# taz.de -- Erdrutsch in Papua-Neuguinea: Mehr als 600 Tote befürchtet | |
> Nach dem Erdrutsch in Neu-Guinea werden weiterhin Menschen vermisst. Die | |
> Internationale Organisation für Migration geht von mindestens 670 Toten | |
> aus. | |
Bild: Im Dorf Yambali geht die Suche nach Verschütteten weiter | |
PORT MORESBY dpa | Knapp drei Tage nach dem [1][Erdrutsch in einem | |
abgelegenen Hochlandgebiet in Papua-Neuguinea] scheint das Ausmaß der | |
Katastrophe noch gewaltiger als anfangs befürchtet. Wie viele Menschen | |
tatsächlich starben, ist in der kaum zugänglichen Enga Provinz des | |
Pazifik-Staats weiter völlig ungewiss. | |
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) ging am Sonntag von | |
mindestens 670 Toten aus. Örtliche Vorsteher und andere Behördenvertreter | |
hätten geschätzt, dass 150 oder mehr Häuser begraben wurden, als am frühen | |
Freitag gegen 3 Uhr die Erde abging, erklärte der IOM-Missionschef für | |
Papua-Neuguinea, Serhan Aktoprak. Auf Basis dieser Schätzung müsse | |
angenommen werden, dass mindestens 670 Bewohner ihr Leben verloren. Die | |
Häuser seien sechs bis acht Meter tief unter dem Geröll begraben worden. | |
Die UN konnte am Sonntag lediglich fünf Tote bestätigen, deren Leichen | |
bislang geborgen werden konnten. Es gebe zudem Verletzte, darunter | |
mindestens 20 Frauen und Kinder. | |
Die Zahl der Todesopfer könnte Hilfsorganisationen zufolge steigen, da | |
unklar war, wie viele Menschen tatsächlich im betroffenen Gebiet lebten. | |
Nach offiziellen Zählungen sollten in dem Gebiet knapp 4000 Menschen | |
wohnen. Allerdings dürften sich Hilfsorganisationen zufolge mehr Menschen | |
dort aufgehalten haben. | |
## Dorf ist komplett verschüttet | |
Das Dorf Yambali sei in Zufluchtsort für Bewohner umliegender Ortschaften, | |
die von anhaltenden Konflikten vertrieben wurden, berichtete die vor Ort | |
engagierte australische Hilfsorganisation Care. Auch Care konnte keine | |
genaueren Opferzahlen benennen. „Das könnte auch für einige Zeit noch so | |
bleiben“, erklärte eine Sprecherin. Der nachtschlafende Zeitpunkt des | |
Unglücks lasse annehmen, dass viele Bewohner auch tatsächlich zuhause | |
gewesen seien. | |
Örtlichen Medien zufolge verschwand das Dorf Yambali komplett unter den | |
Erdmassen. Neben Häusern sollen sich nach Angaben des australischen Senders | |
ABC auch zwei Gesundheitszentren an der Unglücksstelle befunden haben. | |
Die Unzugänglichkeit der Region und die Massen an abgerutschter Erde ließen | |
die Hoffnung, doch noch lebendige Menschen zu finden, schnell schwinden. | |
Die zentrale Provinz Enga ist geprägt durch tropische Wälder und eine | |
gewaltige Bergkette mit zerklüfteten Tälern, teils nicht mit Straßen | |
erschlossen und nur auf dem Luftweg erreichbar. | |
Die mehrheitlich in Stämmen organisierte Bevölkerung lebt dort oft sehr für | |
sich, der nächste größere Ortschaft ist weit weg – ganz zu schweigen von | |
der rund 600 Kilometer entfernten Hauptstadt Port Moresby. | |
## Die Erde bewegt sich weiter | |
Selbst die Provinzhauptstadt Wabag liegt UN-Angaben zufolge rund zwei | |
Stunden entfernt und ist nur über eine weitgehend unbefestigte Straße | |
erreichbar, die durch kürzliche Erdrutsche in Mitleidenschaft gezogen | |
wurde. Der Straßen-Zugang zum westlich gelegenen Distrikt Porgera sei nach | |
dem jüngsten Erdrutsch momentan noch komplett blockiert. So dauerte es, bis | |
die verzweifelt erwartete Hilfe von außen allmählich zu dem Unglücksort | |
durchdrang. | |
Vor Ort versuchten die Menschen, mit einfachen Werkzeugen und Waffen | |
Verschüttete freizulegen. Es fehlte es weitgehend an schwerem Gerät. Ein | |
örtlicher Geschäftsmann habe seinen Bagger in die Gegend gebracht und zur | |
Verfügung gestellt, erklärte Aktoprak. Allerdings gebe es vor Ort | |
kulturelle Empfindlichkeiten, die dieser Art von Bergungshilfe im Weg | |
stehen könnten. | |
Zudem blieb die Lage weiter äußerst [2][gefährlich und instabil.] Die Erde | |
rutsche weiter und drücke damit auf die umliegenden Häuser, weshalb rund | |
1250 Anwohner, die die Katastrophe überlebt hatten, evakuiert wurden, so | |
Aktoprak. Auch seine Kollegen hätten sich bei ihrem Eintreffen erst einmal | |
selbst in Sicherheit bringen müssen. „Gesteinsbrocken fallen weiter nonstop | |
herab und die Erde bewegt sich weiter“, beschrieb der IOM-Missionschef dem | |
australischen Sender ABC. | |
Laut der Hilfsorganisation Care bemühte sich das Militär darum, die | |
Überlebenden in Versorgungszentren unterzubringen – was sich angesichts des | |
instabilen Untergrundes als schwierig erweise. Nach UN-Angaben war | |
mittlerweile ein Noteinsatz-Team bestehend aus Kräften von Behörden der | |
Provinz und des Staates, Armee, Polizei sowie UN-Mitarbeitern vor Ort. Auch | |
die Regierungen von Australien und die USA erklärten, ihre Länder stünden | |
zur Hilfe bereit. | |
## Weiterhin Regenfälle und Erdbeben | |
Es sind rohe Naturgewalten, die auf die tropische Insel Neuguinea nördlich | |
von Australien wirken und sich zusammen schnell zur Katastrophe | |
potenzieren: Wegen der Nähe zum Äquator sind schwere Regenfälle keine | |
Seltenheit. Dazu kommt die Lage auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring, | |
einer der seismisch aktivsten Gegenden der Erde. Erst vor wenigen Tagen | |
erschütterte ein Beben der Stärke 4,5 die Provinz Enga. Was genau den | |
Erdrutsch auslöste, war aber am Wochenende noch unklar. | |
Zusätzlich zur [3][komplexen Lage] erschwerte laut UN-Mann Aktoprak ein | |
Disput den Rettungseinsatz, der auf halber Strecke ins Katastrophengebiet | |
im Dorf Tambitanis zwischen zwei Clans eskaliert sei. Bislang seien dabei | |
acht Menschen getötet und 35 Wohn- und Geschäftshäuser niedergebrannt | |
worden. | |
26 May 2024 | |
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