nun aufgrund der demografischen Entwicklung jedes Jahr drei | |
| Millionen Erwerbsfähige weniger gibt, brauchen immer noch zehn bis 20 | |
| Millionen Neu-Stadtbewohner neue Arbeitsplätze. Vor diesem Hintergrund | |
| könnte die demografische Entwicklung die chinesische Führung in den | |
| nächsten Jahren sogar eher entlasten. | |
| 24 Jan 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Felix Lee | |
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