# taz.de -- Erfolglose Verfassungsbeschwerde: Kaspersky verliert in Karlsruhe | |
> Die Virenschutz-Firma klagte gegen die Warnung, es könne von Russland für | |
> Cyber-Attacken genutzt werden. Karlsruhe lehnte die Beschwerde ab. | |
Bild: Deutsche Behörden dürfen weiterhin vor der Antiviren-Software warnen | |
KARLSRUHE taz | Deutsche Behörden dürfen weiter vor der Antiviren-Software | |
von Kaspersky warnen, dass diese von russischen Geheimdiensten missbraucht | |
werden könnten. Das Bundesverfassungsgericht lehnte jetzt eine | |
Verfassungsbeschwerde von Kaspersky ab, weil das Unternehmen den Rechtsweg | |
noch nicht ausgeschöpft habe. | |
Kaspersky bezeichnet sich selbst als „weltweit führenden Anbieter von | |
Cybersicherheit“. Die Virenschutz-Software von Kaspersky läuft auch in | |
Deutschland auf Millionen Computern von Privatpersonen und Unternehmen. Der | |
Marktanteil wird auf zehn Prozent geschätzt. Es war deshalb ein harter | |
Schlag, als das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik | |
(BSI) Mitte März mit Blick auf den Ukraine-Krieg vor Kaspersky warnte. | |
„Virenschutzsoftware des Unternehmens Kaspersky sollte durch alternative | |
Produkte ersetzt werden“, hieß es in aller Deutlichkeit. | |
Dagegen klagte Kaspersky. Man sei ein privates Unternehmen und völlig | |
unabhängig vom russischen Staat. Der Sitz sei inzwischen in London und die | |
Rechenzentren von Kaspersky arbeiteten in Zürich. Man gebe Einsicht in den | |
Quellcode der eigenen Software und sei zu jeder Kooperation mit dem BSI | |
bereit. Doch sowohl das Verwaltungsgericht Köln als auch das | |
Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster lehnten im April die Eilanträge von | |
Kaspersky ab. | |
Es bestünden „hinreichende Anhaltspunkte“ für die Gefahr, dass die | |
russische Regierung russische Softwareunternehmen zur Durchführung eines | |
[1][Cyberangriffs auf westliche Ziele] instrumentalisieren wird. Russland | |
rechne Deutschland zu den „unfreundlichen Staaten“. Eine | |
Virenschutz-Software, so das OVG, könne wirkungsvoll für Sabotage-Aktionen | |
missbraucht werden, weil sie aufgrund ihrer Funktionsweise tiefen Zugriff | |
auf die eigentlich zu schützenden Computer habe. | |
## Deutschland auch im Fokus russischer Cyber-Attacken | |
Wegen der ständigen Updates könnten der Virenschutz-Software jederzeit neue | |
Funktionen hinzugefügt werden, ohne dass die Anwender dies merken. Da | |
Russland bei seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine auch | |
[2][Cyber-Attacken] ausführt, hielt es das OVG für plausibel, dass solche | |
[3][Angriffe auch gegen Staaten] gerichtet werden, die wie Deutschland die | |
Ukraine unterstützen. Besonders gefährdet seien Unternehmen und | |
Einrichtungen aus den Bereichen Energie, Telekommunikation, Transport, | |
Finanzen, Medien und Rüstung. | |
Dabei könne gerade auch Kaspersky von russischen Stellen für Cyber-Angriffe | |
missbraucht werden. Die operative Konzernzentrale sei nach wie vor in | |
Moskau, so das OVG, dort arbeiteten rund 2.000 Beschäftigte, auch führende | |
Entwickler, für Kaspersky. Es sei bekannt, dass Russland dortige | |
Unternehmen durch Drohungen und Verhaftungen von Mitarbeitern unter Druck | |
setzen könne. Außerdem sei es technisch durchaus möglich, von der Moskauer | |
Zentrale auf die Kaspersky-Rechenzentren in der Schweiz zuzugreifen. | |
Gegen diese Eil-Entscheidung des OVG Münster hatte Kaspersky sofort in | |
Karlsruhe Verfassungsbeschwerde eingelegt, verbunden mit einem Eil-Antrag. | |
Deshalb kam nun auch die Ablehnung des Bundesverfassungsgerichts relativ | |
schnell. Kaspersky müsse vor dem Gang nach Karlsruhe erst das | |
Hauptsache-Verfahren bei den Verwaltungsgerichten vollständig durchlaufen, | |
so die Karlsruher Begründung.Gerade in einem komplexen Fall wie diesem sei | |
es wichtig, dass das Bundesverfassungsgericht auf der Grundlage eines | |
rechtlich und technisch weitgehend aufgeklärten Sachverhalts entscheiden | |
kann. Dies könnte zwar Jahre dauern, doch das sei Kaspersky zuzumuten. Das | |
Unternehmen habe nicht dargelegt, dass ihm irreparable Schäden drohen und | |
zum bisherigen Umsatzrückgang widersprüchliche Angaben gemacht. | |
10 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Sicherheitsexpertin-ueber-russische-Hacks/!5846292 | |
[2] /Experte-ueber-russische-Cyberattacken/!5837842 | |
[3] /Treffen-der-G7-Digitalminister/!5854168 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Cyberkriminalität | |
Bundesverfassungsgericht | |
Russland | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Hacking | |
Supermarkt | |
Ukraine | |
US-Regierung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bedenken um nationale Sicherheit: USA verbietet Kaspersky | |
Die russische Virenschutzsoftware kann ab Juli nicht mehr in den USA | |
gekauft werden. Grund: Sicherheitsbedenken. Kaspersky weist die Vorwürfe | |
zurück. | |
Sicherheitsexpertin über russische Hacks: „Cyberkrieg braucht Personal“ | |
Schon vor Russlands Angriffen auf die Ukraine wurde im Westen oft vor | |
russischen Hackerattacken gewarnt. Die potenziellen Folgen sind | |
weitreichend. | |
Debatte über Hackbacks: Lasst die Schaufel stecken | |
Cyberangriffe sind Teil der Kriegsführung. Doch auf eine Cyberattacke mit | |
einem entsprechenden Gegenangriff zu antworten, ist eine ganz schlechte | |
Idee. | |
Knapp 800 Supermärkte in Schweden zu: Cyberangriff legt Läden lahm | |
Der Angriff auf einen US-Dienstleister hat Auswirkungen über die USA | |
hinaus. Besonders in Schweden, wo Teile des Handels die Dienste nutzen. | |
Medien in der Ukraine: Kampf im Netz | |
Präsident Wolodimir Selenski verlängert die Sperrung russischer Webportale | |
und Mailporgramme um weitere drei Jahre. Es gibt Lob und Kritik. | |
USA verbannen russische Software: Kein Kaspersky bei US-Behörden | |
Die US-Regierung lässt ein russisches Antivirenprogramm in ihren Büros | |
nicht mehr zu. Gibt es Verbindungen zum russischen Geheimdienst? |