# taz.de -- Faktisches Blutspendeverbot für Queers: Diskriminierung light | |
> Homo-, trans- und bisexuelle Männer sollen künftig Blut spenden dürfen. | |
> Wenn sie monogam leben – oder warten können. | |
Bild: Das Deutsche Rote Kreuz bat in der Pandemie vermehrt um Blutspenden | |
BERLIN taz | Die Blutspende könnte für Männer, die mit anderen Männern | |
schlafen, bald leichter werden. Darauf hat sich eine Arbeitsgruppe aus | |
Bundesgesundheitsministerium, Paul-Ehrlich-Institut, Robert Koch-Institut, | |
Arbeitskreis Blut und Bundesärztekammer (BÄK) geeinigt. | |
Ihr Vorschlag sieht vor, dass unabhängig vom Geschlecht alle spenden | |
dürfen, die seit mindestens vier Monaten in einer monogamen Beziehung | |
leben. Also auch Männer, die Sex mit Männern haben. Das | |
Bundesgesundheitsministerium hat diese geplanten Lockerungen auf Anfrage | |
bestätigt. Aktuell gilt: Wer als Mann mit anderen Männern Sex hat, darf | |
erst 12 Monate nach dem letzten Geschlechtsverkehr Blut spenden. | |
In der Begründung der Arbeitsgruppe heißt es: „Bei Sexualverkehr | |
ausschließlich innerhalb einer auf Dauer angelegten Paarbeziehung (schließt | |
beide ein) von nicht infizierten Partnern/Partnerinnen kann per se von | |
keinem erhöhten Risiko für durch Blut übertragbare Infektionskrankheiten | |
ausgegangen werden.“ So steht es in einem Brief des Präsidenten der | |
Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, an Gesundheitsminister Jens Spahn | |
(CDU), der der taz vorliegt. | |
Auch schwule, bisexuelle oder trans-Männer, die nicht in einer Beziehung | |
leben, sollen bald schneller spenden dürfen: Vier statt bisher zwölf Monate | |
nach dem letzten Geschlechtsverkehr. In der Richtlinie Hämotherapie, die | |
die Blutspende in Deutschland regelt, werden sie pauschal als Menschen mit | |
sexuellem Risikoverhalten bezeichnet. | |
## Kritik von Aktivist:innen | |
Viele sind also auch weiterhin faktisch von der Blutspende ausgeschlossen, | |
weil sie nicht heterosexuell leben. Laut der Arbeitsgruppe könnten die | |
Neuerungen ab September in Kraft treten, wenn bis dahin alle zuständigen | |
Gremien ihr offizielles Einverständnis geben. | |
Einige Aktivist:innen sind jedoch enttäuscht von dem Vorschlag. Die | |
Lockerungen gingen nicht weit genug, noch immer sei eine Diskriminierung zu | |
erkennen. Weiterhin würden die betroffenen Männer, die nicht in einer | |
Beziehung leben, vier Monate ohne wissenschaftlichen Grund von einer | |
Blutspende ausgeschlossen werden. | |
„Die gemeinsame Arbeitsgruppe kann sich offenbar noch immer nicht ganz von | |
Vorurteilen lösen“, sagt Jens Brandenburg, LSBTI-politischer Sprecher der | |
FDP-Bundestagsfraktion. Mögliche Infektionsrisiken hingen nicht von der | |
sexuellen Identität, sondern vom individuellen Risikoverhalten ab. „Safer | |
Sex zwischen zwei Single-Männern ist kein größeres Risiko als ein | |
ungeschützter One-Night-Stand zwischen Heterosexuellen“, so Brandenburg. | |
Aktivist Lucas Hawrylak, der eine [1][Petition gegen die geltenden | |
Vorschriften] gestartet hat, sieht in der anhaltenden Ungleichheit | |
Ideologie: „Nach wie vor will die Bundesärztekammer deutlich machen, dass | |
es einen Unterschied zwischen homosexuellen und heterosexuellen Personen | |
gibt. Wieso wird im Fragebogen vor der Blutspende nicht einfach nach dem | |
persönlichen Risikoverhalten gefragt, unabhängig von der sexuellen | |
Orientierung?“. | |
## Vorbild Großbritannien | |
In vielen Staaten ist das längst Standard. Zuletzt wurde vor wenigen Tagen | |
eine Regelung in England, Wales und Schottland überarbeitet. Es wird nur | |
noch gefragt, ob ein:e potentielle:r Spender:in wechselnde | |
Sexualpartner:innen hat. Egal, welches Geschlecht. Doch für | |
Deutschland seien Änderungen in diesem Punkt nicht zu erwarten, befürchtet | |
Hawrylak: „Es liegt in den Händen von Expert:innen, die Regel zu ändern. | |
Diese wehren sich aber ohne Grund dagegen. Das macht es für mich noch | |
unverständlicher“. | |
Die Bundesärztekammer wehrt sich indes gegen Vorwürfe der Diskriminierung. | |
In einer Pressemitteilung warnt sie vor einer „Politisierung“ der | |
wissenschaftlichen Debatte. Ziel sei, so BÄK-Präsident Reinhardt, | |
„Spendewillige weiterhin nur in begründeten Fällen von der Spende | |
auszuschließen.“ | |
25 Jun 2021 | |
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[1] /Faktisches-Blutspendeverbot-fuer-Queers/!5759231 | |
## AUTOREN | |
Cedrik Pelka | |
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