# taz.de -- Falsche Aufregung um Google Street View: Überall blinde Flecken | |
> Der Aufschrei über das Fotografieren von Häusern ist wohlfeil. Die wahren | |
> Probleme beim Datenschutz sind unsichtbar und ungleich größer. | |
Bild: Vor Google verstecken? Geht kaum | |
Was für eine Aufregung. Da fahren Google-Autos mit Rundumkameras auf den | |
Dächern durch die Straßen, um Fotos für den Panoramadienst Street View zu | |
machen. Und auf einmal schreien alle: Mein Haus, mein Auto, meine | |
Privatsphäre! Das war vor etwa zehn Jahren so, als die Autos des | |
US-Konzerns in deutschen Städten unterwegs waren. Und vermutlich wird es | |
wieder so laufen, nun, da Google versucht, die für das Unternehmen | |
unliebsame Pflicht zur Vorab-Verpixelung von Hausfassaden – Resultat der | |
damaligen Aufregung – loszuwerden. | |
Dabei sind Bilder von Straßenzügen, Hausfassaden und Autos wirklich das | |
kleinste Problem, wenn wir über Datenschutz im Internet sprechen. Mit jeder | |
via Google Maps navigierten Fahrt entstehen mehr personenbezogene Daten, | |
mit jeder über Gmail verschickten Nachricht, mit jedem Surfen im | |
Google-Browser Chrome, mit jeder Anfrage bei Googles Suchmaschine, ja sogar | |
mit praktisch [1][jeder Bewegung im Netz], ganz ohne dass explizit | |
irgendein Google-Dienst bemüht wurde. | |
Schließlich sind Googles Analysedienst und das Anzeigennetzwerk nahezu | |
überall und nur mit einigem Aufwand zu umgehen. Der öffentliche Aufschrei | |
über das Fotografieren von Häuserzeilen überstieg sogar die Irritationen, | |
als zu einem späteren Zeitpunkt herauskam, dass die [2][Street-View-Autos] | |
nicht nur Bilder der Umgebung, sondern auch Daten von drahtlosen Netzwerken | |
einsammelten. Menschen versuchten, per Klage schon das Fotografieren selbst | |
zu unterbinden. | |
Die Schieflage ist symptomatisch für den Umgang mit persönlichen Daten und | |
das Engagement für deren Schutz. Dabei liegen im Unsichtbaren die größten | |
Probleme. Und in der Unsichtbarkeit. Wären von Apps abgegriffene Standorte, | |
Metadaten von Kurznachrichten, der beim Surfen entstehende persönliche | |
Datenfußabdruck genauso sichtbar wie Hausfassaden – die Debatte wäre eine | |
andere. Nicht nur unter den Nutzer:innen. Sondern auch bei denen, die über | |
den politischen Umgang mit datensammelnden Diensten entscheiden. | |
21 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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